Sachbefugnis: Kläger ist Vollstreckungsschuldner und Beklagter ist Vollstreckungsgläubiger


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G verklagt S erfolgreich auf Zahlung von €1.000. Er lässt sich eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils erteilen. Anschließend tritt er die Forderung an D ab. S weiß von der Abtretung nichts und zahlt an G. G und D kündigen gegenüber S an, vollstrecken zu wollen.

Einordnung des Falls

Sachbefugnis: Kläger ist Vollstreckungsschuldner und Beklagter ist Vollstreckungsgläubiger

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eine Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) des S gegen G ist zulässig.

Genau, so ist das!

Die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) ist unter folgenden, stets zu prüfenden Voraussetzungen zulässig: (1) Statthaftigkeit, (2) Zuständigkeit des Gerichts, (3) Rechtsschutzbedürfnis. S wendet sich gegen eine Vollstreckung durch G mit dem Argument, dass G infolge der Abtretung nicht mehr der Anspruchsinhaber ist. Die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) ist statthaft, weil dies eine materiell-rechtliche Einwendung gegen den titulierten Anspruch darstellt. Zuständig ist das Prozessgericht des ersten Rechtszugs (§§ 767 Abs. 1, 802 ZPO). S hat auch ein Rechtsschutzbedürfnis: Es droht die Zwangsvollstreckung durch G, weil G die vollstreckbare Ausfertigung besitzt.

2. Eine Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) des S gegen D ist zulässig.

Ja, in der Tat!

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) lauten: (1) Statthaftigkeit, (2) Zuständigkeit des Gerichts, (3) Rechtsschutzbedürfnis. S wendet sich gegen eine Vollstreckung durch D mit der materiell-rechtlichen Einwendung der Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB). Die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) ist statthaft. S hat auch ein Rechtsschutzbedürfnis: Es droht die Zwangsvollstreckung, da D die Vollstreckung ausdrücklich angekündigt hat.

3. Die Vollstreckungsabwehrklage des S gegen G ist begründet, wenn S und G sachbefugt sind und dem S die geltend gemachte Einwendung zusteht.

Nein!

Die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) ist begründet, wenn (1) die Sachbefugnis vorliegt, (2) dem Kläger eine materiell-rechtliche Einwendung gegen den titulierten Anspruch zusteht und (3) diese nicht präkludiert (§ 767 Abs. 2 ZPO) ist. Durch die Abtretung ist G tatsächlich nicht mehr Inhaber der Forderung. Die behauptete Einwendung, G sei nicht (mehr) Inhaber einer Forderung gegen S, steht dem S daher zu. Da die Abtretung erst nach dem Urteil erfolgt ist, ist S mit der Einwendung auch nicht präkludiert (§ 767 Abs. 2 ZPO). Die Klage ist aber nur dann begründet, wenn S und G auch sachbefugt sind.

4. G ist trotz der erfolgten Abtretung sachbefugt.

Genau, so ist das!

Die Sachbefugnis besteht grundsätzlich, wenn der Kläger Vollstreckungsschuldner und der Beklagte Vollstreckungsgläubiger ist. S ist als unterlegene Partei des Erkenntnisverfahrens Vollstreckungsschuldner. G verliert durch die Abtretung seine Gläubigerstellung. Er bleibt jedoch sachbefugt, wenn er - wie hier - trotz der Abtretung weiterhin die vollstreckbare Ausfertigung des Titels in den Händen hält und die Vollstreckung androht. Die Sachbefugnis entspricht der Prozessführungsbefugnis, wird aber nach herrschender Meinung bei der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) erst in der Begründetheit geprüft.

5. Auch D ist sachbefugt, wenn S gegen ihn klagt (§ 767 ZPO).

Ja, in der Tat!

Für die Begründetheit der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) gelten folgende Voraussetzungen: (1) Sachbefugnis, (2) dem Schuldner steht die Einwendung zu (§ 767 Abs. 1 ZPO), (3) keine Präklusion (§ 767 Abs. 2 ZPO). D ist sachbefugt, wenn er Vollstreckungsgläubiger ist. Das ist er formal (noch) nicht, denn der Titel bzw. die vollstreckbare Ausfertigung führt ihn nach der Abtretung nicht automatisch als Vollstreckungsgläubiger auf. Er ist als Zessionar dennoch sachbefugt, wenn er die Vollstreckung androht und die Voraussetzungen für eine Titelumschreibung (§ 727 Abs. 1 ZPO) vorliegen. Das ist bei einer wirksamen Abtretung des ursprünglichen Vollstreckungsgläubigers an D der Fall.

6. Die Klage gegen D ist unbegründet. S hat an den Falschen gezahlt.

Nein!

Die Klage ist begründet, wenn dem Schuldner die behauptete Einwendung zusteht. Die Einwendung, den Anspruch erfüllt zu haben (§ 362 Abs. 1 BGB), kann S auch gegenüber D geltend machen. Denn D muss die Zahlung des S an den alten Gläubiger G gegen sich gelten lassen, wenn S - wie hier - von der Abtretung zum Zeitpunkt der Zahlung nichts wusste (§ 407 Abs. 1 BGB). Der Anspruch des D gegen S ist also tatsächlich durch Erfüllung untergegangen, sodass dem S die geltend gemachte Einwendung gegen D zusteht und die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) gegen ihn begründet ist.

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