Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Anfechtung der Willenserklärung
Anfechtung der Willenserklärung – arglistige Täuschung bei Verschweigen des biologischen Geschlechts
Anfechtung der Willenserklärung – arglistige Täuschung bei Verschweigen des biologischen Geschlechts
13. Juli 2025
46 Kommentare
4,6 ★ (28.022 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Frauenärztin A sucht eine Arzthelferin für ihre Praxis. Die transgeschlechtliche T, deren Geschlechtsangleichung noch nicht abgeschlossen ist, bewirbt sich. A macht deutlich, dass sie wegen ihrer Patientinnen für die gesuchte Stelle nur Frauen einstellt. T verschweigt ihr biologisches Geschlecht.
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Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat A arglistig getäuscht (§ 123 Abs. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
2. Eine arglistige Täuschung muss auch rechtswidrig sein.
Ja!
3. A kann wegen arglistiger Täuschung anfechten (§ 123 Abs. 1 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
4. A kann wegen eines Eigenschaftsirrtums anfechten (§ 119 Abs. 2 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
simon175
10.11.2022, 14:34:09
Ich finde das letzte Argument überhaupt nicht überzeugend. Warum sollte es den Patientinnen nicht auf das biologische Geschlecht, sondern eher auf das Verhalten und das äußere Erscheinungsbild ankommen, wenn sie sich ausschließlich von Frauen untersuchen lassen wollen? Das ist ein Widerspruch in sich. Laut dem Sachverhalt sucht sie Frauenärztin gerade weibliche Ärztinnen, weil es explizit darauf ankommt wenn man den Intimbereich anderer Frauen untersucht. Im letzten Fall wurde gesagt, dass die Schwangerschaft ua keine
verkehrswesentliche Eigenschaftist, weil sie der Frau nicht dauerhaft anhaftet. Hier ist es aber so, dass die XY Chromosome dem Mann auch nach einer Geschlechtsumwandlung anhaften. Nach dem AGG sind Diskriminierungen auf Grundlage des Geschlechts ohne Rechtfertigung unzulässig, mir fällt allerding keine passerende Konstellation für einen besseren Rechtfertigungsgrund ein als die Untersuchung von Frauen im Intimbereich.

Nora Mommsen
11.11.2022, 12:59:58
Hallo simon175, danke für deine Anmerkungen zum Fall. Das ist natürlich streitbar und wie von dir dargestellt gibt es auch Argumente für die andere Seite. Rechtlich ist T eine Frau, sobald die Geschlechtsumwandlung abgeschlossen ist. Zudem ist sie eine weiblich gelesene Person, wird also als Frau wahrgenommen auch wenn sie andere Chromosomen hat. Gerade im Vergleich mit einem Transmann, der ja auch unverändert weibliche Chromosomen hat aber als männliche Person wahrgenommen wird wird deutlich, dass es auf das gelesene Geschlecht ankommt. Denn auch wenn die Chromsomen ein biologisch weibliches Geschlecht ergeben, wird diese Person als Mann wahrgenommen. Eine solche Behandlung würde naheliegenderweise abgelehnt von einem Patienten, dem es gerade auf das weibliche Geschlecht ankommt. Das macht deutlich, dass die Chromosomen nicht ausschlagggebend sind. Zumal es unüblich ist, die behandelnde Person danach zu fragen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Lt. Maverick
30.6.2025, 13:08:24
Ich halte die Begründung ebenfalls für schwer überzeugend. Das biologische Geschlecht wird nicht allein durch die rechtliche und soziale Wahrnehmung einer Person obsolet. Zwar herrscht in den westlichen Breitengraden überwiegend eine Trennung zwischen dem biologischen und sozialen Geschlecht, weil eben auch auf die Wahrnehmung sowie die persönliche Identität abgestellt wird. Nichtsdestoweniger gibt es Religions- oder Glaubensgemeinschaften, die gerade keine Unterscheidung zwischen dem biologischen und sozialen/juristischen Geschlecht vornehmen. Hiernach herrscht der Glaube oder die religiöse Überzeugung, dass Gott männliche bzw. weibliche Personen erschafft und allein das bei Geburt gegebene Geschlecht für die Kategorisierung ausschlaggebend ist. Wie löst man denn derartige Konflikte? Denn allein das Nichtwissen über das biologische Geschlecht, ändert ja nichts an der eigentlichen religiösen Überzeugung. Wenn streng muslimische Frauen in einem speziellen Friseurgeschäft sind und ihre Hijab ausschließlich vor anderen Frauen absetzen möchten, aber eine Transfrau den Service durchführt, ändert doch die persönliche Wahrnehmung nichts an der (biologischen) Realität und der, den religiösen Überzeugungen zuwiderlaufenden, Leistung. Könnte man hierin nicht auch eine Einschränkung der
Glaubensfreiheiterkennen, indem Gläubige nicht mehr gewissenhaft den eigenen religiösen Überzeugungen entsprechen können?
