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Neues Kaufrecht 2022

Möbelverkäufer V kauft bei Hersteller H den Massagesessel 3000. Der Sessel ist ein Ladenhüter und wird erst 23 Monate nach Ablieferung bei V vom pensionierten Richter R gekauft. Bei R gibt die Maschine aber wegen eines Herstellungsfehlers drei Monate später den Geist auf, weshalb R von V Nachlieferung verlangt. V erfüllt sofort nach.

Einordnung des Falls

Ablaufhemmung § 445b II

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Nacherfüllungsanspruch des Käufers R ist verjährt (§ 438 Abs. 1 S. 3 BGB).

Nein!

Grundsätzlich gilt eine abgekürzte Verjährungsfrist von zwei Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Die Verjährung beginnt bei Grundstücken mit der Übergabe, im Übrigen mit der Ablieferung der Sache (§ 438 Abs. 2 BGB). Der Fristbeginn wird also rein objektiv bestimmt.R verlangte bereits drei Monate nach Gefahrübergang Nacherfüllung und damit noch innerhalb der zweijährigen Verjährungsfrist.

2. Der Nacherfüllungsanspruch des V gegen H ist verjährt, da seit der Ablieferung 26 Monate vergangen sind.

Nein, das ist nicht der Fall!

Da die Verjährung der Regressansprüche mit der Ablieferung der Sache durch den Lieferanten an den Verkäufer beginnt, läuft dieser – wie hier (26 Monate) – Gefahr, dass die Verjährungsfrist für seine Regressansprüche schon abgelaufen ist, bevor er vom Käufer in Anspruch genommen wird (Verjährungsfalle). Die Verjährung der Ansprüche des Verkäufers gegen den Lieferanten nach § 437 BGB und 445a Abs. 1 BGB wegen des Mangels einer verkauften neu hergestellten Sache tritt deshalb frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt ein, in dem der Verkäufer die Ansprüche des Käufers erfüllt hat (§ 445b Abs. 2 BGB).Obwohl bereits zwei Jahre seit der Ablieferung bei V vergangen sind, verjährt der Anspruch des V gegen H daher erst zwei Monate nachdem V gegenüber R nacherfüllt hat.

3. Gibt es eine Höchstfrist für die Ablaufhemmung?

Nein!

Nach altem Recht (bis 31.12.2021) endete die Ablaufhemmung spätestens fünf Jahre nach dem Zeitpunkt, in dem der Lieferant die Sache dem Verkäufer abgeliefert hat (§ 445b Abs. 2 S. 2 BGB a.F.). In Umsetzung der Warenkaufsrichtlinie wurde diese Höchstfrist mit Wirkung zum 1.1.2022 ersatzlos gestrichen.

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CR7

CR7

21.4.2023, 10:54:08

D.h., früher konnte man bis 5 Jahre nach Ablieferung die Rechte geltend machen, jetzt nur noch zwei Monate nach Ablieferung?

kokapidis

kokapidis

12.7.2023, 12:16:49

Nein. Wenn ich das richtig verstanden habe, verjährten die Rechte des Verkäufers gegen den Hersteller (oder den nächsten in der Lieferkette) spätestens nach 5 Jahren. Wenn also der Verkäufer die Sache erstmal 5 Jahre gelagert hat, dann an den Käufer verkauft und der Käufer dann einen Gewährleistungsanspruch rechtmäßig geltend macht, konnte der Verkäufer keinen Regress mehr beim Lieferanten nehmen, unabhängig davon ob es sich um einen Mangel handelte, den der Verkäufer erkennen konnte. Sprich der Verkäufer musste die Sache innerhalb von 5 Jahren verkaufen und die Gewährleistungsansprüche seines Käufers befriedigen, sonst konnte er keinen Regress mehr beim Unternehmer nehmen. Nach neuer Rechtslage ist die Verjährungsfrist solange gehemmt bis der Verkäufer die Gewährleistungsrechte seines Käufers erfüllt hat. Anschließend hat er noch 2 Monate Zeit, um seine Regressansprüche beim Lieferanten geltend zu machen. Sprich der Verkäufer kann die Sache nun erstmal (übertrieben gesagt) 20 Jahre bei sich lagern. Wenn er die Sache dann verkauft und der Käufer rechtmäßig einen Gewährleistungsanspruch geltend macht, hat der Verkäufer trotzdem noch 2 Monate nach Erfüllung der Gewährleistungsansprüche des Käufers um Regress nach § 445a I bzw. § 437 bei seinem Lieferanten zu nehmen. Letztlich wird der Anspruch des Verkäufers gegen den Lieferanten idR daran scheitern, dass dieser nach 20 Jahren nicht mehr beweisen kann, dass im Verhältnis des Verkäufers zum Lieferanten ein Mangel bei Gefahrübergang vorlag. Verjährt ist der Anspruch aber nicht.

kokapidis

kokapidis

12.7.2023, 12:18:15

Korrigiert mich gerne, wenn ich falsch liege. Es wäre außerdem cool, wenn ihr von Jurafuchs es ermöglichen würdet Absätze in Foreneinträgen zu erlauben. Das würde die Texte hier um einiges übersichtlicher machen.

EVA

evanici

30.8.2023, 14:26:36

Das heißt, eine Höchstfrist ergibt sich auch nicht mittelbar, indem man die Ablaufhemmung über die Verjährungsfristen im Verhältnis Käufer-Verkäufer mit den 2 Monaten nach Erfüllung des Anspruchs sowie der zu dem zu erwartenden Leistungszeitraum zwischen Erfüllungsbegehren des Käufers und der tatsächlichen Ablieferung durch den Verkäufer addiert? Also einfach ausgedrückt: Wenn der Verkäufer trotz potenzieller Verjährungseinrede erfüllt, kann er das einfach weiterreichen? Oder wäre das dann rechtsmissbräuchlich (der Verkäufer könnte es ja als "besonderen Service" vermarkten, dass er noch über die gesetzlich vorgeschriebene Verjährungsfrist hinaus erfüllt und das wirtschaftliche Risiko ohne Weiteres auf den Lieferanten abwälzen?

† 22. juli 2024

† 22. juli 2024

8.7.2024, 21:58:13

Ich denke das kann der Verkäufer nicht. Würde nicht mal zur Prüfung eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens kommen, wobei ich das auch einleuchtend fände. § 455a spricht ja im Wortlaut von "[...] Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Verhältnis zum Käufer nach § 439 Abs. 2, 3 und 6 Satz 2 sowie nach § 475 Abs. 4 zu tragen *hatte* [...]" Diese hatte er ja nicht zu tragen, wenn er eine Verjährungseinrede entgegen hätte halten können. Die von dir angesprochene mittelbare Höchstfrist gibt es damit mMn schon.


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