Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Gläubiger- / Schuldnerwechsel
Voraussetzung der Abtretung – Abtretbarkeit: Vertraglicher Abtretungsausschluss
Voraussetzung der Abtretung – Abtretbarkeit: Vertraglicher Abtretungsausschluss
19. Mai 2025
10 Kommentare
4,7 ★ (18.459 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Verbraucherin V beauftragt U mit dem Bau einer Garage für €20.000. Sie vereinbaren, dass eine Abtretung der Baulohnforderung ausgeschlossen ist. Dennoch tritt U die Forderung an Bank B ab, wobei er den Ausschluss der Abtretung verschweigt.
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Einordnung des Falls
Voraussetzung der Abtretung – Abtretbarkeit: Vertraglicher Abtretungsausschluss
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. B hat gegen V einen Anspruch auf Zahlung von €20.000, wenn U ihr seinen Lohnanspruch (§§ 650a Abs. 1, 631 Abs. 1 BGB) wirksam abgetreten hat (§ 398 BGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Haben U und B einen wirksamen Abtretungsvertrag geschlossen?
Ja, in der Tat!
3. Zum Zeitpunkt der Abtretung stand U gegen V ein Lohnanspruch nach §§ 650a Abs. 1, 631 Abs. 1 BGB zu.
Ja!
4. Ist die Baulohnforderung abtretbar?
Nein, das ist nicht der Fall!
5. Kann B von V Zahlung von €20.000 nach §§ 631 Abs. 1, 650a Abs. 1, 398 BGB verlangen?
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Abdulkadir
7.8.2023, 16:23:47
Der 308 Nr. 9 BGB kommt nicht zu tragen, da der Ausschluss keine AGB ist? Müsste man aber nicht den Rechtsgedanken gem. 242 BGB anwenden?

Lukas_Mengestu
8.8.2023, 18:41:40
Hallo Abdulkadir, bei dem Umgang mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist grundsätzlich Vorsicht geboten, da grundsätzlich die Parteien im Zivilrecht privatautonom ihre Angelegenheiten regeln können. Bei Verbrauchergeschäften gilt zudem der Unternehmer grundsätzlich als AGB-Verwender (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Vor diesem Hintergrund regelt § 308 Nr. 9 BGB gerade den umgekehrten Fall, nämlich, dass der Unternehmer dem Verbraucher verbietet, eine Forderung, die ihm gegen den Unternehmer zusteht, abzutreten. Hier geht es aber ja um einen Abtretungsausschluss, der gerade dem Schutz des Verbrauchers vor einem neuen Gläubiger dienen soll. Entsprechend scheidet eine Übertragung des Rechtsgedanken hier aus. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
itsjuju
28.3.2024, 22:54:37
Müsste nicht statt auf § 650a auf § 650i abgestellt werden, da ein Verbraucher am Geschäft beteiligt ist?

Simon
13.9.2024, 14:18:56
Die Garage ist zwar ein Bauwerk i.S.d. § 650a BGB, aber - mangels Zweckbestimmung zum Aufenthalt von Menschen - kein Gebäude i.S.d. § 650i BGB.

G0d0fMischief
16.12.2024, 15:38:14
Im Vertiefungstext schreibt ihr, das § 137 S. 1 BGB nur auf verkehrsfähige
Rechtsgeschäfte Anwendung findet und die Abtretung kein verkehrsfähiges
Rechtsgeschäftdarstellt. Daher wirkt ein
Abtretungsverbotentgegen auch erga omnes und nicht inter partes. Aber was ist ein verkehrsfähiges
Rechtsgeschäft? Die Definition ist ja nicht deckungsgleich mit einem
Rechtsgeschäfti.S.e.
Verkehrsgeschäfts oder? Weil bei einer Abtretung steht ja typischerweise auf Veräußererseite mindestens eine andere Person als auf Erwerberseite, sodass keine Personenidentität vorliegt.

G0d0fMischief
12.1.2025, 10:46:30
Ergänzend zu meiner Frage: Ich finde es zutreffender zu sagen, dass ein
Abtretungsverbotaufgrund des Wortlautes von § 399 Var. 2 BGB entgegen § 137 S. 1 BGB zulässig ist und um rechtliche Wirkung zu entfalten gegenüber jedermann (also erga omnes) gelten muss. Dennoch verstehe ich nicht was ihr mit verkehrsfähigen
Rechtsgeschäften meint.
Anony Mous
6.2.2025, 16:26:38
Ich schließe mich der Frage an
Lt. Maverick
4.5.2025, 16:15:39
Ich denke, dass mit verkehrsfähigen
Rechtsgeschäften solche gemeint sind, die eine höhere Schutzbedürftigkeit des Verkehrs sowie die Teilnahme an diesem selbst begründen. Bei z.B.
Verfügungsgeschäften über bewegliche Sachen entfaltet der (unmittelbare) Besitz einen
Rechtsschein. Dieser
Rechtsscheinbezieht sich auf die Eigentümerstellung des Besitzers. Aus § 135 II BGB im Lichte der §§ 929, 903 BGB lässt sich im Rahmen von relativen Verfügungsverboten herausarbeiten, dass der Erwerber grundsätzlich gutgläubig annehmen darf, dass keine Verfügungsverbote bestehen, gerade weil der Veräußerer als Inhaber des Eigentums grundsätzlich frei und nach Belieben mit der Sache verfahren kann. Durch ein
rechtsgeschäftliches Verfügungsverbot würde der Eigentümer seine eigene Rechtsstellung zulasten des Rechtsverkehrs einschränken. Die Rechtssicherheit wäre stark eingeschränkt. Dies stellt gleichermaßen einen Verstoß des im Sachenrecht geltenden numerus clausus dar. Denn Verfügungsberechtigung und Rechtsinhaberschaft können, außer in den gesetzlich klar geregelten Fällen, nicht ohne einander bestehen. Bei einem solchen Verfügungsverbot würde Sachen die Verkehrsfähigkeit entzogen werden. Diese wären nicht mehr für den Rechtsverkehr geeignet, diesem demnach völlig vorenthalten. Man denke nur einmal daran, dass dadurch das Zwangsvollstreckungsrecht ausgehöhlt werden könnte. Das heißt: Grundsätzlich sollen alle Sachen und Rechte verkehrsfähig verbleiben, außer das Gesetz gestattet eine Abweichung hiervon. Bei Forderungen besteht eine geringere Schutzbedürftigkeit, denn es fehlt ein tauglicher
Rechtsschein, der dem Erfordernis von Rechtssicherheit entspricht, soweit kein Fall des § 405 BGB vorliegt. Sie sind nicht körperlich, nicht greifbar, deren Wirksamkeit oder Bestand oftmals nicht erkennbar. Zudem wirken Forderungen nur relativ und nicht absolut, anders als dingliche Rechte.