Gnu
7.1.2023, 18:53:48
Hallo liebes Team, die bessere Bezeichnung wäre hier „transgeschlechtlich“ und nicht „transsexuell“, da es sich um eine Geschlechtsidentität handelt, nicht um eine sexuelle Orientierung :)

Lukas_Mengestu
9.1.2023, 17:28:08
Vielen Dank für den Hinweis, Gnu! In der Tat wird der Begriff der Transsexualität von Betroffenen aufgrund der sprachlichen Nähe zum Begriff Sexualität teilweise abgelehnt. Wir haben den Fall entsprechend angepasst! Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Elias Von der Brelie
23.6.2023, 19:53:51
Aber was soll A jetzt machen? Wenn die Patientinnen nun mal nicht von einer Person welche sie Möglicherweise als Mann wahrnehmen untersucht werden wollen, dann wird es da ordentlich Probleme geben. Müssen die Patientinnen sich dann einfach damit Abfinden, auch wenn sie sich dabei möglicherweise sehr unwohl fühlen? Es ist ja nicht
verwerflichsich unwohl zu fühlen, wenn man als Frau von einer Person welche man als Mann Wahrnimmt im Intimbereich untersucht wird. Muss A sich dann damit abfinden potentiell einige Kunden zu verlieren? Hier sind meiner Meinung nach wirklich nur die Interessen einer Seite akzeptabel geschützt.
Elias Von der Brelie
23.6.2023, 19:58:03
Ich denke völlig unabhängig von Politischen Ansichten hätten die meisten Frauen damit ein Problem.
Gnu
24.6.2023, 10:48:30
A hat ja nicht mal selbst erkannt, dass die T trans ist. Ob es dann für Patientinnen erkennbar ist, ist bereits fraglich. Wenn ich als Patientin aber von einer bestimmten Person nicht untersucht werden möchte, bin ich aber natürlich nicht gezwungen. Den Behandlungsvertrag gehe ich frei ein, und kann die mich untersuchende Person auch ablehnen. Sehe das Problem da nicht wirklich.
Elias Von der Brelie
24.6.2023, 15:01:54
Naja gut da hast du natürlich recht. Dadurch, dass Patientinnen allerdings potentiell deshalb verweigern ist die Frage meiner Meinung nach in dem Bewerbungsgespräch Relevant, und ich sehe nicht warum Lügen darüber primär geschützt sein sollte. Es geht die A schließlich durchaus etwas an. So sehe ich das auch bei generell allen anderen Fragen welche die Arbeitsgeber Objektiv etwas angehen. Über berechtigte Fragen zu Lügen finde ich einfach weniger Schützenswert.
Elias Von der Brelie
24.6.2023, 15:07:30
Die Frage ist ja auch ob es für die Patientinnen wirklich irrelevant ist, nur weil sie es nicht sofort bemerken, oder ob es das nicht eher unangenehmer macht, da sie dadurch eben nicht die Chance haben zu äußern dass sie damit nicht einverstanden sind. Es kann ja auch später, oder während der Inspektion auffallen. Ich finde hier sind die Interessen von der A und den Patientinnen einfach zu wenig geschützt.
