Zivilrecht
Kreditsicherungsrecht
Unwirksamkeit des Sicherungsvertrages
Einrede der Bereicherung (§ 821 BGB)
Einrede der Bereicherung (§ 821 BGB)
27. Dezember 2025
19 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Sängerin S möchte bei G ein Darlehen von €2.000 aufnehmen. G verlangt eine Sicherheit, sodass S der G einen Goldbarren zur Sicherheit übereignet. S bleibt im Besitz des Goldbarrens. Der Darlehensvertrag wird von S wirksam angefochten und sie stellt die Tilgung ein. G verlangt die Herausgabe des Goldbarrens.
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Einordnung des Falls
Einrede der Bereicherung (§ 821 BGB)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. G als Anspruchsstellerin ist Eigentümerin des Goldbarrens (§ 985 BGB).
Ja, in der Tat!
2. S als Anspruchsgegnerin ist Besitzerin des Goldbarrens.
Ja!
3. Steht S ein Recht zum Besitz zu?
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Hält man den Sicherungsvertrag über § 139 BGB ebenfalls für nichtig, kann S gegen die Geltendmachung des Anspruchs aus § 985 BGB die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung erheben (§ 821 BGB).
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Selma🌻
4.2.2024, 11:54:19
Könnte man hier auch an die dolo-agit Einrede aus § 242
BGBdanken, da G den Goldbarren wenn sie ihn nach § 985
BGBherausverlangt wieder nach § 812 I S. 1 Alt. 1
BGBherausgeben müsste?
Selma🌻
4.2.2024, 11:54:42
*denken
G0d0fMischief
19.1.2025, 16:55:30
@[Selma🌻](230987) ich würde sagen ja. Wahrscheinlich ist die Einrede aus
§ 821 BGBaber spezieller, sodass du diese vorrangig prüfen musst :) Ich kannte den
§ 821 BGBbis eben nicht, sodass ich ansonsten auch auf die
dolo agit Einredeabgestellt hätte :)
Selma🌻
19.1.2025, 18:06:15
@G0d0fMischief Stimmt, guter Gedanke! Danke dir :)
Sebastian Schmitt
8.2.2025, 14:44:56
Hallo @[Selma🌻](230987), eine berechtigte Frage! Ich halte das nicht für gänzlich unvertretbar, vor allem unter Klausurbedingungen. Inhaltlich würde ich mich allerdings @[G0d0fMischief](217996) dahingehend anschließen, dass für die "perfekte" Lösung
§ 821 BGBvorrangig zu berücksichtigen wäre. Der Norm entnimmt die wohl hM über den Wortlaut hinaus den allgemeinen Rechtsgedanken, dass die Herausgabe (unabhängig von Verjährungsfragen) zB dann verweigert werden kann, wenn die Sache sofort zurückzugewähren wäre (BeckOK-
BGB/Wendehorst, 72. Ed, Stand 1.11.2024, § 821 Rn 3 mwN). In einer Prüfungsaufgabe kann ich mir allerdings gut vorstellen, dass die Lösung über § 242
BGBDir nicht groß negativ angekreidet würde, zumal Du mit Deiner Prüfung zeigst, dass Du das Problem gesehen hast. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
ÖA
19.9.2025, 16:39:08
hallo @[Sebastian Schmitt](263562), eine Zwischenfrage: Können diese Einreden trotz der
Valutierungdes Darlehens erhoben werden? Ich hätte jedenfalls gedacht, die Einrede kann erhoben werden, wenn gleichzeitig (Zug um Zug) das erhaltene Darlehen i.H.v. 2000€ zurückgegeben wird. VG
pactasuntservanda04
13.12.2025, 04:19:31
Foxxy
13.12.2025, 04:20:39
@[pactasuntservanda04](290691) Kurz:
§ 821 BGB(bzw. der daraus abgeleitete Rechtsgedanke) ist die spezielle
bereicherungsrechtliche Einrede: Der Beklagte darf die Herausgabe verweigern, wenn er den Gegenstand vom Kläger sofort
bereicherungsrechtlich zurückverlangen koennte. Sie ist lex specialis vor § 242 (
dolo agit) und greift nach h.M. auch unabhaengig von einer moeglichen Verjaehrung der
Kondiktion.
