Hallo @[BigLebowski](212337),
über Definitionen kann man häufig diskutieren. Deswegen findet man zu bestimmten Begriffen oft mehrere, leicht oder sogar deutlich abweichende Definitionen. Ihr dürfte Euch gerne für diejenige der anerkannten (!) Varianten entscheiden, die bei Euch üblich ist und/oder die Euch am sinnvollsten erscheint.
Für unsere Lern- und Ausbildungszwecke iRv Jurafuchs haben wir diese Wahlfreiheit nur bedingt. Wir können nicht jedes Mal jede einzelne vertretbare Definition anführen, das wäre zu unübersichtlich und würde wohl mehr verwirren als nutzen. Verwenden wir deshalb immerhin wechselnde Definitionen, um das gesamte Spektrum abzubilden, führt das regelmäßig zum (nachvollziehbaren) Vorwurf, das die Definition bei einer anderen Aufgabe anders laute und wir es doch bitte einheitlich handhaben sollen. Verwenden wir deshalb der Einheitlichkeit halber immer dieselbe Definition, kommen häufig (ebenfalls nachvollziehbare) Hinweise darauf, dass es aber auch andere Definitionsmöglichkeiten gebe und das ja nicht die einzig richtige sei. Du siehst also, es ist nicht gerade leicht, das alles unter einen Hut zu bekommen.
Für den
Realakt ist das nicht anders. Einige stellen hier zB stärker auf die Willensbestätigung statt auf die Handlung ab (so der in unseren Quellen angegebene Köhler, BGB AT).
Mit Deinem zweiten Hinweis auf die "Rechtsfolge kraft Gesetzes" hast du nicht Unrecht. Bei der Definition des
Realakts ist das Kriterium "kraft Gesetzes" allerdings üblich und sehr verbreitet, weshalb wir das hier nicht einfach unter den Tisch fallen lassen wollen. Inhaltlich geht es dabei um die Abgrenzung zur Willenserklärung, die (nach den üblichen Definitionen) eine Rechtsfolge nicht (primär) kraft Gesetzes herbei führt, sondern deshalb, weil sie von den Parteien gewollt ist. Die Parteien wollen gerade, dass das Gesetz diese Folge herbeiführt, während es beim
Realakt auf einen dahingehenden Willen als solchen grds nicht ankommt.
Ähnliches gilt für Deinen ersten Einwand. Nahezu jede Handlung, die iRv Ausbildungsfällen erfolgt, ist irgendwie rechtlich relevant. Wäre sie rechtlich vollkommen irrelevant (zB bloßes Atmen), müssten wir uns damit kaum näher befassen. Auch das rein Tatsächliche/Faktische ist allerdings ein typisches Element der Definitionen des
Realakts, wobei hier verschiedene Quellen wieder leicht abweichend formulieren. Es gibt auch andere (Rechts-)Handlungen, die neben dem tatsächlichen Erfolg ein Erklärungselement enthalten, nämlich die geschäftsähnlichen Handlungen. Sie enthalten auch ein "Erklärungs"element und stehen somit zwischen Willenserklärungen und
Realakten.
Im Zusammenspiel dieser drei Rechtsinstitute und deren Definitionen wird mE am besten klar, warum bestimmte Begriffe hier so sind, wie sie sind. Ich halte die Definition vor diesem Hintergrund jedenfalls nicht für "falsch" und würde sie daher für den Moment so stehen lassen.
Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team