Akt der Judikative

12. Februar 2025

14 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Klatschzeitschrift K publiziert Fotos der Prominenten P, welche diese beim nackten Sonnenbaden auf ihrem Privatgrundstück zeigen. Die von P erhobene Klage auf Unterlassung der Verbreitung wird letztinstanzlich abgewiesen. P sieht ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht durch das Urteil nicht gewahrt und erhebt Verfassungsbeschwerde.

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Einordnung des Falls

Akt der Judikative

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Damit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, muss ein tauglicher Beschwerdegegenstand vorliegen (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG).

Ja, in der Tat!

Tauglicher Beschwerdegegenstand sind alle Akte öffentlicher Gewalt (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG). Akte der öffentlichen Gewalt sind dabei alle nach außen rechtlich wirksamen Maßnahmen der staatlichen, an das GG gebundenen Hoheitsgewalt. Zur öffentlichen Gewalt gehören somit alle Organe der (deutschen) vollziehenden, gesetzgebenden und rechtsprechenden Gewalt. Maßnahmen können dabei sowohl in einem Tun als auch in einem Unterlassen bestehen (§§ 92, 95 Abs. 1 S. 1 BVerfGG).
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2. Geeigneter Gegenstand einer (Urteils-)Verfassungsbeschwerde ist grundsätzlich jede gerichtliche Entscheidung.

Ja!

Akte der öffentlichen Gewalt sind alle nach außen rechtlich wirksamen Maßnahmen der staatlichen, an das GG gebundenen Hoheitsgewalt. Zur öffentlichen Gewalt gehören somit alle Organe der (deutschen) vollziehenden, gesetzgebenden und rechtsprechenden Gewalt. Das Urteil zulasten der P stellt grundsätzlich einen tauglichen Gegenstand dar. Jedoch handelt es sich vorliegend um ein klageabweisendes Urteil, deshalb richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen ein Unterlassen. Ein Unterlassen ist nur dann tauglicher Beschwerdegegenstand, wenn sich aus der Verfassung eine korrespondierende Handlungspflicht ergibt und zumindest die Möglichkeit besteht, dass diese Pflicht verletzt wurde.

3. Das die Klage der P abweisende Urteil ist ein tauglicher Beschwerdegegenstand (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG).

Genau, so ist das!

Es müsste zumindest die Möglichkeit bestehen, dass eine verfassungsrechtliche Handlungspflicht verletzt wurde. Eine solche Pflicht könnte sich vorliegend aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der P ergeben (Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht besteht nicht einzig als Abwehrrecht, sondern begründet als objektive Wertentscheidung auch eine die staatliche Gewalt bindende Schutzpflicht. Über diese Schutzpflicht entfalten die Grundrechte auch Wirkung zwischen gleichgeordneten Rechtssubjekten. Es muss ein angemessener und wirksamer Schutz vor Beeinträchtigungen durch Dritte gewährleistet werden, der aber auch andere, möglicherweise entgegenstehende Rechtsgüter zu berücksichtigen hat. Vorliegend hat das Gericht in seiner Entscheidung die Schwere des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der P nicht hinreichend gewürdigt. Eine Schutzpflichtverletzung kann somit nicht von vornherein ausgeschlossen werden, ist also möglich. Folglich liegt ein rechtlich relevantes Unterlassen und somit ein tauglicher Beschwerdegegenstand vor.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Isabell

Isabell

9.5.2020, 12:32:18

Ich finde die Antwort der vorletzten Frage passt nicht mit dem Text zusammen.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

16.7.2020, 14:15:26

Was meinst du genau?

JO

Jone

22.7.2022, 19:35:02

„..grundsätzlich jede gerichtliche Entscheidung“ - das wird in der Erklärung eingeschränkt.. hat mich auch etwas irritiert🤔

CH

Christian

18.5.2020, 07:48:56

Sehe ich genauso.

Гизтохоп

Гизтохоп

11.9.2020, 22:32:38

Schön

ri

ri

18.7.2021, 03:54:23

Merke: - Gesetz, das schützendes Gesetz aufhebt = Unterlassen der Legislative - klageabweisendes

Urteil

bei Berufen des Klägers auf GR auch Unterlassen (der

Judikative

) = Verletzung Handlungspflicht nötig

KE🦦

kerberos 🦦

19.3.2024, 08:13:07

Liebes Jurafuchs-Team, mir fehlen iRd VB noch ein bisschen die Probleme zum Subsidiaritätsgrundsatz, gerade weil viele auch die Rechtswegerschöpfung davon nicht klar trennen können. Beispielsweise könnte man eine Zuordnungsaufgabe zur Unterscheidung von formeller und materieller Subsidiarität hinzufügen. Auch würde ich mich über kurze Fälle zu den typischen Fallgruppen (einstweiliger Rechtsschutz, Rechtssatz-VB, Gehörsrüge) freuen. In diesem konkreten Fall böte sich zB eine Frage dazu an, wie es wäre, wenn das Hauptsacheverfahren noch nicht durchlaufen wurde, sondern bisher nur der einstweilige Rechtsschutz (soweit ich weiß, ist hier entscheidend, ob das Hauptsacheverfahren noch eine hinreichende Möglichkeit bietet, der Grundrechtsverletzung abzuhelfen). Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn dazu noch etwas kommt. Liebe Grüße

Wendelin Neubert

Wendelin Neubert

1.7.2024, 11:23:35

Danke für Deinen super Vorschlag, @[kerberos](227264)! Wir be- und überarbeiten den Kurs Verfassungsprozessrecht aktuell komplett und werden in diesem Zusammenhang auch Inhalte zur Subsidiarität hinzufügen. Wir bitte nur noch um ein bisschen Geduld! Herzliche Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team

Artimes

Artimes

14.11.2024, 20:06:52

Kann ein klageabweisendes

Urteil

als moderner Eingriff durch Unterlassen angesehen werden, da die Finalität für einen klassischen Eingriff fehlt?

PR

PrüfungsProfi

21.12.2024, 17:33:37

Irgendwie finde ich die Antworttexte zu diesem Fall schwierig zu lesen. Da sind so viele Schachtelsätze und Kommata an Stellen, an denen die meiner Meinung nach nicht hinpassen... Vielleicht könntet ihr da nochmal drüberschauen?

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

5.2.2025, 18:27:39

Hallo @[PrüfungsProfi](237165), ich habe mir die Aufgabe gerade mal angeschaut und in der Tat einige kleinere formale Fehler korrigiert und auch den Satzbau, soweit möglich, etwas vereinfacht. Besonders komplizierte "Schachtelsätze" sind mir dabei allerdings eher weniger aufgefallen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team


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