Verfügungsbeschränkung 2

24. Juni 2025

29 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V lässt K sein Grundstück mit notarieller Beurkundung auf. V stellt den Eintragungsantrag. K zahlt den Kaufpreis. V nimmt seinen Eintragungsantrag zurück. Ebenfalls vor Eintragung wird über das Vermögen des V das Insolvenzverfahren eröffnet. Danach wird K als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

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Einordnung des Falls

Verfügungsbeschränkung 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K ist Eigentümer des Grundstücks, wenn er dieses wirksam von V erworben hat (§§ 873, 925 BGB).

Ja!

Der Eigentumserwerb an einem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB setzt voraus: (1) Einigung über den Eigentumsübergang am Grundstück (Auflassung, § 925 BGB), (2) Eintragung ins Grundbuch, (3) Einigsein, § 873 Abs. 2 BGB, (4) Verfügungsberechtigung des Veräußerers. K und V haben die Auflassung erklärt (§ 925 BGB). K wurde in das Grundbuch eingetragen. Die Einigung bestand zu diesem Zeitpunkt fort.
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2. Da V den Eintragungsantrag zurückgenommen hat, hat er die Auflassung widerrufen. Es liegt kein Einigsein im Zeitpunkt der Eintragung (§ 873 Abs. 2 BGB) vor.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach hM kann die Einigung frei widerrufen werden, solange noch nicht alle Merkmale des Übereignungstatbestandes verwirklicht sind. Vor Eintragung sind die Parteien allerdings gebunden, wenn die Voraussetzungen des § 873 Abs. 2 BGB vorliegen.Da V und K die Auflassung notariell beurkundet haben, ist ein Widerruf der Auflassung ausgeschlossen.Die Auflassung bedarf - anders als der zugrundeliegende Kaufvertrag (§ 311b Abs. 1 BGB) - keiner notariellen Beurkundung. Dennoch wird in der Praxis zumeist die Auflassung und der Kaufvertrag zusammen beurkundet.

3. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat V seine Verfügungsbefugnis verloren.

Ja, in der Tat!

Nach § 80 Abs. 1 InsO verliert der Insolvenzschuldner mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Verfügungsbefugnis. Diese geht auf den Insolvenzverwalter über.Dies geschieht vor dem Hintergrund masseschmälernde Verfügungen des Insolvenzschuldners zu verhindern.

4. Eine nach erfolgter Einigung eintretende Verfügungsbeschränkung kann geheilt werden.

Ja!

Tritt zwischen Einigung und Eintragung eine Verfügungsbeschränkung des Verkäufers ein, so ist die fehlende Verfügungsbefugnis unter den Vorraussetzungen des § 878 BGB unschädlich. § 878 BGB setzt voraus: (1) eine bindende Erklärung und (2) der Antrag auf Eintragung muss gestellt sein.

5. Vs fehlende Verfügungsbefugnis ist nach § 878 BGB geheilt. K hat mit der Eintragung Eigentum an dem Grundstück erworben.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Heilung der Verfügungsbeschränkung nach § 878 BGB setzt voraus: (1) eine bindende Erklärung und (2) der Antrag auf Eintragung muss gestellt sein. Zwar war die Auflassung nach § 873 Abs. 2 BGB bindend, jedoch wurde der von V gestellte Eintragunsantrag von ihm zurückgenommen. Dies ist nach § 31 GBO bis zum Vollzug der Eintragung möglich. § 878 BGB ist daher nicht erfüllt.Um zu verhindern, dass der Verkäufer die Heilungswirkung des § 878 BGB zulasten des Käufers beseitigt, empfiehlt es sich für den Auflassungsempfänger (hier: K), den Eintragungsantrag selbst zu stellen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

NI

Niklas

26.1.2021, 16:06:34

D.h. obwohl die Auflassung beurkundet wurde, kann der Antragsteller seinen Antrag widerrufen. Wenn jetzt der K den Antrag gestellt hätte, kann dieser nicht durch V widerrufen werden es sei denn, die Auflassung wäre nicht beurkundet wurden?

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

26.1.2021, 16:24:14

Hallo Niklas, genau so ist es. Allerdings kann der Eintragsantreig seinerseits auch nur durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde zurückgenommen werden §§ 31, 29 Abs. 1 S. 1 GBO. Für K von Vorteil wäre es, wenn er selbst den Antrag stellt und sich zusätzlich eine Auflassungs

vormerkung

bewilligen ließe.

