Nicken als Willenserklärung - Normalfall zum äußeren Tatbestand der Willenserklärung


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Eine Frau bietet einer anderen Frau ihren Diamantring für €200 zum Kauf an.

A ist Eigentümerin eines Rings. Sie fragt B, ob diese ihr den Ring für €200 abkaufen möchte. B nickt.

Einordnung des Falls

Der äußere Tatbestand einer Willenserklärung bezieht sich auf die sichtbare, äußere Handlung einer Person, die darauf abzielt, eine rechtliche Wirkung zu erzielen. Es handelt sich um den objektiven, beobachtbaren Teil einer Willenserklärung. Im Allgemeinen wird der äußere Tatbestand durch eine ausdrückliche Erklärung (z.B. eine schriftliche oder mündliche Aussage) oder eine konkludente Handlung (eine Handlung, die eine stillschweigende Erklärung enthält) gebildet. Beispielsweise könnte das Ausfüllen und Unterschreiben eines Vertrags als äußerer Tatbestand einer Willenserklärung angesehen werden. Der äußere Tatbestand muss in der Regel in Verbindung mit dem inneren Tatbestand (dem tatsächlichen Willen der handelnden Person, eine rechtliche Wirkung zu erzielen) betrachtet werden, um die Gültigkeit einer Willenserklärung zu bestimmen.

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der äußere Tatbestand der Willenserklärung besteht in einem Verhalten, das sich aus der Sicht eines objektiven Betrachters als Äußerung eines auf die Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge gerichteten Willens darstellt.

Genau, so ist das!

Die Willenserklärung besteht aus zwei Elementen: dem inneren Willen (subjektive Seite) und der Äußerung des Willens (objektive Seite). Der objektive Tatbestand einer Willenserklärung liegt in einem äußerlich erkennbaren Verhalten, das auf das Vorliegen eines Handlungswillens, eines Erklärungsbewusstseins und eines Geschäftswillen schließen lässt. Das Erklärungsbewusstsein wird im Rahmen des objektiven Tatbestands Rechtsbindungswille genannt.

2. Lässt B's Verhalten auf das Vorliegen eines Handlungswillens schließen?

Ja, in der Tat!

Ein Handlungswille im Rahmen des objektiven Tatbestands liegt vor, sofern das Verhalten aus Sicht eines Dritten als willensgesteuerte Handlung erscheint. Er fehlt, wenn der Erklärende erkennbar im Schlaf oder in Hypnose spricht oder bei bloßen Reflexbewegungen.Hier spricht das Verhalten der B (Nicken) dafür, dass sie bewusst und gewollt gehandelt (genickt) hat.

3. Lässt B's Verhalten auf das Vorliegen eines Erklärungsbewusstseins schließen? D.h. hatte B Rechtsbindungswillen?

Ja!

Ein Rechtsbindungswille im Rahmen des objektiven Tatbestands liegt vor, wenn der Erklärende sich aus Sicht eines Dritten in irgendeiner Weise rechtlich erheblich erklären will. Er fehlt bei Gefälligkeiten und der sog. invitatio ad offerendum. Der Wille kann ausdrücklich oder konkludent (durch schlüssiges Verhalten) erklärt werden. Nach allgemeinem Brauch bedeutet ein Nicken Zustimmung.Hier spricht das Verhalten der B (Nicken) auf das Verkaufsangebot der A dafür, dass B sich rechtlich erklären und ein Rechtsverhältnis begründen wollte (Annahme eines Kaufangebots).

4. Lässt B's Verhalten auf das Vorliegen eines Geschäftswillens schließen?

Genau, so ist das!

Der Geschäftswille im Rahmen des objektiven Tatbestands liegt vor, wenn der Erklärende aus objektiver Sicht die Herbeiführung einer ganz bestimmten Rechtsfolge beabsichtigt.Bs Nicken lässt darauf schließen, dass sie den Ring für €200 kaufen wollte.

Prüfungsschema

Welche subjektiven und objektiven Elemente unterscheidet man beim Tatbestand einer Willenserklärung?

  1. Subjektiver (innerer) Tatbestand
    1. Subjektiver Handlungswille
    2. Erklärungsbewusstsein
    3. Subjektiver Geschäftswille
  2. Objektiver (äußerer) Tatbestand
    1. Objektiver Handlungswille
    2. Rechtsbindungswille
    3. Objektiver Geschäftswille

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CH

Chrissy

30.4.2020, 14:11:43

Hallo, Wieso wird hier der Geschäftswille als objektiver Tatbestand betitelt, wenn dieser doch schon die dritte Komponente iRd subjektiven TB bildet und der objektive Tatbestand eigentlich der Rechtsbildungswille ist?

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

2.5.2020, 09:10:17

Hi Chrissy, 1) Beim inneren Tatbestand der Willenserklärung unterscheidet man drei Kategorien: a)

Handlungswille

(erforderlich für eine WE) b) Erklärungsbewusstsein (str., ob erforderlich für eine WE oder nur Anfechtbarkeit) c) Geschäftswille (nicht erforderlich für eine WE) 2) Beim äußeren Tatbestand unterscheidet man: a) äußerlich erkennbares Verhalten, das auf einen

Handlungswille

n schließen lässt b) äußerlich erkennbares Verhalten, das auf ein Erklärungsbewusstsein schließen lässt (=Rechtsbindungswille) c) äußerlich erkennbares Verhalten, das auf einen Geschäftswillen schließen lässt Lieben Gruß, - Christian, für das Jurafuchs-Team

S.

s.t.

2.9.2021, 13:52:23

Hallo, ist es dann generell immer sinnvoll erst den Subjektive Tb und dann den obj. Tb zu prüfen?

BL

Blotgrim

6.1.2024, 11:02:25

Ich denke das kann man an sich frei entscheiden, ich würde da halt sofern man im einen Punkt aus der Prüfung fliegt klausurtaktisch vorgehen

LAW

Law_yal_life

18.9.2023, 13:11:43

Der Geschäftswille wird auf sowohl obj. als auch subj. Ebene relevant oder? Manche Lehrbücher/ sCHEMATA sehen das nur beim subj. TB vor. Aber für mich macht es auch sinn das auf beiden Ebenen zu betrachten- Das ist doch der Wille das konkret vorliegende Geschäft tatsächlich zu wollen? Beim obj. TB fragen wir uns dann, ob er aus Empfänger Sicht mit Geschäftswillen gehandelt hat? Und beim subj. TB, ob er tatsächlich Willen zum konkreten Geschäft hatte oder?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

28.9.2023, 15:29:54

Hallo PrädikatKandidat, danke für deine Frage. Tatsächlich kommt es auf der äußeren Ebene primär auf das Vorliegen eines Rechtsbindungswillens an. Der Wille zum konkreten Geschäft ist für das Vorliegen einer rechtserheblichen Willenserklärung nicht relevant. Auch wenn es den natürlich spiegelbildlich auch auf der äußeren Ebene des Tatbestands gibt, wird er daher nicht geprüft beim Vorliegen einer Willenserklärung und taucht daher nicht in allen Schemata auf. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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