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Neues Kaufrecht 2022

Anwältin A kauft bei Görtz (G) schwarze Dr. Martens Stiefel. Im Kaufvertrag steht, dass eine „Garantie von zwei Jahren“ gewährt wird. Nach 18 Monaten löst sich die gelbe Naht. Worauf dies beruht, ist nicht aufklärbar.

Einordnung des Falls

Haltbarkeitsgarantie / 2 Jahre

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist die Kaufsache bei Gefahrübergang mangelhaft, kann der Käufer Nacherfüllung verlangen (§§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB).

Ja!

Ist die Sache bei Gefahrübergang mangelhaft, kann der Käufer nach § 439 BGB Nacherfüllung verlangen (§ 437 Nr. 1 BGB). Er kann dabei als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) oder die Lieferung einer mangelfreien Sache (Nachlieferung) verlangen (§ 439 Abs. 1 BGB). An eine einmal getroffene Wahl ist der Käufer nach hM bis zur Vornahme der Nacherfüllung grundsätzlich nicht gebunden (Grenze: § 242 BGB). Der Käufer muss bei der Geltendmachung des Nacherfüllungsverlangen anbieten, dem Verkäufer am Erfüllungsort eine Untersuchung der erhobenen Mängelrügen zu ermöglichen.

2. Die Schuhe weisen einen Sachmangel auf (§ 434 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 1 + 2 BGB). Dr. Martens Stiefel haben üblicherweise keine sich lösende Naht.

3. Grundsätzlich trägt der Käufer die Beweislast dafür, dass der Mangel schon bei Gefahrübergang vorlag.

Ja, in der Tat!

Die Beweislast für das Fehlen eines Mangels trifft bis zur Abnahme der Kaufsache den Verkäufer. Mit der Abnahme der Kaufsache geht die Beweislast entsprechend § 446 BGB auf den Käufer über. Dies gilt sowohl für die Existenz des Mangels als solchen als auch für die Frage, ob der Mangel schon bei Gefahrübergang vorlag. Da hier ein Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) vorliegt, wird während der ersten zwölf Monate nach Gefahrübergang vermutet, dass die Sache bereits bei Übergabe mangelhaft war (§ 477 Abs. 1 S. 1 BGB). Diese Vermutung hilft A hier allerdings nicht, da der Mangel erst nach 18 Monaten auftritt.

4. A und G haben eine Haltbarkeitsgarantie vereinbart (vgl. § 443 Abs. 2 BGB).

Ja!

Eine Garantieabrede ist nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) auszulegen. Gibt der Verkäufer eine „Garantie“, welche die gesetzliche Gewährleistungsfrist nicht übersteigt, ist nicht davon auszugehen, dass er lediglich die gesetzliche Regelung des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB deklaratorisch wiederholen will. Vielmehr will er den Käufer dann über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinaus begünstigen. Daher ist eine solche Klausel als „Haltbarkeitsgarantie“ auszulegen. Hierdurch wird § 434 Abs. 1 BGB in Bezug auf den für das Vorliegen des Sachmangels maßgeblichen Zeitpunkt modifiziert: Es reicht dann bereits aus, dass ein Sachmangel innerhalb der Garantiefrist eintritt, er muss nicht bereits bei Gefahrübergang vorgelegen haben.

5. Weil G nicht beweisen kann, dass A für den Mangel verantwortlich ist, muss er für die Mangelbeseitigung einstehen.

Genau, so ist das!

Bei der Haltbarkeitsgarantie wird ein Garantiefall vermutet, wenn ein Sachmangel innerhalb der Garantiezeit auftritt (§ 443 Abs. 2 BGB). Hierbei begründet also auch ein erst während der Garantiefrist erst eintretender Sachmangel grundsätzlich die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche aus § 437 BGB. Diese Vermutung erspart dem Käufer den unter Umständen schwierigen Nachweis des Vorhandenseins des betreffenden Mangels bei Gefahrübergang. Der Verkäufer muss dann nachweisen, dass die vertraglichen Voraussetzungen der Garantie nicht vorliegen, weil etwa der Käufer den Mangel selbst verursacht hat oder aber andere Garantievoraussetzungen (bspw. die Vornahme regelmäßiger Inspektionen) nicht erfüllt sind.

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frausummer

frausummer

4.2.2021, 10:49:42

Bei der ersten Frage nach der

Haltbarkeitsgarantie

komme ich nicht mit. Ihr schreibt, dass der Verkäufer die Frist des §437 I Nr. 3 im Zweifel nicht einfach wiederholen will. Die Norm spricht von einer Garantie von zwei Jahren. G gibt ebenfalls eine Garantie von zwei Jahren. Wo hat G eine über das Gesetz hinausgehende

Haltbarkeitsgarantie

gegeben? Und wie verhält sich §477 dazu? Schaut man in die Praxis, geben sehr viele Hersteller:innen eine Garantie von zwei Jahren auf ihre Sachen.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

4.2.2021, 17:04:54

Hallo Frausummer, danke für die Frage. Bitte beachte, der gesetzliche Regelfall ist gerade keine "Garantie" (im rechtlichen Sinne). Bei einer Garantie (§ 443 BGB) gibt der Händler / Hersteller eine Erklärung ab, für Mängel an der Sache "unbedingt einstehen zu wollen". Dies ist deutlich weiter als die gesetzlich geregelten Gewährleistungsrechte (§ 437 BGB). Da nun G nicht nur auf die gesetzlichen Gewährleistungsrechte verweist (die grundsätzlich nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB in 2 Jahren verjähren. sondern ausdrücklich eine "Garantie" für 2 Jahre gibt, ist davon auszugehen, dass G nicht nur die gesetzliche Regelung wiederholen will, sondern darüber hinaus, während der 2 Jahre für (nicht vom Käufer verschuldete) Mängel einstehen will. § 477 BGB haben wir darüber hinaus ergänzt, danke ;)

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

4.2.2021, 17:17:09

In der Praxis ist es dann wiederum Auslegungsfrage (§§ 133, 157 BGB: Wie versteht ein objektiver Empfänger die Erklärung des Verkäufers? Will er nur die gesetzliche Regelung wiederholen (was unnötig wäre) oder will er, über die gesetzliche Regelung hinaus, dem Käufer während der 2 Jahre "einen weitergehenden Service" bieten. LG ;)

IS

IsiRider

9.3.2023, 14:22:09

Was wäre ein Beispiel zur Verdeutlichung des Unterschieds? Der Vorteil ist also, dass der Käufer keinen Nachweis erbringen muss, dass der Mangel bereits vorlag?

KLE

kleinerPadawan

10.3.2023, 16:40:52

Wie wäre es, wenn der Verkäufer eine Garantie, sagen wir von 3 Jahren verspricht? Müsste man dann auch annehmen, dass die gesetzlich vorgesehenen Gewährleistungsrechte erweitert werden sollen im Sinne einer

Haltbarkeitsgarantie

oder würde man dann lediglich annehmen, dass die Frist für die Geltendmachung der Mängelrechte verlängert werden soll? Klar ist mir, wenn man wie vorliegend von eine 2-jährige Garantie verspricht, obwohl die gesetzliche Frist für die Mängelgewährleistung genauso lange gilt, angenommen wird, dass der Verkäufer hier offensichtlich mehr versprechen will, als das gesetzlich Vorgesehene. Aber bei 3 Jahren Garantie könnte man doch auch dran denken, dass hier Mängel nur länger geltend gemacht werden können sollen. Oder stellt man hier dann auf den Begriff der Garantie ab, welcher mehr erfassen soll?


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