Referendariat

Die Revisionsklausur im Assessorexamen

Begründetheit II: Verletzungen des Verfahrensrechts (Verfahrensrüge)

Rechtsfehlerhaft Belehrung im Ermittlungsverfahren, §§ 52 Abs. 3 S. 1, 163 Abs. 3 S. 2 StPO

Rechtsfehlerhaft Belehrung im Ermittlungsverfahren, §§ 52 Abs. 3 S. 1, 163 Abs. 3 S. 2 StPO

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A verprügelt auf einem Familienfest seinen Bruder B. Seine Ehefrau E wird von dem Polizeibeamten P ohne Belehrung vernommen. E weiß, dass sie nicht aussagen muss, tut dies aber dennoch. In der Hauptverhandlung wird auch P über Es Aussage vernommen. A wird verurteilt.

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Einordnung des Falls

Rechtsfehlerhaft Belehrung im Ermittlungsverfahren, §§ 52 Abs. 3 S. 1, 163 Abs. 3 S. 2 StPO

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. P hätte die E als Ehefrau des A vor der Vernehmung über ihr Zeugnisverweigerungsrecht belehren müssen (§ 52 Abs. 1, 3 S. 1 StPO, § 163 Abs. 3 S. 2 StPO).

Genau, so ist das!

Der Ehefrau eines Beschuldigten steht ein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 2 StPO zu. Auch bei Vernehmungen durch die Polizei (§ 163 Abs. 3 S. 2 StPO), die Staatsanwaltschaft (§ 161a Abs. 1 S. 2 StPO) oder den Ermittlungsrichter muss über das Zeugnisverweigerungsrecht belehrt werden.P hat die E nicht über ihr Zeugnisverweigerungsrecht belehrt und damit gegen die Belehrungspflicht (§§ 52 Abs. 1, 3 S. 1, 163 Abs. 3 S. 2 StPO) verstoßen.
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2. Indem das Gericht die Aussage des P im Urteil verwertete, verstieß es gegen § 52 Abs. 3 S. 1 StPO.

Nein, das trifft nicht zu!

Das Gericht selbst verletzte seine Belehrungspflicht nicht. Es war der Polizeibeamte P, der die Belehrung fehlerhaft nicht vornahm. Mit der Revision können aber nur Fehler des Gerichts gerügt werden. Denn nur diese fällen am Ende das Urteil.

3. Indem das Gericht die Aussage des P verwertete, verstieß es aber gegen § 261 StPO.

Ja!

Unterlassen Polizei oder Staatsanwaltschaft die Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht, unterliegt die Aussage des Zeugen einem Verwertungsverbot, auch wenn sie nur mittelbar über die Aussage des vernehmenden Beamten eingeführt wird. Denn dann ist der Angeklagte ebenso in seinem Rechtskreis betroffen, wie wenn das Gericht selbst die Belehrung unterlässt. Die Verwertung des Beweismittels im Urteil stellt dann einen Verstoß gegen § 261 StPO dar.Die Verwertung der Aussage des P im Urteil war damit rechtsfehlerhaft. Es liegt ein Verfahrensfehler vor.Merke: Fehler im Ermittlungsverfahren begründen die Revision nur, wenn sie im Urteil fortwirken, indem das Gericht die gewonnenen Beweise verwertet. Anknüpfungspunkt in der Klausur ist also immer ein Verstoß gegen § 261 StPO.

4. A kann die Verwertung der Aussage des P erfolgreich in Revision rügen (§ 337 Abs. 1 StPO).

Nein, das ist nicht der Fall!

Da es sich hier um einen relativen Verfahrensfehler handelt, muss A auch darlegen, dass das Urteil auf der fehlerhaften Verwertung der Aussage des P beruht. Ein Beruhen des Urteils auf der unterbliebenen Belehrung wird auszuschließen sein, wenn der Zeuge in Kenntnis seines Weigerungsrechts aussagt, der Mangel in der Hauptverhandlung geheilt wird oder wenn sicher ist, dass der Zeuge auch nach Belehrung ausgesagt hätte.Da E ihr Zeugnisverweigerungsrecht kannte und trotzdem aussagte, hätte sie auch bei ordnungsgemäßer Belehrung ausgesagt. Damit beruht das Urteil nicht auf der fehlerhaften Verwertung der Aussage des P durch das Gericht.
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