Unfall durch Ausweichmanöver ("bei Betrieb" / Übersicht über die verschiedenen AGL)


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A fährt mit ihrem Motorrad auf der Landstraße. Sie schließt auf einen Traktor und das Auto des B auf und setzt unmittelbar zum Überholvorgang an. B schert im gleichen Moment ohne Schulterblick und Blinker aus, wodurch A ausweichen muss. Hierdurch kommt A von der Fahrbahn ab und verletzt sich.

Einordnung des Falls

Unfall durch Ausweichmanöver ("bei Betrieb" / Übersicht über die verschiedenen AGL)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A hat einen Anspruch gegen B aus § 7 Abs. 1 StVG.

Ja, in der Tat!

Nach § 7 Abs. 1 StVG haftet der (1) Halter eines Kfz für (2) Personen- oder Sachschäden, die (3) bei dem Betrieb des Kfz verursacht werden, (4) wenn die Haftung nicht ausgeschlossen ist. Damit der Schaden auch "bei Betrieb" des Fahrzeugs verursacht wurde, ist es bei einem berührungslosen Unfall für die Zurechnung erforderlich, dass das Auto über seine bloße Anwesenheit an der Unfallstelle hinaus durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung zu der Entstehung des Schadens beigetragen hat. Durch das Abkommen von der Fahrbahn mit dem Motorrad hat A wahrscheinlich eine Eigentums-, Gesundheits-, und Körperverletzung erlitten. B war Halter des Autos. Hier hat das achtlose Überholmanöver B zum Ausweichen gezwungen. Damit hat das Fahrzeug bei Betrieb einen Schaden verursacht.

2. A hat einen Anspruch gegen B aus § 18 Abs. 1 S. 1 StVG.

Ja!

Die Haftungsvoraussetzungen des § 18 Abs. 1 S. 1 StVG entsprechen denen des § 7 Abs. 1 StVG. Nach § 18 Abs. 1 S. 2 StVG ist lediglich der Entlastungsbeweis für den Fahrzeugführer erleichtert. Fahrzeugführer ist, wer das Kraftfahrzeug eigenverantwortlich lenkt und die tatsächliche Gewalt über das Steuer hat. Das war im Zeitpunkt der Unfallverursachung B. Weiterhin kann sich B auch nicht exkulpieren. Dadurch, dass B ohne Schulterblick und Blinker ausgeschert ist, hat er die im Straßenverkehr erforderliche Sorgfalt (keine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs (§ 5 Abs. 4 StVO) und Blinken beim Abbiegevorgang (§ 5 Abs. 4a StVO)) verletzt.

3. A hat einen Anspruch gegen B aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Der haftungsbegründende Tatbestand von § 823 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) einen Verletzungserfolg (2) durch ein zurechenbares Verhalten des Schädigers, der dabei (3) rechtswidrig und (4) schuldhaft gehandelt haben muss. A hat durch das achtlose Überholmanöver des B eine Rechtsgutverletzung erlitten. Dies geschah ebenfalls rechtswidrig. B handelte nachweislich schuldhaft. Dadurch, dass B ohne Schulterblick und Blinker ausgeschert ist, hat er die im Straßenverkehr erforderliche Sorgfalt (keine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs (§ 5 Abs. 4 StVO) und Blinken beim Abbiegevorgang (§ 5 Abs. 4a StVO)) verletzt und handelte damit auch fahrlässig (§ 276 Abs. 2 BGB). Im Gegensatz zur Fahrzeugführerhaftung (§ 18 Abs. 1 S. 1 StVG) besteht keine Beweislastumkehr in Bezug auf das Verschulden zulasten des Schädigers.

4. A hat einen Anspruch gegen B aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 229 StGB).

Ja, in der Tat!

Ein Schutzgesetz (§ 823 Abs. 2 BGB) ist eine materielle Rechtsnorm (Art. 2 EGBGB), die nach ihrem Zweck und Inhalt zumindest auch dazu bestimmt ist, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen. Ob dies der Fall ist, ist der jeweiligen Norm im Wege der Auslegung zu entnehmen. Anhaltspunkt für einen Individualschutz ist, dass bereits der Tatbestand der Norm private Rechtsgüter oder Interessen einbezieht. Das Verbot der fahrlässigen Körperverletzung (§ 229 StGB) schützt die Gesundheit und die körperliche Unversehrtheit. Indem B sorgfaltspflichtwidrig handelte, hat er die Gesundheit und den Körper der A rechtswidrig und schuldhaft verletzt.

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