Zivilrecht
Sachenrecht
Negatorischer Abwehr- und Unterlassungsanspruch
Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch – Faktischer Duldungszwang wegen tatsächlicher Unmöglichkeit (§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog)
Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch – Faktischer Duldungszwang wegen tatsächlicher Unmöglichkeit (§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
E ist Eigentümerin einer Produktionshalle. Auf dem angrenzenden Nachbargrundstück der N möchte N Parkplätze errichten. Dafür lässt N durch Bauarbeiterin B einen zu tiefen Graben an der Grundstücksgrenze graben. Infolgedessen stürzt die Produktionshalle ein.
Diesen Fall lösen 71,8 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch – Faktischer Duldungszwang wegen tatsächlicher Unmöglichkeit (§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Besteht ein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 823 Abs. 2 iVm 909 BGB gegen N?
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Aushebung des Grabens stellt eine rechtswidrige Beeinträchtigung dar (§ 909 BGB). Steht E der Sache nach ein Abwehranspruch gegen N aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB zu?
Ja, in der Tat!
3. Die Voraussetzungen des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs sind hier gegeben (§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB).
Nein!
4. Es kommt eine analoge Anwendung des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs (§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB) in Betracht.
Genau, so ist das!
5. Die Beeinträchtigung ist für E unzumutbar.
Ja, in der Tat!
6. Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung ist gegen B als Handlungsstörer zu richten (§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB).
Nein!
7. E kann von N einen angemessenen Ausgleich für die Schädigung verlangen (§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog).
Genau, so ist das!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Im🍑nderabilie
24.1.2023, 15:37:45
Ich verstehe nicht ganz - woran scheitert denn der Anspruch aus 1004, die Störung hält ja noch an und nach der von der Rspr. vertretenen Theorie kann der Geschädigte auch die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands verlangen.. Dementsprechend würde 906 II analog dann ja zurücktreten, oder?
Paul
29.1.2023, 14:59:40
Nach der hier angesprochenen Theorie der Rspr. kann neben der Beseitigung auch die Wiederherstellung der Benutzbarkeit verlangt werden (vgl. Wenzel, NJW, 2005, 241, 243). Ein Beispielsfall ergibt sich in folgender Fallgestaltung: Wir haben einen X und dieser kontaminierten das Grundstück seines Nachbarn Y mit einer toxischen Substanz. In der Folge hat Y einen Anspruch gegen X auf Beseitigung der Störung aus 1004 I 1 BGB. Eine solche Beseitigung hätte zwangsläufig zur Folge, dass der Boden ausgebaggert werden müsste. Nach der Rspr. könnte der Y neben dem Ausbaggern auch das anschließende Aufschütten mit neuem Boden verlangen (also die Beseitigungsfolgen, vgl Wenzel, NJW, 2005, 241, 243). In dem vorliegenden Fall hätte die E zunächst einen Anspruch auf Beseitigung der Störung gehabt. An der Verwirklichung des Anspruchs ist sie jedoch tatsächlich gehindert, da in dem Zeitpunkt, wo dieser Anspruch besteht sich auch schon die Folgen der Störung realisiert haben. Der Substanzschaden an der Produktionshalle als Folge der Störung ist über 1004 I 1 nicht ersatzfähig (vgl. Wenzel, NJW, 2005, 241, 243). Anders als in dem Beispielsfalls ist dieser Schaden keine Folge der Beseitigung. Folglich kommt eine analoge Anwendung des 906 II 2 BGB in Betracht.
Im🍑nderabilie
31.1.2023, 14:21:53
Danke dir! :)
CR7
5.8.2023, 12:41:29
Aber hier käme jetzt auch noch ein Anspruch aus § 823 I gegen B in Betracht? Und wenn E gegen N vorgeht, B aber schuldhaft den Boden zu tief ausgehoben hat, besteht ein vertraglicher SE-Anspruch des N gegen B.
Steinfan
4.5.2024, 12:57:39
Auch der Bauherr kann
Anspruchsgegnerbei einem Anspruch aus §
823 II BGBiVm § 909 BGB sein. Problematisch ist dann nur oftmals das Verschulden. Vgl. hierzu BeckOGK/Vollkommer, 1.2.2024, BGB § 909 Rn. 72: „Das Verbot des § 909 richtet sich an jedermann, der ein Grundstück vertieft oder daran mitwirkt.“ MüKoBGB/Brückner, 9. Aufl. 2023, BGB § 909 Rn. 40: „Der
Eigentümer/Bauherr genügt im Grundsatz jedoch den ihm obliegenden Sorgfaltspflichten, wenn er die Bauarbeiten auf seinem Grundstück einem sorgfältig ausgewählten, fachkundigen Architekten, Ingenieur oder Bauunternehmer überträgt.“
Kind als Schaden
11.7.2024, 22:47:43
Danke für die Arbeit, ich kam auch ins Stocken bei den Ausführungen an dieser Stelle und habs aber nicht nachschlagen wollen.