Bilbo
12.7.2023, 13:39:52
Transfrauen sind Frauen. Ob sich die Patient*innen bei ihrer Ärztin und deren Team wohlfühlen hängt von diversen Faktoren ab, darüber hinaus nehmen die Arzthelfer*innen idR nicht selbst die Behandlung vor - die Transidentität einer Person oder der Fortschritt ihrer Geschlechtsangleichung kann keine Rückschlüsse auf die Eignung als Arzthelferin zulassen, bzw. Rückschlüsse darauf, wie sie von den Patient*innen aufgenommen wird. T will einen Job, sie "schleicht" sich nicht "ein" und hat als qualifizierte Frau ein Recht darauf als solche eine Chance auf Einstellung zu bekommen.
Elias Von der Brelie
12.7.2023, 15:58:34
Sehr sauber Argumentiert. Genauso würde das vermutlich auch die Herrschende Meinung argumentieren. Ich Stimme eben nicht vollkommen zu weil ich der Meinung bin das eine Seite hinreichend geschützt ist (was auch gut so ist) allerdings die anderen Seiten nicht. Für mich ist das eine zu starke Prioritisierung.

BenKenobi
29.11.2023, 17:23:17
Die Interessenabwägung gestaltet sich schon schwierig, weil das biologische Geschlecht im Lichte des APR der Intimssphäre unterfallen dürfte. Demnach handelt es sich um einen höchstpersönlichen Bereich der T, der wegen der Nähe zur Menschenwürde abwägungsfest ist. Eine Zuordnung zur Privatssphäre wäre m.E. schwer zu begründen und eher vom Ergebnis her gedacht.
paul1ne
15.7.2024, 23:22:09
Was das Unwohlsein bei Patientinnen bei Untersuchungen im Intimbereich angeht, ist in meiner Wahrnehmung neben der Professionalität der behandelnden Person wenn, dann eher auf die Sexualität und nicht auf die Genitalien der/des Untersuchenden einzugehen.
Showstehler
3.3.2025, 19:27:48
Würde grundsätzlich unterschreiben, dass das biologische Geschlecht der Intimsphäre unterfällt. Allerdings ergibt sich für mich daraus kein Anspruch bei einer bestimmten Arbeitsstelle arbeiten zu dürfen, also darüber zu lügen.

BenKenobi
3.3.2025, 19:42:04
@Showstehler: Aus dem Recht, eine Information nicht offenbaren zu müssen (ggf. durch Lügen) ergibt sich auch kein Anspruch auf die Arbeitsstelle bzw. auf Abschluss eines Arbeitsvertrags. Hierdurch wird nur sichergestellt, dass der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung keine Umstände miteinbezieht, die ihn nichts angehen. Das ist gerade der Fall, wenn die Persönlichkeitsrechte des Bewerbers hinsichtlich einer Information überwiegen.
Shark
25.3.2025, 11:37:38
An der Stelle ist schon zu bezweifeln, ob eine Nichteinstellung allein wegen des Geschlechts nach AGG rechtens wäre. Also selbst wenn es sich bei dem Bewerber um einen Mann handelt.
Lt. Maverick
30.6.2025, 12:44:47
@[Shark](264930) Kann man so pauschal nicht sagen. § 8 AGG kann durchaus eine Ungleichbehandlung iSv § 1 AGG rechtfertigen. Wenn eine Frauenärztin eine Praxis führt, die sich z.B. hauptsächlich an muslimische Patientinnen richtet und gerade Leistungen anbietet, die im Einklang mit dem Glauben der Patientinnen stehen sollen. Zwar könnte man hiergegen einwenden, dass der Bewerber eben nur bei Behandlungen jener Patientinnen eingesetzt wird, die nicht der in Rede stehenden Patientengruppe angehören. Dem kann man dann wiederum entgegenhalten, dass dadurch die zu besetzende Stelle nicht im Verhältnis zur eigentlich erbrachten Leistung steht. Hat die Praxis nachweislich 90% Patientinnen, die ausschließlich von weiblichen Praxispersonal behandelt werden wollen und gerade deshalb die konkrete Praxis aufsuchen, dann dürfte eine Vollzeitstelle außer Verhältnis zur erwarteten Leistung des Bewerbers stehen, soweit dieser Aufgaben übernehmen soll, die im direkten Zusammenhang mit Untersuchungen stehen.
