Zivilrecht
Sachenrecht
Negatorischer Abwehr- und Unterlassungsanspruch
Rüttelgerät – nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch aufgrund faktischen Duldungszwangs
Rüttelgerät – nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch aufgrund faktischen Duldungszwangs
20. Mai 2025
8 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

A will unter ihrem Supermarkt eine Tiefgarage bauen. Im Rahmen der Bauarbeiten wird ein Rüttelgerät genutzt. Dieses erzeugt Bodenerschütterungen, die unmittelbar das Haus der Nachbarin N beschädigen. Dies hätte einfach und günstig verhindert werden können.
Diesen Fall lösen 0,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Rüttelgerät – nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch aufgrund faktischen Duldungszwangs
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Traf N bezüglich der Bauarbeiten mit dem Rüttelgerät eine nachbarrechtliche Duldungspflicht nach § 906 BGB?
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Liegen damit auch die Voraussetzungen des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs vor (§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB)?
Nein, das trifft nicht zu!
3. Es kommt eine analoge Anwendung des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs (§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB) in Betracht.
Ja!
4. N war es aus tatsächlichen Gründen nicht möglich, den Abwehranspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB geltend zu machen.
Genau, so ist das!
5. Sind die durch die Erschütterung verursachten Schäden für N zumutbar?
Nein, das trifft nicht zu!
6. N kann von A einen angemessenen Ausgleich für die Schädigung verlangen gem. § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Juraddicted
10.1.2025, 12:54:05
In dem verlinkten Urteil steht auf S. 9 etwas zu 909 iVm
823 II BGB. Heißt das, dass 909 generell bei Immissionen nicht anwendbar ist? Kann es überhaupt eine Vertiefung (bzw.
Schadens ohne Immissionen (zB Rütteln, Stöße, Schwingungen) geben? vielen Dank :)

Major Tom(as)
12.5.2025, 16:14:16
Hey, ich hab mir mal das Urteil aus 1966 durchgelesen, auf das auf S. 9 verwiesen wird und ich hätte es genauso verstanden, wie du es auch schreibst. §§
823 II, 909 BGB umfasst nur Schäden, die durch die Vertiefung selbst und nicht die Bauarbeiten "zur Vertiefung" geschehen sind - mithin also nicht die Immissionen. Findet sich nicht kurz und knapp in dem Urteil, aber sinngemäß, vgl. hier: Es wird festgestellt, dass eine "(taugliche Einwirkung im Sinne des § 909 BGB) nur (...) die Verschiebung der Spundwand (...) gewesen wäre. (...) Das Einrammen (dieser) stellte sich auch nicht etwa als einen Teil der Vertiefung selbst dar, wie dies für eine Grundwasserentnahme angenommen wird. Die durch das Einrammen ausgelösten Bodenerschütterungen sind daher keine Folgen der Vertiefung." (hier: https://beck-online.beck.de/Dokument?vpath=bibdata%2Fents%2Fbeckrs%2F1966%2Fcont%2Fbeckrs.1966.30393218.htm&pos=2&hlwords=on)
QueerSocialistLawyer
8.2.2025, 17:07:37
Kann nochmal kurz wiederholt werden wieso § 823 I BGB, der ja vorrangig ist nicht einschlägig ist? Eine Verletzung des Eigentums ist ja erfolgt. Das ist auch rechtswidrig und
schuldhaft passiert.
Leo Lee
13.2.2025, 08:18:32
Hallo QueerSocialistLawyer, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Du hast völlig Recht damit, dass man in einer umfassenden Prüfung auch den 823 I ansprechen müsste. Wir haben allerdings bei Jurafuchs die verschiedenen Thematiken so weit es geht unterteilt, um ein Thema auf einmal abzufrühstücken. Für den 823 I bzgl. des Eigentums haben wir selbstverständlich eine eigene Einheit (findest du bei Entdecken --> Deliktsrecht --> 823 I --> Rechtsgutsverletzung: Freiheit und Eigentum). Wir bitten dich soweit um Verständnis und wünschen dir viel Spaß bei Bearbeitung der Einheiten :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo