+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V lässt K sein Grundstück mit notarieller Beurkundung auf. V stellt den Eintragungsantrag. K zahlt den Kaufpreis. V nimmt seinen Eintragungsantrag zurück. Ebenfalls vor Eintragung wird über das Vermögen des V das Insolvenzverfahren eröffnet. Danach wird K als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

Einordnung des Falls

Verfügungsbeschränkung 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K ist Eigentümer des Grundstücks, wenn er dieses wirksam von V erworben hat (§§ 873, 925 BGB).

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Ja!

Der Eigentumserwerb an einem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB setzt voraus: (1) Einigung über den Eigentumsübergang am Grundstück (Auflassung, § 925 BGB), (2) Eintragung ins Grundbuch, (3) Einigsein, § 873 Abs. 2 BGB, (4) Verfügungsberechtigung des Veräußerers. K und V haben die Auflassung erklärt (§ 925 BGB). K wurde in das Grundbuch eingetragen. Die Einigung bestand zu diesem Zeitpunkt fort.

2. Da V den Einigungsantrag zurückgenommen hat, hat er die Auflassung widerrufen. Es liegt kein Einigsein im Zeitpunkt der Eintragung (§ 873 Abs. 2 BGB) vor.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Nach hM kann die Einigung frei widerrufen werden, solange noch nicht alle Merkmale des Übereignungstatbestandes verwirklicht sind. Vor Eintragung sind die Parteien allerdings gebunden, wenn die Voraussetzungen des § 873 Abs. 2 BGB vorliegen.Da V und K die Auflassung notariell beurkundet haben, ist ein Widerruf der Auflassung ausgeschlossen.Die Auflassung bedarf - anders als der zugrundeliegende Kaufvertrag (§ 311b Abs. 1 BGB) - keiner notariellen Beurkundung. Dennoch wird in der Praxis zumeist die Auflassung und der Kaufvertrag zusammen beurkundet.

3. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat V seine Verfügungsbefugnis verloren.

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Ja, in der Tat!

Nach § 80 Abs. 1 InsO verliert der Insolvenzschuldner mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Verfügungsbefugnis. Diese geht auf den Insolvenzverwalter über.Dies geschieht vor dem Hintergrund masseschmälernde Verfügungen des Insolvenzschuldners zu verhindern.

4. Eine nach erfolgter Einigung eintretende Verfügungsbeschränkung kann geheilt werden.

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Ja!

Tritt zwischen Einigung und Eintragung eine Verfügungsbeschränkung des Verkäufers ein, so ist die fehlende Verfügungsbefugnis unter den Vorraussetzungen des § 878 BGB unschädlich. § 878 BGB setzt voraus: (1) eine bindende Erklärung und (2) der Antrag auf Eintragung muss gestellt sein.

5. Vs fehlende Verfügungsbefugnis ist nach § 878 BGB geheilt. K hat mit der Eintragung Eigentum an dem Grundstück erworben.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Die Heilung der Verfügungsbeschränkung nach § 878 BGB setzt voraus: (1) eine bindende Erklärung und (2) der Antrag auf Eintragung muss gestellt sein. Zwar war die Auflassung nach § 873 Abs. 2 BGB bindend, jedoch wurde der von V gestellte Eintragunsantrag von ihm zurückgenommen. Dies ist nach § 31 GBO bis zum Vollzug der Eintragung möglich. § 878 BGB ist daher nicht erfüllt.Um zu verhindern, dass der Verkäufer die Heilungswirkung des § 878 BGB zulasten des Käufers beseitigt, empfiehlt es sich für den Auflassungsempfänger (hier: K), den Eintragungsantrag selbst zu stellen.

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NI

Niklas

26.1.2021, 16:06:34

D.h. obwohl die Auflassung beurkundet wurde, kann der Antragsteller seinen Antrag widerrufen. Wenn jetzt der K den Antrag gestellt hätte, kann dieser nicht durch V widerrufen werden es sei denn, die Auflassung wäre nicht beurkundet wurden?

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

26.1.2021, 16:24:14

Hallo Niklas, genau so ist es. Allerdings kann der Eintragsantreig seinerseits auch nur durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde zurückgenommen werden §§ 31, 29 Abs. 1 S. 1 GBO. Für K von Vorteil wäre es, wenn er selbst den Antrag stellt und sich zusätzlich eine Auflassungsvormerkung bewilligen ließe.

AL

Alex

12.5.2021, 10:58:39

Müsste es in der Lösung nicht heißen, dass V nicht mehr verfügungsberechtigt war?

JO

jomolino

5.8.2021, 18:05:21

Kann man in der Rücknahme des Eintragungsantrags einen Widerruf der Auflassung sehen, sodass hier kein Einigsein im ZP der Eintragung vorläge, hätten die beiden nicht im Sinne des 873 II beurkundet?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

11.1.2022, 19:28:54

Hallo nomamo, hätte keine notarielle Beurkundung vorgelegen und wäre die Auflassung somit nach § 873 Abs. 2 BGB frei widerruflich, so könnte man hier durchaus fragen, ob ein Einigsein vorliegt oder nicht ein (konkludenter) Widerruf erfolgt ist. Allerdings muss der Widerruf K auch zugehen. Dies lässt der Sachverhalt hier offen und müsste in dieser Konstellation dann klargestellt werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

AF

Afrim

31.8.2023, 12:36:31

Warum kann die Rücknahme des Antrags durch V den Eigentumserwerb des K verhindern? Der Wortlaut des § 878 BGB spricht ja davon, dass die Erklärung nicht unwirksam wird, wenn u.a. ein Antrag auf Eintragung gestellt wurde. Dieser wurde laut SV gestellt. Von einer Rücknahme des Antrags erwähnt der § 878 nichts. Die GBO-Normen sind ja "nur" Verfahrensvorschriften und haben keinen Einfluss auf den Eigentumserwerb. Hab ich was übersehen oder falsch verstanden?

DI

Diaa

12.9.2023, 22:35:14

Dann müsst ihr bitte die Antwort der ersten Frage berichtigen und schreiben, dass K kein Eigentum erwarb..!


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