Shark
1.7.2025, 11:38:31
@[Lt. Maverick](229751) Mit der Argumentation kannst du aber auch rechfertigen, dass in der lokalen Dorfdisko bspw. keine Schwarzen Menschen arbeiten dürfen, weil die Zielgruppe eben rassistische betrunkene Männer sind. Oder Frauen nicht in Kanzleien mit mehrheitlich konservativer Mandantschaft, weil die eine rechtliche Beratung durch Frauen nicht annehmen möchten.
Lt. Maverick
1.7.2025, 12:53:44
@[Shark](264930) Möchtest du gerade allen ernstes eine „Belästigung“ für das rechte Gedankengut durch einen schwarzen Türsteher oder für chauvinistisches Gedankengut durch eine weibliche Mitarbeiterin als tauglichen Vergleich werten? Beim Frauenarzt ist die Intimsphäre betroffen, was allein schon durch entsprechende Fragen zum Sexualverhalten, zu möglichen (Geschlechts-)Krankheiten, zur Schwangerschaft oder Abtreibung usw. gegeben ist. Darüber hinaus kommt noch die Komponente der körperlichen Entblößung hinzu, die das Schamgefühl im besonders hohen Maße betreffen kann. Des Weiteren kann die Anwesenheit eines biologischen Mannes insbesondere für Frauen, die Opfer sexueller Gewalt waren, höchst traumatisch sein und sogar Panikreaktionen fördern. Auch Frauen, die aufgrund ihres Glaubens nicht an eine Differenzierung zwischen dem biologischen und sozialen/rechtlichen Geschlecht glauben, dürfte die Anwesenheit eines biologischen Mannes genauso tangieren. Es entspricht innerhalb vieler Glaubensgemeinschaft einem sündigen Verhalten, wenn Frauen sich dem anderen Geschlecht gegenüber unverhüllt zeigen. Wenn eine Frauenärztin also nachweislich Patientinnen behandelt, die aus z.B. religiösen Gründen die Anwesenheit eines biologischen Mannes ablehnen und dies der überwiegenden Kundenpräferenz entspricht bzw. das Geschlecht so wesentlich für die ausgeschriebene Stelle ist, dann kann eine solche Ungleichbehandlung durchaus gerechtfertigt sein. Voraussetzung ist aber, dass ein unmittelbarer Bezug zur Stelle besteht und nicht allein eine Reinigungskraft oder Empfangsperson gesucht wird. Soweit also der unternehmerisch verfolgte Zweck rechtmäßig und die Anforderung daran angemessen ist (Stichwort: Güterabwägung, insbesondere hinsichtlich der potentiell betroffenen
Rechte Dritter). BAG, 28.05.2009 - 8 AZ
Lt. Maverick
1.7.2025, 12:53:56
@[Shark](264930) Auch hinsichtlich des schwarzen Türstehers könnte eine derartige Ungleichbehandlung gerechtfertigt sein. Aufgabe eines Türstehers ist regelmäßig die Schaffung von Ordnung und die Verhinderung möglicher Eskalationen. Wenn aber der Kundenstamm aus gewaltbereiten Neonazis besteht, die bereits in der Vergangenheit erhebliche Angriffsbereitschaft gezeigt haben, könnte durch eine solche Stellenbesetzung die körperliche Unversehrtheit anderer Gäste sowie die des Bewerbers selbst in erheblichen Maße gefährdet sein. Insbesondere kommt es dabei dann auch nicht mehr auf die Auswahl der Diskothekenbesucher an, da die Tür gerade zum Außenbereich gerichtet ist und somit jedermann - ungeachtet seines Zugangs zum Etablissement - rechtsgerichtete Aggressionen gegen den Türsteher selbst sowie weitere Besucher richten könnte. Geht es hingegen nur darum den Kundenstamm nicht zu „verschrecken“ aufgrund einer vorherrschenden Ideologie, wäre eine solche Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt.
