Öffentliches Recht
Grundrechte
Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG)
Verurteilung als faktischer Leiter einer nicht angemeldeten Versammlung
Verurteilung als faktischer Leiter einer nicht angemeldeten Versammlung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Atomkraftgegner A organisiert eine unangemeldete Demo in der baden-württembergischen Stadt H. Er erteilt dabei über Funk Anweisungen, u.a. zur Beendigung der Versammlung. Da ein Veranstalter nicht auszumachen ist, verhängen die Fachgerichte strafrechtliche Sanktionen gegen A.
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Einordnung des Falls
Verurteilung als faktischer Leiter einer nicht angemeldeten Versammlung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Im gesamten Bundesgebiet gilt das Versammlungsgesetz des Bundes (VersG).
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Jede öffentliche Versammlung unter freiem Himmel muss spätestens 48 Stunden vor ihrer Durchführung angemeldet werden.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Es handelt sich um eine Spontanversammlung, sodass die Anmeldepflicht (§ 14 Abs. 1 VersG) entfällt.
Nein!
4. Der Leiter einer nicht angemeldeten Versammlung unter freiem Himmel macht sich strafbar (§ 26 Nr. 2 VersG).
Genau, so ist das!
5. A war „Leiter“ (§ 26 Nr. 2 VersG) der Versammlung.
Ja, in der Tat!
6. Nach dem sog. Analogieverbot darf eine Strafnorm nicht über ihren Wortlaut hinaus angewendet werden (Art. 103 Abs. 2 GG).
Ja!
7. Die Verurteilung des A als „faktischer Leiter“ verstößt gegen das strafrechtliche Analogieverbot (Art. 103 Abs. 2 GG).
Nein, das ist nicht der Fall!
8. Die Verurteilung des A verstößt gegen das Schuldprinzip (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG), denn die Nichtanmeldung der Versammlung kann ihm nicht vorgeworfen werden.
Nein, das trifft nicht zu!
9. Die Verurteilung des A als „faktischer Leiter“ verstößt gegen die Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG), da so die bloße Teilnahme an einer nicht angemeldeten Versammlung bestraft wird.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
ri
17.7.2021, 18:58:55
Merke: *Leiter* ist nicht legal definiert —> auslegungsbed. Begriff —> Auslegung *faktischer Leiter* verstößt damit nicht gg. 103 II GG —> Schuldprinzip 20 III, 1 I GG *persönliche
Vorwerfbarkeit* gewahrt, da Möglichkeit der normalen Teilnahme —> Anmeldeerfordernis kein Verstoß gg. Versammlungsfreiheit: Wahrung des Schutzes Dritter und Versammlungsteilnehmer
APhM
22.4.2022, 11:58:15
Die Antwort zur zweiten Frage enthält mit Banner und Kletterausrüstung zwei Informationen, welche zur Argumentation herangezogen werden, jedoch im Sachverhalt nicht erwähnt werden ;).
Lukas_Mengestu
22.4.2022, 13:58:33
Hallo APhM, vielen Dank für Deinen Hinweis. Bei Jurafuchs besteht ja die Besonderheit, dass unsere Fälle auch eine Illustration bekommt. Diese sieht nicht nur schön aus, sondern ist auch Bestandteil des Sachverhaltes. Dass die Versammlung hier mit einem Banner und Kletterausrüstung durchgeführt wird, wird nach unserer Auffassung recht gut in der Illustration deutlich. Deswegen haben wir diese Information nicht zusätzlich noch in den Sachverhalt aufgenommen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Jael
11.3.2023, 14:04:08
NRW hat inzwischen auch ein eigenes Versammlungsgesetz, das kann in Antwort zu Frage 1 ergänzt werden :)
Nora Mommsen
12.3.2023, 10:36:59
Hallo Jael, danke dir - das haben wir gerne ergänzt. :) Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Fabian22
6.12.2023, 09:17:08
In Hessen gilt seit dem 04.04.2023 ebenfalls ein eigenes Versammlungsfreiheitsgesetz (HVersFG) vom 22.03.2023.
Nicolas
23.7.2024, 12:11:15
Hessen hat inzwischen auch ein eigenes Versammlungsgesetz (HVersFG, Versammlungsfreiheitsgesetz), https://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/jlr-VersammlFrhGHErahmen