Verdächtigung einer fiktiven Person

23. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T wurde bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung geblitzt. Um nicht belangt zu werden, gibt sie auf dem ihr per Post zugesandten Anhörungsbogen der Bußgeldbehörde an, dass O – eine tatsächlich nicht existente Person - den Wagen gefahren hat und fügt eine fiktive Adresse hinzu.

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Einordnung des Falls

Verdächtigung einer fiktiven Person

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat "einen anderen" falsch verdächtigt (§ 164 Abs. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Anderer im Sinne der Vorschrift ist nur eine bestimmte oder zumindest bestimmbare existierende Person. Nicht tatbestandlich sind irreführende Anzeigen gegen unbekannte, verstorbene oder in Wirklichkeit nicht existierende Personen. O ist keine existierende Person und damit kein anderer.
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2. Tatobjekt der falschen Verdächtigung (§ 164 Abs. 1 StGB) ist ein "anderer".

Ja, in der Tat!

Der objektive Tatbestand der falschen Verdächtigung (§ 164 Abs. 1 StGB) setzt voraus, dass der Täter (1) einen anderen (Tatobjekt) (2) bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger oder einem militärischen Vorgesetzten oder öffentlich (Tatort) (3) einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht verdächtigt hat (Tathandlung).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

B333

b333

13.1.2024, 11:42:58

Würde sich T hier überhaupt nach irgendeinem Delikt strafbar machen ? Wenn ja, nach welchem?

TI

Timurso

13.1.2024, 14:43:30

Ich würde sagen nein. Strafvereitelung scheidet aus, da T die Tat begeht, um selbst der Strafe zu entgehen (Wortlaut "ein anderer"). Der Falschaussage kann sich der Beschuldigte ebenfalls nicht strafbar machen. Was vom Wortlaut her noch möglich scheint wäre § 145d II StGB. Im Rahmen dessen scheint die Abgrenzung schwierig, hier gibt es verschiedene Meinungen. Die einen unterscheiden wohl zwischen bloßem Leugnen (ggf. durch Verdächtigung eines Unbekannten; straflos) und der Verdachtsumlenkung auf eine konkrete Person (strafbar). Die anderen sagen, dass nach dem Grundsatz der Selbstbegünstigung und wegen § 258 V StGB auch hier eine Strafbarkeit dann ausscheidet, wenn man damit selbst der Strafbarkeit entgehen will.

BAY

bayilm

10.7.2024, 17:45:36

Könnte man hier nicht auch auf eine Falsche Versicherung an Eides statt denken? Der Fragebogen, den man von der Polizei bekommt, um Angaben über den Fahrzeugführer zu machen würde sich doch als eine falsche Versicherung anbieten, oder?

TI

Timurso

10.7.2024, 17:50:27

@[bayilm](190202) Nein, denn dieser Fragebogen ist keine Versicherung an Eides statt. Eine solche dürfte gegenüber dem Beschuldigten auch nicht zulässig sein und wenn sie doch geschieht, hätte er ein Recht zur Lüge ohne Strafbarkeit aus dem nemo-tenetur Grundsatz.

PET

Petrus

4.7.2024, 18:49:52

Warum ist eigentlich eine unbekannte Person kein „anderer“? Entnimmt man das einfach aus dem natürlichen Wortsinn, dass derjenige existent und näher bestimmt sein muss? Weil hinsichtlich der geschützten

Rechtsgüter

würde zwar kein anderer ungerechtfertigt in ein Verfahren gezogen werden, aber die

Behörde

zum sinnlosen Ermitteln veranlasst. Sodass zumindest ein Teil - was ja ausreicht - der geschützten

Rechtsgüter

belangt wäre.


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