Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Täterschaft und Teilnahme
Heimliche Abkehr vom gemeinsamen Tatplan
Heimliche Abkehr vom gemeinsamen Tatplan
17. April 2025
9 Kommentare
4,7 ★ (20.636 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

M1 und M2 begehen einen Überfall in der Weise, dass M2 den O körperlich in Schach hält, während M1 in der Wohnung des O nach Geld sucht. Dort nimmt er Bargeld an sich. Danach spiegelt er dem M2 aber vor, nichts gefunden zu haben, da er die Beute für sich behalten will.
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Einordnung des Falls
Heimliche Abkehr vom gemeinsamen Tatplan
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Sowohl M1 als auch M2 haben jeder für sich gesehen den objektiven Raubtatbestand (§ 249 Abs. 1 StGB) als Alleintäter (§ 25 Abs. 1 Var. 1 StGB) verwirklicht.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Sofern die Voraussetzungen der Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) vorliegen, ist eine wechselseitige Zurechnung der von dem jeweils anderen geleisteten Tatbeiträge möglich.
Ja, in der Tat!
3. Obwohl M1 den M2 über den Taterfolg täuschte, liegt auch eine Strafbarkeit des M2 wegen gemeinschaftlich vollendeter Begehung vor (§§ 249 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB).
Ja!
4. Zur Unterstützung dieses Ergebnisses lässt sich ein Vergleich mit dem hypothetischen Fall einer eigenhändigen Aufgabe der Tat durch M2 anführen.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
moritz
7.11.2023, 21:23:01
im vorherigen Fall war der Mittäter, der sich von der Tat distanziert hat, doch gerade nicht strafbar, da ihm an der
Zueignungsabsichtfehlte.

Gigachad1
13.4.2024, 00:32:16
war da nicht das Problem, dass er keine
Zueignungsabsichtim Moment der
Wegnahmehatte? Hier hat der die noch und wird nur enttäuscht danach was nicht mehr relevant ist

Gruttmann
8.5.2024, 13:16:45
M1 wurde schließlich getäuscht und er selber hatte lediglich
Tatentschluss, aber der subj Tatbestand ist für mich nicht erfüllt. Auch eine Zurechenbarkeit finde ich problematisch, da er es halt nicht wusste, da er getäuscht worden ist..

Gruttmann
8.5.2024, 13:17:37
Habe M1 mit M2 in meinem Thread vertauscht.

Nedjem
8.5.2024, 16:56:18
Hey, maßgeblich ist der
Vorsatzbei Begehung der Tat, vgl. § 16 I 1 StGB. Im Zeitpunkt der
Wegnahmehandelten beide im Rahmen des gemeinsamen Tatplans. Erst danach wird M2 getäuscht; damit ist die Täuschung unbeachtlich. [M1 hat sich aber damit gegenüber M2 wegen Betrugs strafbar gemacht (wenn man dem wirtschaftlichen
Vermögensbegriff- im Gegensatz zum juristisch-ökonomischen
Vermögensbegriff- folgt).]

Gruttmann
8.5.2024, 17:19:37
Okay stimmt, also geht es quasi darum, dass man den Erfolg nie wissentlich wahrgenommen haben muss. Ob man dann getäuscht wurde, oder z.B. bei einer Tötung jemanden von einer Brücke schmeißt, sich dann aber nicht mehr drum kümmert oder interessiert, ob wirklich der Erfolg eingetreten ist, spielt dann auch keine Rolle mehr. Denn wie Du richtig erwähnst es kommt auf den Zeitpunkt „Bei Begehung der Tat“ an. Danke Dir für die Antwort:)

Nedjem
8.5.2024, 18:36:45
gerne :) naja, § 211 oder § 212 sind Erfolgsdelikte; der obj. Deliktstatbestand - Tod eines Menschen - muss schon erfüllt sein, damit wegen
Vollendungbestraft werden kann. Im Raubfall hier wurde der obj. Tb ja auch erfüllt. Aufgrund der Täuschung wurde nur kurz diskutiert, ob der Erfolg dem M2 auch zugerechnet werden kann. Die Zurechnung wurde bejaht, weil sich alles im Rahmen des gemeinsamen Tatplans bewegte.
Hyde
4.6.2024, 15:30:26
Würde ich den Vergleich mit einem hypothetischen Fall auch in der Klausur (Gutachten) anbringen? Oder ist das nur zur Veranschaulichung zum Lernen gedacht?
Rechtsanwalt B. Trüger
16.12.2024, 18:48:21
Grds. sollte man immer vorsichtig sein, wenn man solche Vergleiche bildet. Hier könnte man mMn aber schon anführen, dass es sonst zu Wertungswidersprüchen führen würde. Dabei solltest Du nur gucken, dass Du nicht zu sehr abschweifst und in Bezug auf die Argumentation den Fall nicht aus den Augen verlierst. Es ist ja nicht unbedingt förderlich eine Strafbarkeit zu begründen nur weil es in einer anderen Konstellation so war, wenn Du verstehst was ich meine :) Gegen eine kurze und knappe Darstellung eines möglichen Wertungswiderspruchs spricht hier mMn aber nichts :)