Referendariat

Die ZVR-Klausur

Vollstreckungsabwehrklage, § 767 ZPO

Präklusion / maßgeblicher Zeitpunkt bei Rücktritt

Präklusion / maßgeblicher Zeitpunkt bei Rücktritt

24. November 2024

4,8(9.689 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S kauft von G ein iPhone. S bemerkt einen Sachmangel am iPhone und fordert G erfolglos unter Fristsetzung zur Nacherfüllung auf. Weil S nicht zahlen will, verklagt G ihn. S kümmert sich nicht darum und wird verurteilt. G will vollstrecken. S erklärt den Rücktritt.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Präklusion / maßgeblicher Zeitpunkt bei Rücktritt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S kann zulässigerweise eine Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) erheben.

Genau, so ist das!

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) lauten: (1) Statthaftigkeit, (2) Zuständigkeit des Gerichts, (3) Rechtsschutzbedürfnis. S richtet sich mit dem materiell-rechtlichen Einwand, der Zahlungsanspruch sei durch seinen Rücktritt untergegangen (§ 346 Abs. 1 BGB), gegen den in dem Urteil titulierten Anspruch. Die Vollstreckungsabwehrklage ist daher statthaft. G will vollstrecken; die Zwangsvollstreckung „droht“ also, sodass für S auch ein Rechtsschutzbedürfnis besteht.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Die Vollstreckungsabwehrklage ist begründet, wenn S die Einwendung tatsächlich zusteht und nicht präkludiert ist.

Ja, in der Tat!

Die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) ist begründet, wenn (1) die Sachbefugnis vorliegt, (2) dem Kläger eine materiell-rechtliche Einwendung gegen den titulierten Anspruch zusteht und (3) diese nicht präkludiert (§ 767 Abs. 2 ZPO) ist. S und G sind als Vollstreckungsschuldner bzw. -gläubiger sachbefugt. S hat wegen des Sachmangels und der nicht erfolgten Nacherfüllung wirksam den Rücktritt erklärt (§§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 349 BGB). Die Einwendung steht S also zu. Fraglich ist, ob sie präkludiert (§ 767 Abs. 2 ZPO) ist.

3. S ist mit der Einwendung des Rücktritts präkludiert (§ 767 Abs. 2 ZPO). Die Klage ist daher unbegründet.

Ja!

Einwendungen sind ausgeschlossen (§ 767 Abs. 2 ZPO), wenn die Tatsachen, auf denen sie beruhen, schon zum Schluss der mündlichen Verhandlung gegeben waren. Nach ständiger Rechtsprechung kommt es bei Gestaltungsrechten (Anfechtung, Aufrechnung, Rücktritt) darauf an, wann diese ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Schuldners entstanden sind, nicht wann der Schuldner sie ausgeübt hat oder ausüben konnte.Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung hatte S bereits ein Rücktrittsrecht. Die Klage ist unbegründet.Jüngst hat der BGH entschieden, dass auch beim verbraucherschützenden Widerruf der Entstehungszeitpunkt maßgeblich sei (BGH,03.03.2020 – XI ZR 486/17).
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Andeutungstheorie

Andeutungstheorie

31.1.2023, 17:25:34

Wenn S

präkludiert

ist, müsste die Klage des G doch begründet sein oder ?

Andeutungstheorie

Andeutungstheorie

31.1.2023, 17:42:21

Sorry das hat sich schon erledigt. War verwirrt. Es geht ja schließlich um die

Begründetheit

der

Vollstreckungsabwehrklage

. Die ist unbegründet wenn S

präkludiert

ist.

Juraluchs

Juraluchs

11.2.2023, 19:13:14

Der Fall zielt darauf natürlich nicht ab, aber durch die Geltendmachung des

Nacherfüllungsanspruch

es als umgewandeltem Leistungsanspruch müsste S § 320 geltend machen können bzw. als Einwendung berücksichtigt werden (str.?), sodass die Klage letztlich doch begründet wäre? Bin mir hier aber auch etwas unsicher und freue mich über Klärung!

