Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Dreipersonenverhältnisse
Einführungsfall: Drittschadensliquidation - Versendungskauf
Einführungsfall: Drittschadensliquidation - Versendungskauf
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V verkauft für €30.000 ein Gemälde an K. Dieser bittet V, das Bild an ihn zu versenden. V beauftragt daraufhin ihren Bekannten B mit dem Transport des Bildes. Auf der Fahrt zu K, verursacht B schuldhaft einen Unfall. Das Gemälde wird dabei zerstört.
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Einordnung des Falls
Einführungsfall: Drittschadensliquidation - Versendungskauf
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Steht K gegen B ein vertraglicher Schadensersatzanspruch zu (§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB)?
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Steht K gegen B ein deliktischer Schadensersatzanspruch zu (§ 823 Abs. 1 BGB)?
Nein!
3. Kann K von V erneute Lieferung des Bildes verlangen (§ 433 Abs. 1 BGB)?
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Muss K an V trotzdem den Kaufpreis bezahlen?
Ja, in der Tat!
5. K kann im Hinblick auf den zu zahlenden Kaufpreis Schadensersatz von V verlangen (§§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB).
Nein!
6. V ist durch die Zerstörung des Bildes ein ersatzfähiger Schaden entstanden.
Nein, das ist nicht der Fall!
7. K hat keinen Anspruch und V keinen Schaden. Liegt hier auch ein Fall der zufälligen Schadensverlagerung vor?
Ja, in der Tat!
8. Kann K nun direkt gegen B einen Schadensersatzanspruch geltend machen (Anspruch wird zum Schaden gezogen)?
Nein!
9. Kann K von V Abtretung des Schadensersatzanspruches verlangen?
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
melb1995
25.8.2022, 15:56:32
Ich verstehe es nicht ganz . Ich dachte V hat keinerlei Ansprüche
Lukas_Mengestu
20.9.2022, 12:36:38
Hallo melb1995, vielen Dank für Deine Nachfrage :-) Der "Witz" der
Drittschadensliquidationist, dass wir (1) jemanden haben, der zwar einen Anspruch gegen den Schädiger besitzt, aber keinen Schaden hat und (2) einen Geschädigten, dem aber kein direkter Anspruch gegen den Schädiger zusteht. Da B seine Verpflichtungen schuldhaft nicht erfüllt hat bzw. Vs Eigentum beschädigt hat, stehen V also dem Grund nach schuld- und deliktsrechtliche Ansprüche gegen B zu. Zu deren Geltendmachung wird Ks Schaden nun zu den Ansprüchen des V gezogen. Nun kann V entweder selbst gegen B vorgehen und anschließend den erhhaltenen Schadensersatz an K herausgeben oder er tritt seine Ansprüche direkt an K ab, sodass dieser sich mit der weiteren Abwicklung selbst befasst. Ich hoffe, jetzt ist es etwas klarer geworden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
juramen
26.5.2023, 08:27:52
Ich meine mich aus einer Haussrbeit, daran zu erinnern, dass bei solchen Konstellationen umstritten ist, ob V tatsächlich die Schickschuld durch B bewirkt hat. Handelt es sich nämlich bei der Transportperson um einen Bekannten, so könnte dieser im Lager des V stehen, weshalb umstritten ist, ob V der Untergang der Sache wieder zugerechnet werden müsste. Gehen Sachen bei tatsächlichen Transport unternehmen unter, so hätte K hier einen direkten Anspruch gegen das Transportunternehmen.
Dogu
16.6.2023, 13:30:42
Aber hier wurde V durch den K doch gebeten, die Ware zu verschicken. Wieso sollte aus einer Schickschuld dann eine Bringschuld werden, nur weil V den B kennt? Das ist im Zweifel nicht mal dem anderen Vertragspartner bekannt und die Art der Schuld wird zwischen den Vertragspartnern vereinbart. Problematisch wäre mE allenfalls, falls der B notorisch schlecht fährt und das V bekannt ist (sorgfältige Auswahl der Versandperson).
Dogu
16.6.2023, 13:33:12
Dadurch, dass K explizit vom Regelfall der
Holschuldabweichen wollte, hat er die Gefahr einer Beschädigung während des Transports durch einen Dritten (statt der Abholung durch ihn selbst) erst selbst geschaffen. Es ist billig, ihm die Folgen der Realisation dieses Risikos zuzuweisen.
ehemalige:r Nutzer:in
28.8.2023, 16:17:28
Ich vermute, dass in Deiner Hausarbeit eine Schickschuld vereinbart war, ohne dass der Käufer erst explizit um Versendung gebeten hatte, sodass § 447 nicht einschlägig war. Dann kann durchaus diskutiert werden, ob der zufällige Untergang der Sache aufgrund der Bekanntschaft von V und B (Lagertheorie) dem V doch zuzurechnen ist. Im Falle des § 447 erübrigt sich dies aber, wie Dogu sehr schön erklärt hat.
Artimes
9.1.2024, 17:07:51
Ich habe öfter im Kontext der DSL gelesen, dass § 285 BGB ANALOG zur Anwendung kommt. Wieso scheidet eine direkte Anwendung aus und wie argumentiert man zu Gunsten der Analogie?
Jakob Köhler
24.6.2024, 16:43:56
K kommt hier mit der Leistung des B in Berührung. Es ist auch im Interesse des Gläubigers, dass der Käufer sein Bild bekommt. V sagt ihrem bekannten, dass er etwas zu K bringen soll. Folglich ist die Einbeziehung auch für erkennbar. Und K ist mangels direkter vertraglicher Ansprüche gegen B auch schutzwürdig. Kommt hier folglich ein VSD in Frage?
Jakob Köhler
24.6.2024, 16:47:10
Gemeint ist hier der Liefervertrag zwischen V und B mit Schutzwirkung für K