Referendariat

Die ZVR-Klausur

Vollstreckungsabwehrklage, § 767 ZPO

Sachbefugnis: Prozessstandschaft (Miterbe wehrt sich gegen Vollstreckung in einen Nachlassgegenstand)

Sachbefugnis: Prozessstandschaft (Miterbe wehrt sich gegen Vollstreckung in einen Nachlassgegenstand)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Miterben S und E erben einen Porsche. Bank G möchte den Porsche wegen angeblich nicht gezahlter €50.000 auf Grundlage einer notariellen Vollstreckungsunterwerfung pfänden. E ist das egal. S meint, die Schulden seien beglichen worden und will gegen die Vollstreckung vorgehen.

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Einordnung des Falls

Sachbefugnis: Prozessstandschaft (Miterbe wehrt sich gegen Vollstreckung in einen Nachlassgegenstand)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Statthafter Rechtsbehelf für S ist die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO).

Genau, so ist das!

Die Vollstreckungsabwehrklage ist statthaft (§ 767 Abs. 1 ZPO), wenn der Kläger als Schuldner des Vollstreckungsverfahrens gegen den Beklagten als Vollstreckungsgläubiger materiell-rechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch erhebt. Der (vermeintlich noch bestehende) Anspruch der G gegen S und E auf Zahlung von €50.000 ist durch die notarielle Urkunde mit Vollstreckungsunterwerfung (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) tituliert. Gegen diesen titulierten Anspruch erhebt S die materiell-rechtliche Einwendung der Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB).
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2. S kann die Vollstreckungsabwehrklage nur gemeinsam mit E erheben.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) ist begründet, wenn (1) die Sachbefugnis vorliegt, (2) dem Kläger eine materiell-rechtliche Einwendung gegen den titulierten Anspruch zusteht und (3) diese nicht präkludiert (§ 767 Abs. 2 ZPO) ist. Die Sachbefugnis entspricht der Prozessführungsbefugnis, wird aber nach herrschender Meinung bei Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) erst in der Begründetheit geprüft. Die hier in Frage kommende (gesetzliche) Prozessstandschaft prüft der BGH in der Zulässigkeit. Miterben dürfen über Nachlassgegenstände nur gemeinsam verfügen (§ 2040 BGB). S ist dennoch auch ohne Mitwirkung des Miterben E gesetzlich prozessführungsbefugt, wenn er sich - wie hier - gegen die Vollstreckung in einen Nachlassgegenstand wehrt (§ 2039 S. 1 BGB). Er kann daher auch ohne Mitwirkung des E gegen G klagen (§ 767 ZPO) und so gegen die Pfändung des Porsches vorgehen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TeamRahad 🧞

TeamRahad 🧞

25.7.2020, 09:11:25

Hallo, inwiefern ergibt sich die Prozessführungsbefugnis aus § 2039 S. 1 BGB ?

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

31.7.2020, 13:12:25

Hallo TeamRahad, danke für die Frage. § 2039 S. 1 berechtigt jeden Miterben, zum Nachlass gehörende Ansprüche in gesetzlicher Prozessstandschaft und damit in eigenem Namen für die Erbengemeinschaft klageweise geltend zu machen. (Palandt, 74. Aufl, § 2039 Rn. 6). Aus BGH NJW 2006, 1969 folgt, dass dies auch für eine

Vollstreckungsabwehrklage

gilt, die der Sicherung des Anspruchs aus der Miterbengemeinschaft dient.

EVA

evanici

9.9.2023, 13:10:41

Wäre das dann nicht eigentlich eine analoge Anwendung von § 2039 S. 1?

Haughty Onion

Haughty Onion

28.1.2024, 21:32:24

Sehr weite und kreative Interpretation des Wortlauts meiner Meinung nach, aber gut, wenns im Palandt steht nehmen wir es hin :D

SDEE

SDee

29.2.2024, 15:29:41

Der Sachverhalt ist m. E. nicht ganz klar, weil unklar ist, ob die Forderung der Bank auch dem Nachlass entstammt, oder nicht und wer genau sich unterworfen hat. Bitte präzisieren!


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