Verjährungsfristen – Spezialregelungen: Anspruch auf Eigentumsherausgabe


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

D verkauft der gutgläubigen K eine Lyngby-Vase, die sie vor 25 Jahren der E gestohlen hat. Als E ihre Vase weitere sechs Jahre später an Ks Flohmarkt-Stand wiederentdeckt, klärt sie K darüber auf und verlangt die Vase heraus. K will die Vase nur herausgeben, wenn E ihr €100 gibt.

Einordnung des Falls

Verjährungsfristen – Spezialregelungen: Anspruch auf Eigentumsherausgabe

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. E ist noch Eigentümerin der Vase.

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Ja, in der Tat!

Eigentum kann rechtsgeschäftlich (§§ 929 ff. BGB), gesetzlich (§§ 946 ff. BGB) oder durch einen Hoheitsakt (z.B. Zwangsversteigerung §§ 90, 55 ZVG) übertragen beziehungsweise erlangt werden.Durch den Diebstahl (§ 242 StGB) hat D lediglich den Besitz, nicht aber das Eigentum erlangt. Die Ersitzung (§ 937 BGB) einer beweglichen Sache scheitert daran, dass D bösgläubig bezüglich ihres Eigenbesitzes ist. K konnte das Eigentum aufgrund des Abhandenkommens (§ 935 BGB) auch nicht gutgläubig Erwerben (§ 932 BGB) und hat die Vase noch nicht lange genug (10 Jahre) für einen Erwerb durch Ersitzung (§ 937 BGB).

2. K darf die Herausgabe der Vase verweigern, obwohl E Eigentümerin ist (§ 214 Abs. 1 BGB).

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Ja!

Die Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB) ist eine den Anspruch ausschließende (peremptorische) Einrede, welche zu einem endgültigen Abweisen der Klage führt, wenn sich der Schuldner darauf beruft. Der Eigentümer-Anspruch auf Herausgabe (§ 985 BGB) unterliegt einer 30-jährigen Verjährungsfrist (§ 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Erlangt der Besitzer die Sache durch Rechtsnachfolge (§ 198 BGB), kommt ihm die verstrichene Zeit zugute.K hat die Vase seit sechs Jahren in Besitz und ihr kommen die 25 Jahre der Rechtsvorgängerin D zugute. Der Anspruch (§ 985 BGB) der E hat bis vor einem Jahr bestanden, doch jetzt hat K ein Leistungsverweigerungsrecht (§ 214 Abs. 1 BGB).

3. Wenn K die Lyngby-Vase doch noch vier Jahre behält wird sie spätestens Eigentümerin (§ 937 BGB).

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Nein, das ist nicht der Fall!

Durch Ersitzung (§ 937 BGB) erlangt derjenige Eigentum an einer beweglichen Sache, der diese zehn Jahre gutgläubig in Eigenbesitz hatte.K’s Leistungsverweigerungsrecht (§ 214 Abs. 1 BGB) verschafft ihr noch kein Eigentum. Nachdem E ihr mitgeteilt hat, dass sie die Eigentümerin ist, ist K auch nicht mehr gutgläubig bezüglich ihres Eigenbesitzes (§ 937 Abs. 2 Alt. 2 BGB). Eigentum und Besitz fallen dauerhaft auseinander.

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RA

Raphaeljura

3.7.2023, 06:39:25

Das heißt, dass für immer und ewig Eigentum und Besitz auseinanderfällt?

EB

Elias Von der Brelie

28.7.2023, 22:35:43

Also ich weiß dass Eigentum und Besitz wohl permanent auseinanderfällt, aber was ist jetzt die Rechtsfolge? Warum gibt es einen Eigentümer wenn dieser die Sache sowieso nicht verlangen kann? Warum wird hier zwischen Eigentümer und Besitzer unterschieden?


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