Öffentliches Recht

Grundrechte

Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG)

Subsidiarität der allgemeinen Handlungsfreiheit gegenüber speziellen Freiheitsrechten (Grundfall)

Subsidiarität der allgemeinen Handlungsfreiheit gegenüber speziellen Freiheitsrechten (Grundfall)

10. Juni 2025

12 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Demonstrant D erhält auf einer Großdemonstration auf dem Rathausmarkt von der Polizei einen Platzverweis. D ist empört: Es könne doch nicht angehen, dass ihm verboten werde, auf einem öffentlichen Platz „rumzustehen“. D ist Deutscher.

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Einordnung des Falls

Subsidiarität der allgemeinen Handlungsfreiheit gegenüber speziellen Freiheitsrechten (Grundfall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG vermittelt D das - einschränkbare - Recht, überall „rumstehen“, wo er will.

Ja!

Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet die allgemeine Handlungsfreiheit. Der Schutzbereich ist im weitesten Sinne auszulegen. Er umfasst jedes beliebige menschliche Tun und Lassen. Mit „Rumstehen“ meint D das Verweilen an einem öffentlichen Ort. Dieses stellt ein menschliches Tun dar. Es fällt somit in den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit. Grundsätzlich ist dem D beliebiges Rumstehen auf dem Rathausmarkt damit nach Art. 2 Abs. 1 GG erlaubt.
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2. Das Verweilen des D auf der Großdemonstration ist durch die Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 Abs. 1 GG geschützt.

Genau, so ist das!

Das Verweilen an einem Ort ist von Art. 8 Abs. 1 GG geschützt, wenn es im Rahmen einer Versammlung stattfindet. Nach dem engen Versammlungsbegriff ist eine Versammlung (1) eine örtliche Zusammenkunft (2) mehrerer Personen (3) zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Kundgebung. Eine Demonstration stellt eine auf Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtete Kundgebung dar. Sie findet sich örtlich auf dem Rathausmarkt und als Großdemo mit mehreren Personen zusammen. Sie stellt somit eine Versammlung i.S.d. Art. 8 Abs. 1 GG dar. Auf dieser will D verweilen. Dieses Verhalten ist somit durch Art. 8 Abs. 1 GG geschützt. Eine Großdemonstration stellt - nach allen Versammlungsbegriffen - den Paradefall einer Versammlung i.S.d. Art. 8 Abs. 1 GG dar. In einem so einfachen Fall solltest Du die Ausführungen zum Versammlungsbegriff knapp halten.

3. Ist das Verhalten eines Grundrechtsträgers sowohl von der allgemeinen Handlungsfreiheit als auch von einem anderen Grundrecht geschützt, bemisst sich der Schutz immer nach der allgemeinen Handlungsfreiheit.

Nein, das trifft nicht zu!

Aufgrund der weiten Auslegung des Schutzbereichs der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG erfasst dieser auch Verhaltensweisen, welche bereits durch andere Grundrechte erfasst sind. Damit deren spezielle verfassungsrechtliche Schranken und deren höheres grundrechtliches Schutzniveau nicht ausgehebelt werden, ist die allgemeine Handlungsfreiheit in diesen Fällen der Grundrechtskonkurrenz nur subsidiär anzuwenden. Der Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit ist demnach nur eröffnet, wenn die betroffene Handlungsweise nicht zugleich auch vom Schutzbereich eines anderen Grundrechts erfasst wird. Vorliegend ist bereits der Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 GG betroffen. Der Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit ist wegen der Subsidiarität des Grundrechts vorliegend somit nicht eröffnet.
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