Strafrecht
BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.
Aussetzung, § 221 StGB
Verursachung einer schweren Gesundheitsschädigung (Nr. 2)
Verursachung einer schweren Gesundheitsschädigung (Nr. 2)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Nach einem Barbesuch setzt der Inhaber der Bar die stark alkoholisierte O in ein Taxi. Als sich O übergeben muss, hält Taxifahrerin T an einer abgelegenen Landstraße an. Beim Aussteigen stürzt O und fällt in ein Schlammloch. T weigert sich die O in der nassen und verdreckten Kleidung weiter mitzunehmen und lässt sie bei Temperaturen um den Gefrierpunkt zurück. O irrt umher und wird von einem Autofahrer auf der Landstraße erfasst. Dabei erleidet sie eine Querschnittslähmung.
Diesen Fall lösen 91,2 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat den Grundtatbestand der Aussetzung objektiv (§ 221 Abs. 1 Nr. 2 StGB) erfüllt, indem sie die O zurückließ.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Bei § 221 Abs. 2 Nr. 2 StGB handelt es sich um eine Erfolgsqualifikation.
Ja!
3. O erlitt eine "schwere Gesundheitsschädigung" (§ 221 Abs. 2 Nr. 2 StGB).
Genau, so ist das!
4. Zwischen dem Grunddelikt und der Erfolgsqualifikation besteht ein gefahrspezifischer Zusammenhang.
Ja, in der Tat!
5. T hat die qualifizierende Folge "wenigstens fahrlässig" (§ 18 StGB) herbeigeführt.
Ja!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Cosmonaut
21.1.2024, 18:22:31
Hi, in der Subsumtion liegt ein kleiner Fehler: Ihr schreibt „mithin hat es T billigend in Kauf genommen … und handelte somit mindestens fahrlässig“. Das schließt sich gegenseitig aus, da die Billigungstheorie nach der hM ja bereits für eine Annahme des Vorsatzes ausreicht und Vorsatz und Fahrlässigkeit zueinander im Aliud-Verhältnis stehen. Korrekt wäre daher (in extenso) zu subsumieren: „T könnte jedoch sorgfaltswidrig gehandelt haben, als er die O im stark angetrunkenen Zustand mitten in der Nacht mit nasser Kleidung in Straßennähe zurückließ. Ein Geschehensverlauf, welcher sich zuungunsten der betrunkenen O auswirken würde, war für einen besonnenen und gewissenhaften Menschen in der Situation des T naheliegend und wahrscheinlich und damit vorhersehbar; nicht zuletzt infolge seiner vertraglichen Beförderungspflichten gegenüber dem Barinhaber handelte T damit also objektiv fahrlässig. Im Bereich der Schuld wäre dann noch zu ergänzen: „T, der als Taxifahrer auch betrunkene Kundschaft gewohnt ist, war auch nach dem Maß seines individuellen Könnens zur Erfüllung dieser Sorgfaltsanforderungen fähig (subjektive Sorgfaltspflichtwidrigkeit)“. LG C
Timurso
8.7.2024, 12:41:46
Die Lösung meint imo, dass sie es billigend in Kauf genommen hat, mithin vorsätzlich handelte, was die Voraussetzung "mindestens fahrlässig" erfüllt. Wie man bei dem Sachverhalt auf Vorsatz kommt, weiß ich aber auch nicht. Da steht nichts drin zur subjektiven Seite.
Dogu
7.7.2024, 15:32:46
Liegt hier nicht schon auch § 221 I Nr. 1 StGB vor?
Timurso
8.7.2024, 12:39:10
Ich würde sagen nein, mit der Begründung, dass O bereits in einer hilflosen Lage war, nachdem sie stark alkoholisiert und nass war. Die hilflose Lage wurde insofern nicht von T hervorgerufen.