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

13.2.2023, 11:44:50

Hallo Juraluchs, auch die Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 Abs. 1 BGB) hätte S hier schon im Vorprozess geltend machen können. Dann wäre lediglich eine Zug-um-Zug Verurteilung erfolgt. Da S dies unterlassen hat, ist er auch insoweit

präkludiert

(§ 767 Abs. 2 ZPO) und kann sich auf diese Einwendung nicht im Rahmen der

Vollstreckungsabwehrklage

berufen. D.h. auch mit Blick darauf ist die

Vollstreckungsabwehrklage

unbegründet :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Teams

Juraluchs

Juraluchs

14.2.2023, 08:58:23

Stimmt natürlich, mein Fehler! Vielen Dank, Lukas!

FW

FW

14.10.2024, 12:54:46

Hi, Warum muss der Rücktrittsberechtigte den Rücktritt vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung erklären? Verstehe den Sinn und Zweck nicht ganz. Das dies der Rechtssicherheit dient ist mir noch zu abstrakt. Könnte das jemand vielleicht etwas konkreter erläutern? Danke im Voraus!

ELEE

Elee

29.10.2024, 00:08:48

Du stellst die Frage, warum der Schuldner sein Gestaltungsrecht innerhalb der nach § 767 Abs. 2 ZPO maßgeblichen Frist (§ 296a bzw. § 339 ZPO) geltend machen muss, um mit seiner Einwendung i.R.d. Vollstreckungsgegenklage gehört zu werden. Die Präklusion des § 767 Abs. 2 ZPO dient – wie auch andere Präklusionsvorschriften – der Absicherung der Rechtskraft von Urteilen. Der Schuldner kann nur solche materiell-rechtlichen Einwendungen vorbringen, die auf einer nachträglichen Änderung der Tatsachen beruhen. Mit „nachträglich“ meine ich den Ablauf der o.g. Fristen. Gäbe es diese Vorschrift nicht, könnte der Schuldner Einwendungen vorbringen, obwohl über deren (Nicht)Existenz bereits i.R.d. Erkenntnisverfahrens rechtskräftig entschieden worden ist. Die Rechtskraft des den zu vollstreckenden Anspruch feststellenden Urteils könnte auf diese Weise ausgehebelt werden. Bei Gestaltungsrechten stellt sich hier die Schwierigkeit, dass der Zeitpunkt ihrer Entstehung und Wirkungsentfaltung typischerweise auseinanderfallen, weil letztere eine Rechtshandlung des Berechtigten erfordert (die Gestaltungserklärung), erstere aber ex lege eintritt. So erklärt sich das Problem, ob man für die Gründe, auf denen die Einwendung beruht, auf die Gestaltungslage oder auf die Ausübung des Gestaltungsrechts abstellt. Hält man es wie die Rspr., entscheidet man sich für eine konsequente Umsetzung des Normzwecks, die Rechtskraft abzusichern (während die letztere Auslegungsvariante in dogmatischer Hinsicht stimmiger wäre). Von Bedeutung ist dabei der Sinn und Zweck der Rechtskraft: Könnte der zur Ausübung eines Gestaltungsrechts Berechtigte von seinem Gestaltungsrecht auch noch nachträglich Gebrauch machen und i.R.d.

Vollstreckungsabwehrklage

als materiell-rechtliche Einwendung geltend machen, bestünde für ihn womöglich ein Anreiz, die „finale“ Entscheidung durch die Gerichte hinauszuzögern. Im Interesse der Allgemeinheit an einer funktionierenden und möglichst kostenschonenden Justiz (Prozessökonomie) ist es den Parteien zu versagen, Prozessverschleppung zu betreiben. Was wären etwa die Mühen, die der Kläger zur Durchsetzung seiner Rechte unternimmt, noch wert, wenn er sich auf das ihm Recht gebende und (zb. wegen Ablaufs der Rechtsmittelfristen, § 705 S. 1 ZPO) formell rechtskräftig gewordene Urteil nicht verlassen kann? Das Vertrauen in die Justiz ist essenziell für einen funktionierenden Rechtsstaat. Letztlich fördert die Rechtskraft damit auch den Rechtsfrieden. Dieses gewichtige Interesse der Allgemeinheit an der Verbindlichkeit rechtskräftiger Urteile rechtfertigt das Zurücktreten des Individualinteresses an der Einwendung (hier) der nachträglichen Ausübung eines Gestaltungsrechts. Ich hoffe, das beantwortet deine Frage.

FW

FW

30.10.2024, 10:12:34

@[Elee](134555) Danke!!! Sehr verständlich und ausführlich erklärt.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen