Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Gläubiger- / Schuldnerwechsel

Schutz des Schuldners – Rechtshandlungen des unwissenden Schuldners gegenüber dem Altgläubiger 1

Schutz des Schuldners – Rechtshandlungen des unwissenden Schuldners gegenüber dem Altgläubiger 1

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Marathonläuferin M schuldet Verkäufer V noch €150 für ihr letztes Paar Laufschuhe. V tritt die Kaufpreisforderung wirksam an B ab. Kurz darauf kommt M in Vs Geschäft und begleicht ihre Schulden. Von der Abtretung weiß sie nichts. B fordert von M Zahlung von €150.

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Einordnung des Falls

Schutz des Schuldners – Rechtshandlungen des unwissenden Schuldners gegenüber dem Altgläubiger 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Durch die Abtretung ist B neue Inhaberin der Kaufpreisforderung gegen M geworden.

Ja, in der Tat!

Durch die Abtretung der Forderung wird der Zessionar neuer Inhaber der Forderung (§ 398 S. 2 BGB). Eine wirksame Abtretung setzt voraus: (1)Einigung zwischen Zedent und Zessionar (Abtretungsvertrag), (2) Bestand der Forderung, (3) Forderungsinhaberschaft des Zedent und (4) Abtretbarkeit der Forderung. V und B haben einen Abtretungsvertrag geschlossen. V war zudem Inhaber der bestehenden und abtretbaren Kaufpreisforderung.
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2. M kann B nach § 404 BGB entgegenhalten, dass sie den Kaufpreis an V bezahlt hat und damit die Forderung erfüllt hat.

Nein!

Der Schuldner kann dem neuen Gläubiger nach § 404 BGB Einwendungen entgegensetzen, die gegenüber dem früheren Gläubiger bestanden. Nach § 404 BGB muss die Einwendung zur Zeit der Abtretung aber zumindest begründet sein.Die Zahlung an V erfolgte erst nach Abtritt der Forderung. Zudem konnte M hierdurch keine Erfüllung allein nach § 362 Abs. 1 BGB bewirken, da es sich bei V nicht mehr um den richtigen Gläubiger handelt.

3. Muss M den Kaufpreis nochmal an B bezahlen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Leistet der Schuldner in Unkenntnis der Abtretung an den bisherigen Gläubiger, so muss dieser die Leistung nach § 407 Abs. 1 1.Alt. BGB gegen sich gelten lassen.M wusste nichts von der Abtretung und ist damit gutgläubig. Da sie an V den vollständigen Kaufpreis entrichtet hat, ist die Kaufpreisforderung nach §§ 362 Abs. 1, 407 Abs. 1 BGB erloschen. Der Schuldner kann auf die Wirkung des § 407 Abs. 1 auch verzichten. Dann muss er die Leistung an den Neugläubiger nochmal erbringen und vom Altgläubiger Rückgewähr der erbrachten Leistung verlangen (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Klima-Kleber

Klima-Kleber

21.4.2023, 10:46:41

Wie kommt B denn nun an die 150€, die nun erst einmal bei V sind? Ansprüche aus

Nichtleistungskondiktion

dürften ja am Grundsatz des Vorrangs der Leistungskondiktion scheitern.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

21.4.2023, 17:01:08

Hallo Klima-Kleber, hier kommt eine bereicherungsrechtliche Sondervorschrift (§ 816 Abs. 2 BGB) zum Tragen. Zudem können ggfs. auch Schadensersatzansprüche zwischen B und V aus dem Grundverhältnis bestehen (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) wegen Verletzung einer Nebenpflicht bestehen (fehlende Aufklärung des Schuldners über Abtretung). Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team


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