Diaa
20.7.2023, 15:57:43
Die Argumentation letztlich ist sehr abwegig. Hier wurde die Wichtigkeit des äußeren Erscheinungsbildes einer Pers. über die des Intimbereiches gestellt. Ich gehe davon aus, dass es keine h.M. und andere Ansicht vertretbar ist
ehemalige:r Nutzer:in
26.9.2023, 14:44:45
Vielleicht weniger mutmaßen und mehr lesen.l
Kind als Schaden
23.4.2024, 14:30:35
Wenn man sein Geschlecht doch (auch ausdrücklich der Gesetze) ändern lassen kann, dann ist das Geschlecht ja eigentlich bereits keine Eigenschaft, da es einer Person nicht dauerhaft anhaftet -> Siehe auch das neue Selbstbestimmungsgesetz, was eine Vereinfachung bewirkt hat, seine Geschlechtseintragung ändern zu lassen.
Timurso
24.4.2024, 11:30:40
Ich denke es geht hier primär um das Geschlecht bei Geburt / biologische Geschlecht. Dieses stellt schon eine Eigenschaft dar und kann nicht geändert werden.

DeliktusMaximus
12.12.2024, 22:28:49
Das Problem beginnt schon damit, dass weder im öffentlichen noch im juristischen Diskurs konsequent zwischen dem biologischen Geschlecht (das eine feste Eigenschaft ist) und der Geschlechtsidentität (die keine feste Eigenschaft ist) unterschieden wird; vgl. 1 BvR 2019/16.
Julian Ost
10.1.2025, 12:25:36
Das Geschlecht haftet einem trotz seiner Änderbarkeit dauerhaft an, da es sich nicht automatisch ändert, sondern nur durch eigene Änderungswilligkeit ändern lässt. Man denke z.B. an die "Unfähigkeit" einen Job auszuüben. Diese Unfähigkeit stellt eine Eigenschaft dar, obwohl man sie durch eine Ausbildung ändern könnte. Vielmehr charakterisiert eine Eigenschaft also eine dauerhafte Anhaftung bei Untätigkeit.
JulianF
28.2.2025, 17:02:19
Das Geschlecht (das biologische wie auch das soziale) ist eine Eigenschaft, da es der Person dauerhaft anhaftet. Dauerhaftigkeit heißt nicht Unveränderlichkeit, setzt also nicht voraus, dass die Eigenschaft nicht nachträglich abänderbar ist. Sonst wäre die Ausbildungslosigkeit keine Eigenschaft der Person, da sie mit einer Ausbildung beseitigt werden kann. Schwangerschaft ist deswegen keine Eigenschaft, weil sie von vornherein zeitlich begrenzt ist, die Geschlechtszugehörigkeit ist aber kein von vornherein auf eine gewisse Dauer beschränkter Umstand. Dabei kommt es auch nicht auf die Voraussetzungsstärke einer Veränderung der Eigenschaft an, eine Schwangerschaft ist nur sehr schwer abänderbar, ist aber dennoch keine Eigenschaft, weil sie nur vorübergehend ist. Davon abgesehen ist die relevante Eigenschaft, wegen der hier angefochten werden soll, das biologische Geschlecht, nicht die Transgeschlechtlichkeit. Über die Geschlechtsidentität als weiblich irrte der Arbeitgeber nicht.