ALE

Alex

12.5.2021, 10:58:39

Müsste es in der Lösung nicht heißen, dass V nicht mehr verfügungsberechtigt war?

JEN

Jenny

25.1.2024, 10:54:47

@ Niklas: Wenn K den Antrag gestellt hätte, die Auflassung aber nicht beurkundet worden wäre, dann kann V nicht den Eintragungsantrag des K widerrufen, sondern nur die Auflassung, was aber im Hinblick auf

§ 878 BGB

zum selben Ergebnis führt.

JO

jomolino

5.8.2021, 18:05:21

Kann man in der Rücknahme des Eintragungsantrags einen Widerruf der Auflassung sehen, sodass hier kein Einigsein im ZP der Eintragung vorläge, hätten die beiden nicht im Sinne des 873 II beurkundet?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

11.1.2022, 19:28:54

Hallo nomamo, hätte keine notarielle Beurkundung vorgelegen und wäre die Auflassung somit nach § 873 Abs. 2 BGB frei widerruflich, so könnte man hier durchaus fragen, ob ein Einigsein vorliegt oder nicht ein (

konkludent

er) Widerruf erfolgt ist. Allerdings muss der Widerruf K auch zugehen. Dies lässt der Sachverhalt hier offen und müsste in dieser Konstellation dann klargestellt werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

AFR

Afrim

31.8.2023, 12:36:31

Warum kann die Rücknahme des Antrags durch V den Eigentumserwerb des K verhindern? Der Wortlaut des

§ 878 BGB

spricht ja davon, dass die Erklärung nicht unwirksam wird, wenn u.a. ein Antrag auf Eintragung gestellt wurde. Dieser wurde laut SV gestellt. Von einer Rücknahme des Antrags erwähnt der § 878 nichts. Die GBO-Normen sind ja "nur" Verfahrensvorschriften und haben keinen Einfluss auf den Eigentumserwerb. Hab ich was übersehen oder falsch verstanden?

JEN

Jenny

25.1.2024, 10:50:44

Nach meinem Verständnis ist der Wortlaut hier so zu verstehen, dass es nicht genügt, dass der Antrag irgendwann gestellt wurde, egal was danach damit geschehen ist, sondern dass er rechtlich auch bei Verlust der

Verfügungsbefugnis

noch existieren muss. Auch wenn die GBO Normen nur Verfahrensvorschriften sind, sehen sie einen Widerruf vor, der sich materiellrechtlich auswirkt.

BL

Blotgrim

12.4.2024, 11:19:56

Dem schließe ich mich an, die Idee ist ja dass der Erwerber geschützt werden soll wenn er alles erforderliche getan hat um Eigentum zu erwerben und nur noch auf die Eintragung durch das Grundbuchamt wartet. Wurde der Antrag gestellt, dann aber zurückgenommen, ist nicht mehr alles getan was erforderlich ist um Eigentum zu erwerben, folglich ist der Erwerber nicht mehr schutzwürdig, da es jetzt wieder in seiner Verantwortung, nicht in der des Grundbuchamtes liegt ob die Eintragung erfolgt

DIAA

Diaa

12.9.2023, 22:35:14

Dann müsst ihr bitte die Antwort der ersten Frage berichtigen und schreiben, dass K kein Eigentum erwarb..!

besnadzcn

besnadzcn

28.4.2024, 16:43:56

Das heißt obwohl der K als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde, hat er kein Eigentum erworben? Wird hierbei auf das fehlende Merkmal des "Einigseins" oder auf den Widerruf gem. § 30 GBO abgestellt?

besnadzcn

besnadzcn

28.4.2024, 16:45:05

*31 GBO :)

FTE

Findet Nemo Tenetur

19.10.2024, 20:08:07

So wie ich es verstanden habe, wird auf die fehlende

Verfügungsbefugnis

abgestellt. Die steht ja grundsätzlich der wirksamen

Übereignung

entgegen, und nur im Falle der Voraussetzungen des § 878 ist die fehlende

Verfügungsbefugnis

unschädlich. Hier war V aufgrund des eröffneten Insolvenzverfahrens nicht mehr verfügungsbefugt, weswegen die beiden nur durch § 878 “gerettet” werden könnten. Durch den Widerruf des Eintragungsantrags sind aber die Voraussetzungen des § 878 nicht erfüllt, sodass er ihnen nicht zur Seite steht. (bin mir aber nicht 100% sicher).

Paulah

Paulah

24.6.2024, 13:48:54

In Frage 4 heißt es „Eine nach erfolgter Einigung eintretende

Verfügungsbeschränkung

kann geheilt werden.“ Die Antwort soll stimmen wegen

§ 878 BGB

. Muss bei einer Heilung aber nicht erst etwas "kaputt" sein?

§ 878 BGB

verhindert doch, dass die Erklärung nach §§ 873, 875, 877 BGB unwirksam wird. Für eine Heilung müsste die Erklärung doch unwirksam sein und durch einen Vorgang danach wieder wirksam werden. Spricht man trotzdem von Heilung? Wenn ja, warum? Viele Grüße von Paula

L.G

L.Goldstyn

11.8.2024, 12:12:15

Hallo Paulah, Deiner Frage schließe ich mich gerne an. Ich empfand es hier auch als fragwürdig, von einer Heilung zu sprechen.

QUAR

Quarklo

23.8.2024, 00:24:40

Die Heilung bezieht sich auf die

Verfügungsbeschränkung

, nicht auf die Wirksamkeit der Willenserklärungen. "Eine nach erfolgter Einigung eintretende

VERFÜGUNGSBESCHRÄNKUNG

kann geheilt werden"

BEN

benjaminmeister

6.5.2025, 11:45:57

@[Paulah](135148) @[L.Goldstyn](251555) der Wortlaut von § 878 wird als verfehlt/missverständlich angesehen. Durch den Eintritt einer

Verfügungsbeschränkung

wird nicht die verfügende Willenserklärung beeinflusst, sondern nur die Verfügungsberechtigung des Verfügenden. Die Einigung wird durch § 878 nicht geheilt (muss sie aber eben auch nicht).

Rechtsanwalt B. Trüger

Rechtsanwalt B. Trüger

8.8.2024, 11:05:19

Kann der Antrag von Verkäufer und Käufer auch zusammen (in einem Antrag) gestellt werden, so dass ein Widerruf nur von beiden gemeinsam möglich wäre, oder ist es immer nur von einer Partei möglich?

MayonnaiseOperator

MayonnaiseOperator

4.12.2024, 23:22:11

Verträgt sich das denn mit dem Rechtsgedanken des § 106 InsO? Wenn der Käufer vom insolventen Verkäufer einen Anspruch auf Eigentumsverschaffung aufgrund einer

Vormerkung

hat, dann sollte doch aus Einheitsgründen für den Widerruf entsprechend nichts anderes gelten oder?

c_p

c_p

14.3.2025, 18:59:07

Würde man im Gutachten überhaupt noch zum Punkt „Berechtigung“ kommen, wenn es bereits an der „Eintragung“ aufgrund des Widerrufs scheitert?

K.Attalla

K.Attalla

16.6.2025, 23:37:47

Push.

OKA

okalinkk

5.6.2025, 17:26:58

?

JES

Jessica

6.6.2025, 17:48:55

Kann mir jemand erklären wie man das aus 31 GBO rauslesen soll? Und wieso es anders ist, wenn der andere Teil den Antrag stellt?

K.Attalla

K.Attalla

16.6.2025, 23:52:01

Hey, aus S.1 des § 31 GBO ergibt sich, dass der Eintragungsantrag zurückgenommen werden kann. Den Antrag stellen kann gem. § 13 I 2 GBO der Veräußerer oder der Erwerber. Wenn der Veräußerer den Antrag stellt, kann er diesen widerrufen. Die Vrss. des § 878 liegen in diesem Szenario zum Nachteil des Erwerbers nicht vor. Stellt der Erwerber hingegen den Antrag, verhindert er dieses Szenario (sofern er nicht selbst den Antrag zurücknimmt). Wenn nun der Veräußerer tatsächlich nicht mehr verfügungsbefugt sein sollte und die Auflassung iSd. § 873 II erfolgte, liegen die Vrss. des § 878 vor. Die

Verfügungsbefugnis

ist dann zu bejahen, sodass der Erwerber Eigentum erworben hat. So hatte ich es verstanden. Gerne korrigieren/ergänzen. :)

JES

Jessica

17.6.2025, 09:11:53

Danke


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