Dolo agitaus § 242 ist der allgemeine, subsidiäre Treu-und-Glauben-Einwand für dasselbe Ergebnis. Zum Fall: An
dolo agitkannst du denken, vorrangig ist aber § 821. Voraussetzung ist, dass S gegen G einen sofort faelligen Bereicherungsanspruch auf Rueckuebertragung des Eigentums hat. Das bejaht ein Teil der Lit., wenn wegen Einheitlichkeit auch die
Sicherungsabredeneben dem Darlehen nichtig ist (§ 139). Dann sperrt § 821 den § 985;
dolo agitnur hilfsweise. Nach wohl h.M. bleibt die
Sicherungsabredetrotz Anfechtung des Darlehens wirksam; dann fehlt S die
Kondiktion, § 821/
dolo agitgreifen nicht und G kann Herausgabe verlangen. Ist das Darlehen valutiert, kommen wechselseitige Bereicherungsansprueche in Betracht; eine Zug um Zug-Loesung bzw. ein Zurueckbehaltungsrecht (§ 273) bietet sich dann an.
Nils
24.12.2025, 16:54:30
Warum schreibt die KI Umlaute oft aus und stellenweise dann wieder nicht!? Seltsame Eigenheit.
Timurso
5.2.2024, 20:08:41
Warum steht in der Lösung der letzten Frage, dass die
Sicherungsabredeunwirksam ist? Ich hätte hier gesagt, dass diese weiterhin besteht und man dann auslegen muss, was diese für den Fall der Anfechtung des Darlehensvertrages regeln soll. Interessengerecht wäre imo dann, zu sagen, dass das Verwertungsrecht des
Sicherungseigentums auch in einem solchen Fall besteht, ansonsten hätte G das Darlehen ausbezahlt und würde es ggf. nie wieder sehen. Genau dafür ist die Sicherungsübereignung mit
Sicherungsabredeja da, dass dann, wenn die Darlehenssumme nicht zurückgezahlt wird, eine Sicherheit besteht. Wenn die Lösung dagegen davon ausgeht, dass die
Sicherungsabredeebenfalls angefochten wurde, würde ich das a. nochmal klarer herausstellen und b. wäre es dann inkonsequent zu sagen, dass der Sicherungsfall eingetreten sei. Zudem scheint mir fraglich, wie bei der Unwirksamkeit der
Sicherungsabrede§ 821 BGB
angewendet werden kann, wenn dann ja gar keine Verbindlichkeit mehr besteht.
suessmaus
11.4.2024, 17:11:12
im Vieweg steht (§ 12, S. 394 Rn. 14), dass
Sicherungsabredeund Kreditvertrag grds. rechtlich unabhängig zu beurteilen sind. allerdings bei Personenidentität zwischen persönlichen
Schuldner und Sicherungsgeber dann nach dem Parteiwillen idR ein einheitliches Geschäft iSd. § 139 anzunehmen ist, insb. wenn die Verträge "uno actu" geschlossen werden.
Marius2609
12.12.2024, 20:35:42
Mir hat sich gerade die gleiche Frage gestellt. Vielleicht könnten ja das Team eine Einschätzung abgeben.
unvorsätzlicher Totschläger
1.2.2025, 12:05:34
Was sagen die Profis? @[Sebastian Schmitt](263562)
Sebastian Schmitt
8.2.2025, 14:38:35
Hallo @[Timurso](197555), vielen Dank für die Nachfrage und @[Marius2609](229998) und @[unvorsätzlicher Totschläger](262504) für die Erinnerung. In der Tat war die Aufgabe hier etwas zu knapp, wir haben das jetzt ergänzt. In der Sache kann man darüber gut streiten. Man kann die
Sicherungsabredesicher gut vertretbar zusammen mit dem Darlehensvertrag als einheitliches Geschäft iSd § 139
BGBansehen, sodass beide, Abrede und Vertrag, nichtig sind, wie @[suessmaus](41834) völlig richtig sagt. Die Nichtigkeit der Sicherheitsabrede beruht dann nicht darauf, dass sie "ebenfalls angefochten wird", sondern eben auf der Folge des § 139
BGB. Wie Timurso sieht es dagegen BeckOGK/Klinck, Stand 1.12.2024, § 930 Rn 157 ff, ua sogar mit dem identischen Argument, dass die sicherungsübereignete Sache eben gerade auch den
bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsanspruch des Sicherungsgebers schützen solle (Rn 158). Auch die Formulierung zum Sicherungsfall (letzter Absatz von Timursos Beitrag) haben wir angepasst. Der Hinweis auf
§ 821 BGBin der Aufgabe ist dagegen in der Sache durchaus richtig. Die wohl hM entnimmt
§ 821 BGBüber den Wortlaut hinaus den allgemeinen Rechtsgedanken, dass die Herausgabe (unabhängig von Verjährungsfragen) zB dann verweigert werden kann, wenn die Sache sofort zurückzugewähren wäre (BeckOK-
BGB/Wendehorst, 72. Ed, Stand 1.11.2024, § 821 Rn 3 mwN). Auch hierzu haben wir die Erklärung in der Aufgabe ergänzt. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
