Strafrecht
Strafprozessrecht
Verfahrensgrundsätze (Prozessmaximen)
Legalitätsprinzip - Ausnahme: Opportunitätsprinzip
Legalitätsprinzip - Ausnahme: Opportunitätsprinzip
3. Juli 2025
12 Kommentare
4,7 ★ (6.372 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Staatsanwältin S ermittelt gegen die geständige und nicht vorbestrafte J wegen Erschleichens von Leistungen (§ 265a StGB). J hatte die letzte Bahn gerade so erwischt und so kein Ticket gelöst (Preis: 2,10 Euro). Sie hätte ansonsten die Nacht auf einer Parkbank schlafen müssen. Strafantrag ist gestellt.
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Einordnung des Falls
Legalitätsprinzip - Ausnahme: Opportunitätsprinzip
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Vorliegend besteht ein hinreichender Tatverdacht gegen J. Besagt das Legalitätsprinzip, dass die Staatsanwaltschaft in diesem Falle grundsätzlich Anklage erheben muss (§§ 170 Abs. 1, 203 StPO)?
Ja, in der Tat!
2. Wegen der Geringfügigkeit der Tat können hier aber die Voraussetzungen des § 153 Abs. 1 StPO vorliegen. Kann die Staatsanwaltschaft in dem Fall trotz hinreichenden Tatverdachts von der Anklage absehen?
Ja!
3. Erlaubt § 153 Abs. 1 StPO der Staatsanwaltschaft, nach Belieben von der Anklageerhebung abzusehen?
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Roxxin
25.3.2025, 10:50:25
in der ersten Frage wird die Ergebung der Anklage als zwingend dargestellt. In der zweiten Frage sind doch Einstellungen möglich.

Linne Hempel
26.5.2025, 15:25:30
Hey @[Roxxin](295740), danke für deine Anmerkung. In der ersten Frage gehen wir erst einmal vom
Legalitätsprinzipaus. Danach muss die Staatsanwaltschaft grundsätzlich die Straftat verfolgen und anklagen, sofern ein hinreichender
Anfangsverdachtbesteht. In den folgenden Fragen kommen wir dann auf Ausnahmen aus Opportunitätsgründen zu sprechen. Wir haben die erste Frage noch etwas umformuliert, um deutlicher zu machen, dass es uns zunächst um den Grundsatz geht. Ich hoffe, ich konnte dir damit weiterhelfen. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team

mkrg
13.5.2025, 14:47:08
Loreen
14.5.2025, 15:46:09
Hey, genau richtig. Bei
§ 170 II StPOist es meiner Ansicht nach sogar noch eindeutiger. Die Staatsanwaltschaft stellt demnach das Verfahren ein, weil sie zum Entscheidungszeitpunkt keinen hinreichenden
Tatverdachtsieht. Damit wird lediglich ausgedrückt, dass dem Be
schuldigten mit den dann zur Verfügung stehenden Beweismitteln die Tat nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden kann. Dort besteht kein solches Vertrauen des Be
schuldigten wie z.B. durch den Freispruch durch ein Gericht.
Charles
17.5.2025, 09:04:59
Bei §
265a StGBmuss die Tat nicht von der StA verfolgt werden, wenn es sich (wie hier) um einen geringen Wert handelt und (wie hier) kein
Strafantraggestellt wurde (§§ 265a III,
248a StGB)

Maurice497
27.5.2025, 10:13:47
Hey Charles, danke für deine Anmerkung! :) Du hast Recht, der
Strafantragmuss hier natürlich gestellt sein, damit es zu einer Anklageerhebung kommt. Wir haben das eingearbeitet :) Viele Grüße – Maurice, für das Jurafuchs-Team
Deno
14.6.2025, 01:32:48
„Vergehen mit einer im Mindestmaß nicht erhöhten Strafe“ Was genau bedeutet dies? Gibt es weitere Beispiele?