Öffentliches Recht

VwGO

Anfechtungsklage

AK begründet, weil Ermächtigungsgrundlage fehlt

AK begründet, weil Ermächtigungsgrundlage fehlt

19. Februar 2025

12 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird ein formell rechtmäßiger Verwaltungsakt der Baubehörde B zugestellt, in dem sie aufgefordert wird, die Fassade ihres Hauses grün anzustreichen, weil das die Lieblingsfarbe der Bürgermeisterin ist. Eine gesetzliche Grundlage dafür gibt es nicht. A ficht den Verwaltungsakt an. Das Gericht hält die Klage für zulässig.

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Einordnung des Falls

AK begründet, weil Ermächtigungsgrundlage fehlt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Begründetheit der Anfechtungsklage setzt voraus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt.

Ja!

Eine Anfechtungsklage ist begründet, soweit der (belastende) Verwaltungsakt rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Geprüft wird die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts und die subjektive Rechtsverletzung des Klägers. Diesen in § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO niedergelegten gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Prüfung der Anfechtungsklage solltest Du wirklich im Schlaf können. Die Anfechtungsklage ist die wohl häufigste Klageart in der Klausurpraxis. Sollte Dir der Maßstab doch mal entfallen, wirf einfach einen Blick in § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
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2. Kann ein belastender Verwaltungsakt auch ohne Ermächtigungsgrundlage rechtmäßig ergehen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Rechtmäßigkeit eines belastenden Verwaltungsakts setzt aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes immer voraus, dass dieser aufgrund einer rechtmäßigen Ermächtigungsgrundlage ergangen ist. Fehlt eine solche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, ist der Verwaltungsakt allein aus diesem Grund schon materiell rechtswidrig. Laut Sachverhalt ist keine Ermächtigungsgrundlage ersichtlich, die der Baubehörde die Befugnis einräumt, wegen des Geschmacks einzelner Hoheitsträger einen Anstrich von Privateigentum anzuordnen. Der Verwaltungsakt ist (materiell) rechtswidrig. Fehlt in der Klausur eine Ermächtigungsgrundlage, kannst Du – wie immer – hilfsgutachterlich noch auf weitere Punkte eingehen, die eine Rechtswidrigkeit der Maßnahme begründen könnten. Hierbei kannst Du natürlich nur auf Punkte eingehen, die sich nicht aus der (nicht vorhandenen) Ermächtigungsgrundlage ergeben.

3. Der Verwaltungsakt könnte zusätzlich wegen ungerechtfertigten Eingriffs in As Recht aus Art. 14 Abs. 1 GG materiell rechtswidrig sein.

Ja, in der Tat!

Im Rahmen der materiellen Rechtswidrigkeit spielen neben den Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage vor allem die Grundrechte des Betroffenen eine große Rolle. Verletzt der Verwaltungsakt Grundrechte, ist er materiell rechtswidrig. Die Vorgabe, A habe ihr Haus grün anzustreichen, berührt den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG. Sie wirkt sich negativ auf die Ausübung von As Eigentumsrecht aus. Selbst wenn eine gesetzliche Grundlage vorhanden wäre (Inhalts- und Schrankenbestimmung), ist nicht ersichtlich, dass diese Einschränkung gerechtfertigt wäre. Der Erlass des Verwaltungsakts aufgrund des persönlichen Geschmacks des Hoheitsträgers ist willkürlich. Der Verwaltungsakt ist auch aus diesem Grund materiell rechtswidrig. In der Klausur werden Dir in der Regel mehr Argumente zur Verfügung gestellt, um eine Grundrechtsverletzung ausführlicher zu diskutieren.

4. Der materiell rechtswidrige Verwaltungsakt verletzt A in ihren Rechten. Die Klage ist begründet.

Ja!

Ist der Kläger der Adressat eines rechtswidrigen Verwaltungsakts, muss die subjektive Rechtsverletzung nicht zusätzlich geprüft werden. Dass der rechtswidrige Verwaltungsakt Wirkung für und gegen den Kläger entfaltet, beinhaltet die erforderliche Rechtsverletzung. Die Anfechtungsklage ist begründet und das Gericht hebt den Verwaltungsakt nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auf. Liegt eine Verletzung eines speziellen subjektiven Rechts vor, sollte diese aber genannt werden. A ist bereits als Adressat des materiell rechtswidrigen Verwaltungsakts in ihren subjektiven Rechten verletzt. Zudem verletzt der Verwaltungsakt ihre Rechte aus Art. 14 Abs. 1 GG. Die Klage ist begründet. Liegt eine subjektive Rechtsverletzung offensichtlich vor, kannst und solltest Du diesen Prüfungspunkt sehr knapp halten.
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