Schema: Tatbestand einer Willenserklärung
Welche subjektiven und objektiven Elemente unterscheidet man beim Tatbestand einer Willenserklärung?
Subjektiver (innerer) Tatbestand
Subjektiver Handlungswille
Erklärungsbewusstsein
Subjektiver Geschäftswille
Objektiver (äußerer) Tatbestand
Objektiver Handlungswille
Rechtsbindungswille
Objektiver Geschäftswille
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
SKG
24.7.2020, 10:13:38
Wieso ist der Aufbau so fest und kann nicht in den subjektiven / objektiven TB in der Reihenfolge variiert werden?
Eigentum verpflichtet 🏔️
24.7.2020, 17:12:23
Hallo SKG, ich sehe den Aufbau nicht als wirklich fest an, sicherlich ist es nicht falsch zunächst den objektiven Tatbestand zu prüfen. Jedoch könntest du dir so möglicherweise wenig prüfungstaktisch Probleme abschneiden, die mit der Theorie der
Erklärungsfahrlässigkeitzu tun haben. Denn wenn du zunächst den OT prüfst und da alle Punkte bejahst und anschließend nur noch feststellst, dass der Erklärende auch Handlungsbewusstsein hat, dann hast du nach der h.M. schon eine vollständige WE. Allerdings ist das nun schon sehr spitzfindig, denn du könntest anschließend ja trotzdem noch (fehlendes) Erklärungsbewusstsein und
Geschäftswilleansprechen. Bleibt festzuhalten, wirklich wichtig ist nur, dass du keinen der Punkte vergisst. Und die Abstufung innerhalb des ST bzw. innerhalb des OT.
dC20
7.8.2020, 10:07:14
@ Eigentum verpflichtet: Ich hätte SKG eher so verstanden, dass innerhalb der subjektiven bzw. des objektiven TB die Prüfungsreihenfolge variiert werden könnte. Nicht zwingend, dass subj. und obj. TB in einer anderen Reihenfolge geprüft werden soll... Aber im Grunde verstehe ich deine Antwort und innerhalb der einzelnen TB sollte man auf möglichst Sachverhaltsprobleme achten, die man sich nicht unnötig abschneiden sollte.
Fahrradfischlein
4.9.2020, 14:56:59
Ich finde gerade nicht dass man die einzelnen Punkte innerhalb von der Prüfungsreihenfolge variieren kann. Schließlich hat man
Handlungswillen fast immer,
Geschäftswilleist dagegen meiner Ansicht nach der "speziellste" Prüfungspunkt. Darüber hinaus kannte ich es aber so, dass zuerst objektiv und dann subjektiv zu prüfen ist. Aber dazu gabs js schon eine Erläuterung 👍🏼
Isabell
11.11.2020, 09:06:40
Nachdem ich gefühlt jetzt hundert Mal erst den objektiven und dann den subjektiven Tatbestand angeordnet habe, habe ich spaßeshalber mal in meine Erstsemester-Unterlagen geschaut. Bei uns wurde das wie bei Fahrradfischlein gelehrt. Dabei finde ich die Herleitung von Eigentum verpflichtet um ein Vielfaches einleuchtender. Manchmal wundert man sich schon, wo bestimmte Unterschiede herkommen.
Jean-Pierre
26.8.2020, 14:48:34
Ich finde es nicht schlüssig, den obj TB der WE so aufzuteilen und finde es an den Harren herbeigezogen. Es reicht aus, dass durch die Handlung erkennbar ist, dass ein Rechtsgeschäft geschaffen werden soll. Daher ist es auch irrelevant, ob ich dies zB einem
Handlungswillen zuordne. Es ist ja bei einem Reflex offensichtlich, dass kein Rechtsgeschäft abgeschlossen werden soll, womit auch keine WE besteht. Falls dies strittig ist, kann dies im subjektiven TB erläutert werden, wo auch der Wille des Erklärenden erläutert werden soll.
Fahrradfischlein
4.9.2020, 15:00:04
Das ist alles andere als an den Haaren herbei gezogen. Gerade bei der WE schludern viele (weil sie meinen dass es ja sowieso klar und einfach sei) und es ist wichtig, hier systematisch aufzubauen. Man spricht es in der Breite allerdings nur an wenn dort ein Problem ist.
Jean-Pierre
4.9.2020, 15:38:20
Bitte nenn mir die Probleme, wo ich den objektiven Tatbestand so darstellen muss. Also wann brauche ich diese Tatbestandsmerkmale für die Rechtsfolge: Objektive Willenserklärung.
