Öffentliches Recht
Grundrechte
Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG)
Persönlicher Schutzbereich Art. 13 Abs. 1 GG: Grundfall
Persönlicher Schutzbereich Art. 13 Abs. 1 GG: Grundfall
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A übernachtet regelmäßig im Haus seiner Freundin F. Während diese Brötchen holt, klingelt es und vor der Tür steht Polizist P. A würde P lieber nicht hineinlassen, weil er nicht weiß, wie F darüber denkt. Er beruft sich auf sein Recht aus Art. 13 Abs. 1 GG.
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Einordnung des Falls
Persönlicher Schutzbereich Art. 13 Abs. 1 GG: Grundfall
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Haus der F stellt eine Wohnung nach Art. 13 Abs. 1 GG dar.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. A ist Träger des Rechts aus Art. 13 Abs. 1 GG, weil er unmittelbarer Besitzer der Räume der Wohnung von F ist.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Ferdinand
7.6.2021, 10:29:52
Für mich klingt der Sachverhalt so, als wäre A nur vorübergehend in der Wohnung. Gibt es tatsächlich gar kein Erfordernis, dass der unmittelbare Besitz von einer bestimmten Dauer oder Intensität sein muss (kann ja durchaus gering sein, etwa beim Übernachten. Wenn ich nur kurz bei einem Freund zu Besuch bin, ist das ja nicht wirklich ein abgeschottetes Ausleben meiner Persönlichkeit.
Ferdinand
7.6.2021, 10:30:29
Und Schutzlücken ergeben sich ja nicht, da ja derjenige, der die Wohnung tatsächlich bewohnt sich auf Art. 13 berufen kann.
Lukas_Mengestu
8.6.2021, 00:05:53
Hallo Ferdinand, wer in den Schutzbereich des Art. 13 I GG einbezogen ist, ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Verfassung. Diese erklärt insoweit lediglich die Wohnung für unverletztlich. Insofern hast Du natürlich recht, dass man nicht jeden, der zufällig gerade in einem Raum steht, der auch dem Wohnen dient, in den Schutzbereich des Art. 13 I GG einbeziehen kann. Vielmehr ist die Reichweite funktional aus der Schutzintention des Art. 13 abzuleiten (vgl. von Münich/Kunig, GG-Kommentar, 7. A. 2021, Art. 13 Rn. 16). Träger des Grundrechts ist jeder Bwohner oder Inhaber eines Wohnraums ohne Rücksicht darauf, auf welchen Rechtsverhältnissen sein Wohnen oder Wirken in diesem Raum beruht (Papier, in: Maunz/Dürig, GG, 93. EL Oktober 2020, Art. 13 Rn. 12). Der kurzzeitige Besuch am Nachmittag dürfte insoweit noch nicht genügen. Wenn aber wie hier A seine Freundin besucht und dort auch übernachtet (ggfs. sogar einen Teil seiner Sachen in der Wohnung lagert :D), dann spricht dies durchaus dafür, ihn als Besitzer und (vorübergehenden) Bewohner zu qualifizieren und damit den Schutzbereich des Art. 13 GG als eröffnet anzusehen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
ri
17.7.2021, 20:55:52
Wenn ich bei meiner Freundin übernachte oder wohne, fühle ich mich eher als Knecht/Sklave =
Besitzdiener🥲
Ira
9.8.2021, 16:11:32
Dann bist Du wohl ein Ausnahmefall:)
Patrick
25.9.2022, 12:19:52
Ich würde hier nicht von einem unmittelbaren Besitz des A ausgehen, sondern eher von einer
Besitzdienerschaft. Es ist nicht davon auszugehen, dass die F einem Gast der einmal übernachtet ein Besitzrecht und hieran knüpfen ein Mitbesitz an der Sache einräumen wollte, sondern vielmehr die Nutzung der Wohnung durch A weisungsbedingt von F abhängig ist, was wohl von A, siehe seine subjektiven Erwägungen, auch so empfunden wird.
Lukas_Mengestu
17.11.2022, 17:53:15
Hallo Patrick, vielen Dank für die Anmerkung. Wir haben den Sachverhalt nun etwas angepasst, damit noch deutlicher wird, dass A durchaus hier die Stellung eines unmittelbaren Besitzers zukommt. Für die Eröffnung des Schutzbereichs ist dies aber nicht zwingend. Auch der
Besitzdienerkann in den Schutz des Art. 13 GG kommen (BeckOK GG/Kluckert, 52. Ed. 15.8.2022, GG Art. 13 Rn. 4). Lediglich der mittelbare Besitzer (zB Vermieter) kann sich nicht darauf berufen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team