Zivilrecht

Deliktsrecht

Haftung nach StVG

Haftung gegenüber Leasinggeber

Haftung gegenüber Leasinggeber

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Idealfahrerin I least bei Leasinggeber L einen Opel Omega und trägt während der Leasingzeit sämtliche Kosten für den Opel. Als das Auto bei einem von I unverschuldeten Unfall beschädigt wird, verlangt L von I Schadensersatz.

Diesen Fall lösen 66,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Haftung gegenüber Leasinggeber

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. L hat gegen I Ansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 1 BGB.

Nein!

Die Ansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 1 BGB sind verschuldensabhängig, sodass diese bei einem unverschuldeten Unfall ausscheiden. I hat den Unfall nicht verschuldet.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. I ist Halterin des Opels (§ 7 Abs. 1 StVG).

Genau, so ist das!

Halter ist, wer das Fahrzeug für eigene Rechnung (nicht nur ganz vorübergehend) gebraucht und die Verfügungsgewalt darüber besitzt. Ausschlaggebend ist nicht das rechtliche, sondern das tatsächliche Herrschaftsverhältnis. Die Eigentumsverhältnisse und die Frage, auf wen der Wagen zugelassen ist, sind für die Haltereigenschaft nicht entscheidend. Bei einer länger dauernden Überlassung an einen anderen, der die Betriebskosten übernimmt, wird dieser zum Halter, ebenso bei länger dauerndem Verlust der Verfügungsgewalt. I hat als Leasingnehmerin die tatsächliche Verfügungsgewalt und trägt die Betriebskosten.

3. Der Opel muss "bei Betrieb" des Kfz beschädigt worden sein.

Ja, in der Tat!

Das Merkmal "bei Betrieb" eines Kfz setzt voraus, dass das Schadensgeschehen zurechenbar durch das Kfz (mit)geprägt worden ist, weil es in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kfz steht. BGH: Die Haftung werde nicht schon durch jede Verursachung eines Schadens begründet, der im weitesten Sinne im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ausgelöst worden ist. Eine Haftung trete vielmehr erst dann ein, wenn das Schadensereignis dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs nach dem Schutzzweck der Gefährdungshaftung auch zugerechnet werden kann.

4. Der Opel ist "eine Sache" im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG.

Nein!

Der Schutzzweck der Halterhaftung erstreckt sich nicht auf das vom Halter gehaltene Fahrzeug selbst. BGH: Ob die Beschädigung "bei Betrieb" erfolgt ist, müsse mittels einer am Schutzzweck der Haftungsnorm orientierten wertenden Betrachtung beurteilt werden. Unter der "Sache", für deren Beschädigung der Halter haftet, sei nur eine vom Fahrzeug verschiedene Sache zu verstehen, nicht dagegen das Fahrzeug selbst. Die verschärfte Halterhaftung bezwecke nämlich nur, Dritte vor den ihnen aufgezwungenen Gefahren des Betriebs zu schützen. Damit sei eine Haftung der Leasingnehmerin I gegenüber dem Leasinggeber L alleine aufgrund dessen Eigentums nicht zu vereinbaren. Anders wäre es etwa dann, wenn der Eigentümer und Leasinggeber durch den Betrieb des Fahrzeugs körperlich geschädigt werde.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DO

Dominic

15.7.2023, 22:11:19

Zu der Frage ob der Opel bei Betrieb des Kfz beschädigt worden sein muss: Da fehlen doch alle möglichen Informationen. Welche Norm wird geprüft? Wer will gegen wen Schadensersatz geltend machen?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

16.7.2023, 15:16:59

Hallo Dominic, danke für deine Rückfragen. Die Fragen bei Jurafuchs bauen aufeinander auf und basieren immer auf dem Sachverhalt. Aus dem Sachverhalt geht hervor, dass L Ansprüche gegen I geltend machen möchte. Aus der vorhergehenden Frage geht hervor, dass im Folgenden ein Anspruch aus § 7 StVG geprüft werden soll. Ich hoffe das hilft dir weiter. Sollten dir nochmal Fragen oder Unklarheiten zu einer Aufgabe auftauchen, schreibe es jederzeit gerne wieder ins Forum. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

LFEC

Lina Fechner

20.9.2023, 16:54:53

Es handelt sich bei dem Fahrzeug ja um eine Sache nur nicht um eine Sache im Sinne des § 7 StVG

Benny0707

Benny0707

22.9.2023, 10:38:35

Richtig. So steht das ja auch in der Fragestellung oder worauf wolltest du hinaus? :)

AR

Artimes

27.6.2024, 17:36:42

Behält man die Haltereigenschaft, wenn man als Halter das Kfz bloß vorübergehend an einen Dritten überlässt (z.B. für eine einmalige Fahrt)? Oder verliert man dann die „Verfügungsgewalt“ i.S.d. Halterdefinition?

LELEE

Leo Lee

29.6.2024, 07:21:31

Hallo Artimes, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Bei der Haltereigenschaft ist es grds. so, dass es vor allem auf die INTENSITÄT der Verfügungsgewalt ankommt. So ist z.B. ein Leasingnehmer (also derjenige, der das Auto tats. fährt), der Halter. Bei einer einmaligen Fahrt – wie bei einer Probefahrt – bleibt hingegen derjenige, der davor die Verfügungsgewalt hatte (also bei Probefahrten etwa der Veranstalter) weiterhin der Halter, weshalb die Antwort lautet, dass bei Einmaligkeit sich die Haltereigenschaft nicht verändert. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom Beck-OK, Walter § 7 StVG Rn. 72 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


© Jurafuchs 2024