Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2021
Tierarzthaftung: Schadensbemessung bei Falschbehandlung eines Wettkampfpferdes
Tierarzthaftung: Schadensbemessung bei Falschbehandlung eines Wettkampfpferdes
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Halterin Hs Pferd ist krank. Tierarzt T schlägt eine Eigenbluttherapie vor. Über mögliche Folgen klärt er nicht auf. Infolge der Therapie erleidet das Tier einen anaphylaktischen Schock und stirbt. Es war unbekannterweise anfällig für eine solche Reaktion. Hätte H die möglichen Therapiefolgen gekannt, hätte sie die Behandlung abgelehnt.
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Einordnung des Falls
Pferde sind aus juristischen Examensklausuren fast nicht mehr wegzudenken. Das liegt vor allem daran, dass bei Verletzungen von Pferden aufgrund ihres hohen Wertes die Bereitschaft zu klagen sehr hoch ist und den Prüfungsämtern somit viel Material aus der Praxis zur Verfügung steht. Die vorliegende Entscheidung eignet sich dabei noch einmal gut, um das Pflichtenprogramm bei einem Tier(!)behandlungsvertrag zu beleuchten und sich näher mit der Frage zu beschäftigen, welchen Schaden die Halterin erlitten hat.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Hinsichtlich der Behandlung des Pferdes haben T und H einen Behandlungsvertrag nach § 630a BGB geschlossen.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Steht H dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Behandlung des Pferdes zu (§§ 280 Abs. 1, 611 BGB)?
Nein!
3. Einen Tierarzt trifft eine Aufklärungspflicht als Nebenpflicht aus dem tierärztlichen Behandlungsvertrag
Genau, so ist das!
4. H hat gegen T dem Grunde nach einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 611, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB wegen unterlassener Aufklärung.
Ja, in der Tat!
5. Der Umfang des Schadensersatzanspruchs richtet sich nach den §§ 249 ff. BGB.
Ja!
6. Wertmindernde Faktoren finden bei der Schadensberechnung nur Berücksichtigung, wenn sie bereits zum Zeitpunkt der Schädigung bekannt waren.
Nein, das ist nicht der Fall!
7. Hs Schaden ist hier auf den Verkehrswert beschränkt, den ein Pferd hat, welches für anaphylaktische Schocks anfällig ist.
Ja, in der Tat!
8. Der BGH kann die genaue Höhe eines Schadensersatzes immer revisionsrechtlich überprüfen und festlegen.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
gottloser Vernunftsjurist
23.11.2023, 23:45:48
Hallo, 1. Ich konnte aus dem Verweis auf § 630e II 2 BGB keine Beweislast für den Behandelnden erkennen. Ist hier vielleicht eher Absatz II gemeint? 2. Mir ist der Unterschied zwischen objektiver und subjektiver Eigenschaft nicht ganz klar geworden. Könnte man hierfür noch ein Beispiel anhand dieses Falls bilden, um den Unterschied zu verdeutlichen? Danke im Voraus!
Leo Lee
25.11.2023, 10:54:40
Hallo Luk7_8, vielen Dank für den Hinweis! In der Tat gab es hier einen Tippfehler; die Beweislast ist in 630H II 2 BGB geregelt, was wir nun entsprechend angepasst haben. Ein Beispiel können wir dir gerne geben, allerdings ist dies etwas schwierig bei einem Behandlungsvertrag, der nach der Natur kein Werk-, sondern ein Dienstvertrag ist. Aber objektive Eigenschaften sind solche, die von dem „Markt“ verständiger Weise erwartet werden können (etwa bei einem Auto, dass es fährt). Subjektive Eigenschaften sind hingegen solche, die nicht normalerweise vom Markt erwartet werden müssen, worauf sich jedoch die Parteien im
Einzelfallgeeinigt haben (etwa dass ein Auto eine ganz bestimmte Farbe hat) :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Christian
7.2.2024, 16:00:18
a) weil man geld kosten minimieren will?
Lukas_Mengestu
8.2.2024, 18:30:27
Hallo Christian, vielen Dank für Deine Nachricht. Du bist gerade in der examensrelevanten Rechtsprechung zum Zivilrecht gelandet. Definitionen findest Du im Entdeckenscreen, wenn Du auf den Reiter "Definitionen" klickst. Dort finden sich aus allen Rechtsgebieten Definitionen, auch aus dem öffentlichen Recht und dem Verfassungsrecht. Insofern wäre es eher b) Jurafuchs hat die Bedienung noch nicht intuitiv genug gemacht, sodass ich die Definitionen nicht finde. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Rechtsanwalt B. Trüger
9.10.2024, 12:25:41
Geht es hier nicht eher um eine Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht, sodass § 311 Abs. 2 BGB noch zu berücksichtigen ist? Es ist zumindest gängige Praxis, dass der Arzt einen über mögliche Folgen und Risiken aufklärt bevor der Vertrag endgültig geschlossen wird, damit die andere Vertragspartei ja immer noch entscheiden kann, ob sie die Behandlung möchte. Das dürfte hier mMn nicht anders zu bewerten sein. Wie ich das sehe geht der BGH auch nicht näher auf eine AGL ein, sondern macht nur Ausführungen zur Schadensbemessung. Oder was übersehe ich?