Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Täterschaft und Teilnahme
Error in persona des Haupttäters - Hoferbenfall
Error in persona des Haupttäters - Hoferbenfall
7. Juli 2025
15 Kommentare
4,7 ★ (30.861 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V will seinen Sohn S töten und engagiert T dafür. Die Tötung soll im Pferdestall erfolgen. V beschreibt T Aussehen und Gewohnheiten von S. Am Tattag betritt N den Stall. N sieht S ähnlich und trägt wie dieser oft eine Tüte bei sich. T hält N für S und erschießt ihn heimtückisch.
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Einordnung des Falls
Error in persona des Haupttäters - Hoferbenfall
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T könnte sich wegen Mordes strafbar gemacht haben, indem er N erschoss, § 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1 StGB.
Ja, in der Tat!
2. T dachte, er würde S töten. Tatsächlich schoss er aber auf N. Es ist umstritten, wie sich ein solcher error in persona auf den Vorsatz des Täters auswirkt.
Nein!
3. Ist der error in persona des Haupttäters auch für den Anstifter unstrittig unbeachtlich?
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Nach der h.M. und Rspr. ist der Identitätsirrtum (error in persona) des Haupttäters für die Strafbarkeit des Anstifters grundsätzlich irrelevant.
Ja, in der Tat!
5. Die aberratio-ictus-Lösung stuft den Identitätsirrtum (error in persona) als für den Anstifter beachtlich ein. Eine Strafbarkeit wegen Anstiftung zum vollendeten Delikt scheidet danach aus.
Ja!
6. Folgt man der aberratio-ictus-Lösung, bleibt für den V als Anstifter allein eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung.
Nein, das ist nicht der Fall!
7. Die Ansichten kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Ein Streitentscheid ist damit nötig.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Skywalker
19.7.2024, 13:11:37
Es bietet sich an bei der Problematik „Zurechnung eines
error in personades Haupttäters“ auch die Individualisierungslösung anzusprechen.
Leo Lee
21.7.2024, 14:17:19
Hallo Skywalker, vielen Dank für den sehr guten Hinweis! In der Tat gibt es noch die dritte Ansicht der Individualisierungslösung. Wir haben bei Jurafuchs jedoch auf die Inkludierung dieser Ansicht deshalb verzichtet, weil wir unsere Fälle so „klausurtauglich“ wie möglich konzipieren wollten. Und in der Klausur sowie im Examen ist es gängig, bei dem hiesigen Problemkreis die beiden „berühmtesten“ Ansichten (also
aberratio ictusoder EIP) zu erwähnen und den Streit unter diesen Ansichten zu entscheiden. Wir möchten insoweit um dein Verständnis bitten und wünschen dir noch viel Spaß bei den anderen sehr tollen Fällen und freuen uns selbstverständlich auf weitere Feedbacks von dir :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Moltisanti
19.5.2025, 18:52:12

liisette
25.5.2025, 13:14:31
@molti Habe ich auch so gelernt.

Major Tom(as)
30.5.2025, 11:01:35
Ich wüsste auch nicht, dass es in der Klausur "gängig ist, die berühmtesten Ansichten zu erwähnen", halte es vielmehr mit @[Moltisanti](232681) und @[liisette](300325) Denn es wird zumeist als positiv angesehen, sich für die "vermittelnde Ansicht", welche die Individualisierungslösung hier ja darstellt, zu entscheiden - dann vereint man die Stärken der jeweiligen Theorien
nmew
10.3.2025, 02:22:58
Warum ist V nicht gem. 211,212,22,23 I,26 strafbar? warum nur gem. 30 I?
Amelie7
16.4.2025, 13:35:27
Ich denke weil hier kein versuchter Mord vorliegt, zu dem V hätte anstiften können, sondern ein vollendeter.
nmew
16.4.2025, 14:31:08
Klingt logisch, danke!
QuiGonTim
17.3.2025, 08:49:47
Wie geht die herrschende Meinung mit dem Blutbandargument um? Ließe sich dagegen nicht einwenden, dass zwar die bloße Verwechselung, aber nicht ein sich daran anschließendes "Blutbad" vorhersehbar ist?
Marco
20.3.2025, 16:19:55
Die h.M. bedient sich hier eines (wohl nicht ganz realitätsnahen) Kunstgriffs. Der Anstiftervorsatz verbrauche sich durch die Tötung des ersten „falschen“ Opfers. D.H. in der Konsequenz könnte der Auftragsmörder ein falsches Ziel töten und anschließend das richtige Ziel töten. Der Anstifter würde nach der h.M. (innerhalb der h.M.) „nur“ für die Anstfitung am „falschen“ Opfer bestraft.
constantin_4
20.6.2025, 15:32:47
Könnte man glaub ich auch damit entkräften dass jede weitere Tötung einen Exzess darstellen würde.

Rahel
30.5.2025, 01:49:35
Hi ihr Lieben, heißt das der Hintermann ist bei der
aberratio ictusLösung unmittelbar wegen fahrlässiger Tötung strafbar oder ist es möglich zur Fahrlässigkeit anzustiften?

Major Tom(as)
30.5.2025, 10:59:19
Hey, ersteres stimmt - die fahrlässige, kausal zum Tode führende Handlung ist dann die Beauftragung :) Eine Anstiftung zur Fahrlässigkeit lässt das Gesetz ausdrücklich nicht zu, vgl. § 26 I StGB: "dessen vorsätzlich begangene Tat". Daran muss man sich mit Art. 103 II GG auch explizit halten.