Zivilrecht
Werkrecht
Pflichten von Unternehmer und Besteller
Pflichten des Bestellers: 4. Mitwirkungsobliegenheit
Pflichten des Bestellers: 4. Mitwirkungsobliegenheit
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die adelige B möchte sich von Künstlerin U ein Ölporträt anfertigen lassen. Sie machen einen Termin im Atelier aus. U träumt davon, sich mit dem Porträt im Schloss der B verewigen zu können. Vor dem Termin bekommt B einen Hautausschlag. U wartet vergebens, B taucht nicht auf.
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Einordnung des Falls
Pflichten des Bestellers: 4. Mitwirkungsobliegenheit
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. U hat ein Recht darauf, B zu porträtieren. U kann deswegen aus dem Werkvertrag verlangen, dass B zu dem Termin erscheint.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Weil B nicht auftaucht, könnte U angemessene Entschädigung verlangen (§ 642 Abs. 1 BGB). Dies setzt voraus, dass B eine Handlung vornehmen muss und sich mit dieser im Verzug befindet.
Genau, so ist das!
3. B ist dadurch in Annahmeverzug gekommen, dass sie nicht zum Termin erschien.
Ja, in der Tat!
4. U hat einen Anspruch auf angemessene Entschädigung.
Ja!
5. B hat durch den Werkvertrag die Pflicht, zum Termin zu erscheinen.
Nein, das ist nicht der Fall!
6. B hat durch den Werkvertrag die Obliegenheit, zum Termin zu erscheinen.
Ja, in der Tat!
7. U hat zudem einen Anspruch auf Schadensersatz, weil B nicht zum Termin erschienen ist.
Nein!
8. B muss die Entschädigung nicht zahlen, weil sie für den Hautausschlag nichts kann.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
s.t.
5.9.2021, 18:13:48
Das ist iwie komisch... Einerseits hat man keinen Anspruch auf SE, weil 642 eine
Obliegenheitdarstellt, andererseits doch weil man bei Untwrlassen im Annahmeverzug ist ?
Artur
18.10.2021, 22:28:08
Ja, aber der Schadensersatz könnte ja grds. weiter sein
CanDMRCV
2.6.2022, 11:51:48
Lukas_Mengestu
3.6.2022, 16:48:52
Hallo CanDMRCV, vielen Dank für die Nachfrage. § 2
97 BGBpasst hier nicht, da dies gerade den umgekehrten Fall betrifft. Hier müsste der Schuldner außerstande sein, die Leistung zu bewirken, sodass der Gläubiger nicht in Annahmeverzug gerät. Hier wäre es für U aber durchaus möglich gewesen, seine Werkleistung anzubieten. Allerdings hat B als Gläubigerin der Werkleistung diese nicht abgenommen. Ist es so klar geworden? Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
CanDMRCV
3.6.2022, 19:20:02
Danke für die Ausführungen! :)
nadineundercover
18.2.2023, 22:11:24
Der B kommt in Verzug, indem er nicht zum Termin erschienen ist. Was passiert denn, wenn die Entschädigung nach Abs. 2 gezahlt wurde? Was genau passiert denn mit dem Vertrag? Bleibt er bestehen oder ist er durch die Entschädigung „erfüllt“? Und wie verhält sich § 642 Abs. 2 zu § 643? Es steht jan nicht geschrieben, dass der Unternehmer kündigen muss, sondern dass er die Berechtigung hat. :O
Timurso
19.2.2023, 16:45:54
Eben weil § 643 BGB nur die Berechtigung zur Kündigung gibt, ist relativ eindeutig, dass der Vertrag weiter bestehen bleibt. Der Besteller hat grundsätzlich weiter einen Anspruch auf Erstellung des Werkes. Erst, wenn der Unternehmer tatsächlich gem. § 643 BGB kündigt und der Besteller auch die Frist verstreichen lässt, endigt der Vertrag. Ansonsten stehen Entschädigungsanspruch und Erfüllungsanspruch nebeneinander.
Julian
23.11.2023, 09:34:04
Handelt es sich bei § 642 BGB nach der Rechtsprechung nicht um eine
Obliegenheitund zugleich um eine Verpflichtung, sodass der Unternehmer bei Verweigerung der Mitwirkung durch den Besteller einen Schadensersatz Anspruch gemäß §§ 280 I u. III, 281 BGB hat?
Nora Mommsen
24.11.2023, 13:42:38
Hallo Julian, danke für deine Nachfrage! Wie in der Aufgabe ausgeführt handelt es sich um eine
Obliegenheit. Dies zeigt sich auch daraus, dass der Hersteller einen Anspruch auf angemessene Entschädigung hat bei Verzug der Mitwirkungshandlung. Es besteht aber keinerlei Anspruch auf Vornahme der Mitwirkungshandlung. Dies spricht für einen klaren gesetzgeberischen Willen. Anders ist es, wenn die Parteien abweichendes vereinbart haben. Den Parteien steht es frei, die Mitwirkungshandlung als Vertragspflicht auszugestalten, auf die ein einklagbarer Anspruch besteht. Möglich ist auch, dass die
Obliegenheiteine Treuepflicht darstellt, deren Verletzung Schadensersatzansprüche begründen kann. Es ist eine Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen im Einzelfall erforderlich, §§ 133, 157 BGB. Vertiefend dazu: MüKoBGB/Busche, 9. Aufl. 2023, BGB § 642 Rn. 22 ff. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
L.Goldstyn
21.7.2024, 22:16:06
Ich habe eine womöglich etwas dämliche Frage zur Frage 2 („Weil B nicht auftaucht, könnte U angemessene Entschädigung verlangen (§ 642 Abs. 1 BGB). Dies setzt voraus, dass B eine Handlung vornehmen muss und sich mit dieser im Verzug befindet.“). Ich hatte hier „Stimmt nicht“ ausgewählt, weil ich mir dachte, dass sich B doch nicht mit der Handlung im Verzug befinden müsse, sondern gemäß des Wortlauts von § 642 Abs. 1 BGB) mit der „Annahme“. Ist die „Annahme“ hier die Mitwirkungshandlung?
0815jurafuchs
3.8.2024, 12:47:44
Hallo L.Goldstyn, genaugenommen führt das Unterlassen der vorzunehmenden Handlung hier zum Verzug. Nimmt B daher die ihm obliegende Handlung vor, nimmt er die angebotene Leistung an, so dass eine Annahme vorliegt. Im Ergebnis und verkürzt gesprochen ist es dann m. E. wie du schreibst richtig, dass in der Miwirkungshandlung die Annahme liegt.