Sonntag - Fristbeginn
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
M sammelt Modellautos. Am Freitag, den 01.07. bestellt sie im Onlineshop des O das Modellauto „VW Käfer“ und erhält direkt darauf eine Bestellbestätigung. Schon am Samstag, den 02.07. erhält er die Lieferung. Erst am 18.07. fällt M auf, dass sie genau dieses Modellauto eigentlich schon hatte.
Einordnung des Falls
Sonntag - Fristbeginn
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. M und O haben einen Kaufvertrag geschlossen.
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Genau, so ist das!
2. Bei dem Kaufvertrag handelt es sich um einen Fernabsatzvertrag (§ 312c BGB).
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Ja, in der Tat!
3. M hat ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 Alt. 2 BGB.
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Ja!
4. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage (§ 355 BGB).
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Genau, so ist das!
5. Bei der Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB handelt es sich um eine Beginnfrist im Sinne des § 187 Abs. 2 BGB.
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Nein, das trifft nicht zu!
6. Die Widerrufsfrist beginnt am Montag, 04.07., zu laufen, da M die Ware an einem Samstag erhielt.
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Nein!
7. Die Frist endet mit Ablauf des Samstags, den 16.07.
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Nein, das ist nicht der Fall!
8. M kann den Kaufvertrag am Montag, den 18.07., noch widerrufen.
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Ja, in der Tat!
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Daniel
25.8.2022, 20:01:07
Ein Widerruf ist nur wegen § 193 BGB am 18.07. noch fristwahrend möglich, weil der 17.07. ein Sonntag ist, oder? Wenn ja, sollte das in der Lösung auch verdeutlicht werden
Lukas_Mengestu
26.8.2022, 17:02:18
Lieber Daniel, vielen Dank für Deinen Hinweis. Genau so ist es :-) Der Samstag und der Sonntag kommen als Fristende wegen § 193 BGB nicht in Betracht, weswegen der nachfolgende Montag maßgeblich ist. Dies ergibt sich aus dem vorletzten Hinweistext, der diesen Zusammenhang noch einmal verdeutlicht. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
ehemalige:r Nutzer:in
30.5.2023, 14:05:31
Hallo @[Daniel](33075) Der Widerruf ist am 18.07. noch möglich, weil das Fristende auf Samstag, den 16.07. um 24 Uhr (= Sonnabend iSv § 193 und wird deshalb nicht mitgezählt) fällt und der nächste Werktag erst Montag, der 18.07. ist. Streng genommen ist es also der 18., weil das Fristende auf einen Sonnabend fällt. Erst infolgedessen wird (auch) der 17. nicht mitgerechnet, weil das ein Sonntag ist und der nächste Werktag nach dem 16.07. eben der Montag, den 18.07. ist.
ehemalige:r Nutzer:in
30.5.2023, 14:19:42
• Ereignis: 02.07. = Erhalt der Ware, § 556 II Nr. 1 lit. a) • Fristbeginn gem. § 187 I am 03.07. um 0 Uhr • Fristende nach 14 Tagen gem. § 355 II 1 ist gem. § 188 I am 16.07. um 24 Uhr = Sonnabend gem. § 193, sodass nächster Werktag an die Stelle tritt. • Nächster Tag Sonntag, den 17.07. gem. § 193 nicht mitzählen. • Nächster Werktag ist Montag, der 18.07. ➡️ Fristende am 18.07. um 24 Uhr
Seriouz0G
27.4.2023, 17:51:16
Wie würde es aussehen, wenn kein Verbrauchsgüterkauf vorläge? Ihr habt ja hinsichtlich des Fristbeginns auf die Vorschrift des § 355 II 2 verwiesen. Würde die Frist dann, abweichend von § 187 I, tatsächlich am Tag des Vertragsschluss beginnen oder gelten diesbezüglich auch noch irgendwelche anderen Regeln zu beachten? Danke im Voraus!
se.si.sc
28.4.2023, 11:23:22
Falls wir keinen Kaufvertrag haben, hängt es davon ab, was wir denn für einen Vertrag mit Widerrufsrecht haben. Die §§ 356a ff BGB enthalten eine ganze Reihe an Sonderregelungen für verschiedene Vertragstypen und dort wiederum spezifische Regelungen für den Beginn der Frist. Ohnehin würde wegen § 187 I BGB streng genommen die Frist sowieso nie mit dem Tag des Vertragsschlusses, sondern immer erst am darauf folgenden tag beginnen.
lawfulthings
17.3.2024, 14:12:09
Ich verstehe gerade irgendwie nicht, warum O das Angebot des M am 01. annimmt, da eine Bestellbestätigung üblicherweise automatisch erfolgt und die Annahme doch konkludent mit Versand erfolgt? Wäre denn dann nicht doch der Samstag maßgeblich für die Frisr, weil erst mit dem Paket der Zugang der Annahme bei M erfolgt?
Gruttmann
17.3.2024, 19:18:48
Auch wenn die Bestellbestätigung automatisch erfolgt, gilt sie als Annahme. Grundsätzlich kannst du dir merken, eine Bestellbestätigung stellt eine Annahme dar. Das bedeutet dort kommt die Annahme zustande. Mithin auch der Kaufvertrag, am 01. Die Frist begann aufgrund der Ausnahme aus § 356 Abs: 2 Nr. 1 BGB für Verbrauchsgüterkäufe am 03.07. zu laufen, also bei Zustellung und nicht bei Vertragsschluss. Liebe Grüße, Gruttmann.
Merle_Breckwoldt
19.3.2024, 08:04:23
@[Lukas_Mengestu](136780) Hallo ihr beiden, danke für eure Diskussion. Im vorliegenden, knappen Fall wäre tatsächlich davon auszugehen, dass die Bestellbestätigung des O am 01.07. zugleich seine Annahmeerklärung darstellt. Das ist auch allgemein (obwohl automatisiert) denkbar. Grundsätzlich trügt dich dein Problembewusstsein da aber nicht, @[lawfulthings](229918). Denn: Bei einer Bestell(eingangs)bestätigung i.S.d. § 312i I 1 Nr. 3 BGB handelt es sich zunächst einmal um eine reine Wissenserklärung. Ob darin zugleich eine Annahme-, also eine Willenserklärung, liegt, ist durch Auslegung nach §§ 133, 157 BGB (analog) zu ermitteln (s. dazu LD Düsseldorf, Urteil vom 19.05.2016 - I-16 U 72/15). Wenn aber tatsächlich bloß der Inhalt der Bestellung wiedergegeben/bestätigt wird, wird noch eine gesonderte "Auftragsbestätigung" als Annahme des Kaufvertrages erforderlich sein. Die Annahme durch Versendung der Ware kommt im B2C-Verkehr dagegen wohl nicht (mehr) in Betracht (LG München (Urt. v. 15.2.2022 – 33 O 4638/21 Rn. 39). Der Fristbeginn am Samstag kommt durch die von @[Gruttmann ](218432)genannten Gründe zu Stande. Beste Grüße, Merle für das Jurafuchs-Team
lawfulthings
19.3.2024, 13:14:27
Dankeschön für die Erklärung!
Merle_Breckwoldt
22.3.2024, 15:22:23
@[Lukas_Mengestu](136780)