Fahrradfischlein
4.9.2020, 20:24:42
Immer dann wenn die Willenserklärung ein Problem darstellt. Da gibt es hier diverse Fälle mit einem solchen Problemkreis.
DerErsteSchwarzeKanzler
20.1.2021, 20:22:48
Für den Fall das kein Rechtsbindungswille vorliegt, ist es doch garnicht möglich nach diesem Schema bis zum Rechtsbindungswillen zu kommen, weil der Mangel des fehlenden Rechtsbindungswillens doch das vorliegen des (potentiellen) Erklärungsbewusstseins ausschließt. Falls doch, hätte jmd. ein Bsp.? Der Erklärende müsste dann mindestens hätte erkennen können, während der Empfänger darauf vertraut, dass seine Erklärung ein Angebot darstellt, obwohl dieses objektiv nur eine i.a.o. ist. Das steht im Widerspruch zum Vertrauen des Empfängers beim potentiellen Erklärungsbewusstsein, weil er eben objektiv das Erklärungszeichen verstehen muss.
Eigentum verpflichtet 🏔️
21.1.2021, 15:16:05
Also, es sind (hypothetische) Konstellationen denkbar, bei denen der subjektive Tatbestand der Willenserklärung vorliegt, aber nicht der objektive. Bspw: Die Erklärende möchte durch ein Verhalten, das nach dem
objektiven Empfängerhorizontkeine rechtserhebliche Erklärung darstellt, etwas rechtlich erklären. Etwa durch Einwurf einer Glückwunschkarte will die Erklärende erklären, dass sie mit dem Empfänger einen Kaufvertrag über einen Geburtstagskuchen abschließen will, obwohl das für den Empfänger nicht ersichtlich ist. Darüber hinaus darf man das Schema nicht so verstehen, dass man die Prüfung beendet, wenn man einen der Punkte verneint. Denn subjektiven
Geschäftswillebraucht die Erklärende ja unstreitig nicht zur wirksamen Abgabe einer Willenserklärung.
Eigentum verpflichtet 🏔️
21.1.2021, 15:18:36
Anders natürlich beim subjektiven
Handlungswillen. Der wird unstreitig gebraucht. Wird dieser verneint ist eine weitere Prüfung der übrigen Voraussetzungen nicht sinnvoll.
KathaM
12.9.2022, 14:44:55
Hallo :) ich frage mich was der Unterscheid zwischen dem Erklärungsbewusstsein und dem Rechtsbindungswillen ist ? Ich kannte die Begriffe bisher nur als Synonyme.
Nora Mommsen
13.9.2022, 11:49:38
Hallo KathaM, bei der Beurteilung von Willenserklärungen sind der innere und der äußere Erklärungstatbestand zu betrachen. Während der innere Erklärungstatbestand die tatsächliche Lage beim Erklärenden beschreibt, ist der äußere Erklärungstatbestand was ein objektiver Beobachter vernünftigerweise annehmen durfte. Dabei besteht der innere Erklärungstatbestand aus
Handlungswille, (potentiellem) Erklärungsbewusstsein und
Geschäftswille. Jedes dieser Elemente hat ein Pendant im äußeren Erklärungstatbestand. Das spiegelbildliche Element des Erklärungsbewusstseins ist der Rechtsbindungswille. Erklärungsbewusstsein hat, wer irgendeine rechtserhebliche Erklärung abgegeben wollte; potentielles Erklärungsbewusstsein hat, wer bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass sein Handeln als rechtserheblich verstanden werden wird. Rechtsbindungswille liegt vor, wenn aus dem
objektiven Empfängerhorizontdie Erklärung so verstanden werden darf, dass eine rechtserhebliche Erklärung abgegeben wurde. Die beiden Begriffe stehen also spiegelbildich zueinander, sind aber nicht synonm zu verstehen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
QueerSocialistLawyer
1.10.2024, 10:45:48
Danke für die tolle Übersicht. Ich fände es noch besser wenn man unter den Prüfungspunkten auch die Definitionen sieht, damit sich die Bedeutung des Schemas besser einprägt.
Christian Leupold-Wendling
2.10.2024, 09:03:20
Hallo QueerSocialistLawyer, vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Christian Leupold-Wendling, für das Jurafuchs-Team
Lars
8.11.2024, 11:11:04