Zivilrecht

Kaufrecht

Verbrauchsgüterkauf

Keine Geltung der Verbrauchsgüterkaufsvorschriften für gebrauchte Sachen bei öffentlicher Versteigerung, § 474 Abs. 2 BGB

Keine Geltung der Verbrauchsgüterkaufsvorschriften für gebrauchte Sachen bei öffentlicher Versteigerung, § 474 Abs. 2 BGB

8. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Neues Kaufrecht 2022

Bei einer öffentlich zugänglichen Versteigerung (§ 156 BGB) werden gebrauchte Möbel versteigert. In der Hoffnung auf ein Schnäppchen für Ks neue Wohnung bietet sie mit. Tatsächlich erteilt der Auktionator K den Zuschlag und sie kann eine antike Kommode ergattern.

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Einordnung des Falls

Keine Geltung der Verbrauchsgüterkaufsvorschriften für gebrauchte Sachen bei öffentlicher Versteigerung, § 474 Abs. 2 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K ist Verbraucherin (§ 13 BGB).

Ja!

Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können (§ 13 BGB). K kauft die Kommode für ihre Wohnung. Sie ist eine natürliche Person und handelt zu privaten Zwecken. K ist somit Verbraucherin.
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2. Der Auktionator ist Unternehmer (§ 14 BGB).

Genau, so ist das!

Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (§ 14 Abs. 1 BGB). Der Auktionator handelt bei der Versteigerung als natürliche Person in Ausübung seiner gewerblichen Tätigkeit. Der Auktionator ist somit Unternehmer.

3. Da K eine Ware erwirbt, sind auf jeden Fall die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf anwendbar (§ 474 Abs. 1 S. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

§ 474 Abs. 2 S. 2 BGB sieht für den Verkauf von gebrauchten Sachen bei einer öffentlichen Versteigerung vor, dass dort die §§ 474 ff. BGB nicht anwendbar sind. Dies gilt allerdings nur, wenn der Verbraucher hierüber klar und umfassend informiert wurde (§ 474 Abs. 2 S. 2 BGB a.E.). Es handelt sich hier um eine öffentlich zugängliche Versteigerung einer gebrauchten Ware. Sofern K darüber informiert wurde, dass die §§ 474 ff. BGB nicht anwendbar sind, sind die speziellen gesetzlichen Vorschriften über Versteigerungen anzuwenden: §§ 383 ff., 753, 966 Abs. 2, §§ 975, 979 ff., 1219, 1233 ff. sowie nach § 373 Abs. 4 HGB, § 376 Abs. 4 HGB.Anstelle von Ware stellte § 474 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 BGB a.F. auf bewegliche Sachen ab. Zudem sind die Informationspflichten neu.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BL

Blotgrim

2.7.2022, 12:01:07

Wie müsste die K den informiert werden bzw. was würde ausreichen? Irgendwie ein Schild oder (wenn es eins gibt) ein Hinweis auf dem Eintrittsticket " Rechte aus Verbrauchsgüterkauf sind bei dieser Auktion ausgeschlossen" oder würde weniger ausreichen/wäre mehr nötig ?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

19.7.2022, 13:33:54

Hallo Blotgrim, danke für deine Frage. Bei dieser Informationspflicht handelt es sich noch um neues Recht, sodass wir uns nur am Gesetzestext sowie an Maßstäben für andere Informationspflichten aus dem Verbraucherschutzrecht orientieren können. § 474 Abs. 2 S. 2 a.E. BGB fordert, dass dem Verbraucher "klare und umfassende Informationen darüber, dass die Vorschriften dieses Untertitels nicht gelten, leicht verfügbar gemacht wurden". In Kombination mit anderen Vorschriften z.B. aus dem AGB Recht lässt sich daraus ableiten, dass es die tatsächliche Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme erfordert sowie Rücksicht auf die individuellen Einschränkungen genommen werden muss. Zudem muss der Ausschluss klar und eindeutig formuliert sein. Genaueres lässt sich aber erst sagen, wenn es entsprechende Rechtsprechung dazu gab. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

ahimes

ahimes

29.5.2024, 13:44:00

Hallo Jurafuchs! Ich habe nochmal eine Verständnisfrage zu dem Wortlaut des § 474 II 2 BGB. Ich dachte dass mit öffentlich zugänglichen Versteigerungen NUR die Versteigerung im Sinne des § 312g Abs. 2 Nr.10 BGB gemeint ist, da ja der Gesetzgeber dies explizit in Klammer gesetzt hat. Ihr habt aber in einer dieser Aufgaben hier auch den § 156 BGB zitiert. Ist dieser überhaupt von § 474 II 2 BGB umfasst? Ich hätte gesagt, nein.

L.G

L.Goldstyn

20.7.2024, 18:26:42

Hallo ahimes, gute Frage! Vom Wortlaut ausgehend würde ich sagen, dass § 156 BGB nur regelt (bzw. klarstellt), wie bei Versteigerungen der Vertrag zustande kommt. § 156 BGB gilt dabei für alle Arten der Versteigerung, soweit nichts anderes geregelt ist, und mithin auch für die öffentlich zugänglichen Versteigerungen iSd § 312g Abs. 2 Nr. 10 BGB. § 156 BGB regelt also keine eigene Form der Versteigerung. Ich denke, dass der Hinweis auf § 156 BGB hier etwas verwirrend ist. Da der Sachverhalt aber vorgibt, dass eine öffentlich zugängliche Versteigerung vorliegt, würde ich mich (nur) daran halten. Ich hoffe, Dir hilft das weiter!

MK-

MK-

6.9.2024, 12:02:23

Eine Ebay Versteigerung würde nicht unter diese Norm fallen, da es sich dabei ja gerade nicht um eine öffentliche Versteigerung im Sinne des § 156 BGB handelt, richtig?

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

24.9.2024, 16:06:10

Hey @[MK-](112018), du hast Recht damit, dass § 156 BGB nicht auf eBay-Auktionen anwendbar sind. Hier kommt der Vertrag nicht etwa bereits durch einen Zuschlag zustande, sondern ganz regulär durch Angebot und Annahme (§§ 145ff. BGB). Zum Anwendungsbereich des § 156 BGB: Die Vorschrift umfasst alle privatrechtlichen Versteigerungen des BGB (§ 383 ff., § 753, § 966 Abs. 2, § 975 S. 2, § 979, § 1219 f.), darüber hinaus auch auf den Pfandverkauf nach §§ 1233 ff. sowie auf die Fälle der §§ 373, 376, 389 HGB. Der Anwendungsbereich von § 156 erstreckt sich auch auf die Versteigerung von Grundstücken, wobei hier Gebot und Zuschlag gemäß § 311b Abs. 1 S. 1 notariell beurkundet werden. Auf Versteigerungen wegen Geldforderungen im Zwangsvollstreckungsverfahren ist § 156 trotz der Verweisung in § 817 Abs. 1 ZPO nur sehr eingeschränkt anwendbar, weil das Gebot im Rahmen einer Versteigerung zum Zweck der Zwangsvollstreckung eine Prozesshandlung und eben keine „reine“ Willenserklärung darstellt. Nicht anwendbar ist § 156 schließlich auf Zwangsversteigerungen nach dem ZVG, da hier die §§ 71 ff., 81 ZVG vorrangig gelten. Danach geht das Eigentum unmittelbar durch den Hoheitsakt des Zuschlags auf den Ersteher über (§ 90 ZVG) (siehe hierzu auch MüKoBGB/Busche, 9. Aufl. 2021, BGB § 156 RdNr. 2ff., beck-online). Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team


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