DeliktusMaximus
2.3.2025, 11:20:47
Wie wechselt man sein biologisches Geschlecht?
Antonia
6.9.2024, 17:23:37
Wenn eine „Transfrau“ rechtlich zur Frau wird mit Abschluss der Geschlechtsangleichung (sprich Entfernung der männlichen Genitalien), sollte die Frauenärztin im vorliegenden Fall denn dann nicht auch gerechtfertigt sein, wenn sie sich nach dem Geschlecht erkundigt, weil sie gerade nur weibliche Mitarbeiter anstellen möchte? Schließlich geht von der Transfrau bis zur vollkommenen operativen Geschlechtsangleichung das potentielle Risiko aus, dass sie Patientinnen mit diesen sexuell misshandelt. Meines Erachtens liegt eine widerrechtliche
arglistige Täuschungvor bis zur OP.

Notorious P.M.S.
20.2.2025, 09:33:27
Eine transgeschlechtliche Person wird nicht durch geschlechtsangleichende medizinische Maßnahmen (wie z.B. eine Hormontherapie oder oder ein chirurgischer Eingriff wie eine Vaginoplastik [wobei die männlichen Genitalien nicht entfert werden, sondern basically als Material für die neuen weiblichen Genitalien verwendet werden) rechtlich zur Frau. Dem Gesetz ist es völlig egal, ob und was für medizinische Maßnahmen eine Person hat vornehmen lassen. Die Änderung des rechtlichen Geschlechts richtet sich alleine nach dem "Selbstbestimmungsgesetz" (eigentlich: Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag), das am 01.11.2024 in Kraft getreten ist (also noch relativ neu). Gem. § 2 SBGG erfolgt die Änderung einfach durch eine Erklärung der Person beim Standesamt. Vor dem Inkrafttreten des SBB galt das Transsexuellengesetz (TSG), es stand zwar in § 8 I Nr. 4 TSG, dass ein die äußeren Geschlechtsmerkmale veränderner operativer Eingriff Voraussetzung für eine Änderung des Geschlechts im Personenstandsregister sei, aber § 8 I Nr. 4 TSG war seit 2011 nicht anwendbar, da das BVerfG hierin einen Verstoß gegen Art. 2 I und II i.V.m. Art. 1 I GG sieht (1 BvR 3295/07). Tl;dr: medizinische Maßnahmen zur Geschlechtsänderung sind völlig unerheblich fürs rechtliche Geschlecht (und das nicht erst seit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz). Daraus folgt, dass die Frauenärztin zwar nach dem (rechtlichen) Geschlecht fragen kann, aber wenn die Arzthelferin hier ihr (rechtliches) Geschlecht geändert hat, dann ist sie rechtlich eine Frau und dann könnte man vielleicht gucken, ob Art. 3 III GG hier eine Ungleichbehandlung von Trans- und Cis-Frauen (bzw. Auf der einen Seite Trans-Frauen mit männlichen Genitalien und auf der anderen Seite Cis-Frauen und Trans-Frauen, die eine Operation haben vornehmen lassen und nun auch weibliche Genitalien haben). Und ich finde das Argument für die
Rechtswidrigkeit, dass die Person bis zur OP mit den männlichen Genitalien die Patientinnen sexuell misshandeln könnte nicht überzeugend. Eine sexuelle Misshandlung kann grds. erst mal durch jede Person ungeachtet der Genitalien erfolgen und dann stellt das ja auch eine Straftat dar. Aber im vorliegenden Fall gibt es überhaupt keine Indizien für ein missbräuchliches Verhalten der Arzthelferin... Und mit dem Genitalargument läge sonst ja auch nahe, pauschal anzunehmen, dass bei allen männlichen Gynäkologen grundsätzlich erst mal zu befürchten ist, dass sie ihre Patientinnen sexuell misshandeln. Vielmehr erfordert der Fall m.E. eine wirklich sorgfältige Prüfung nach Art. 3 III Var. 1 GG. Eben wirklich genau hinzuschauen, was gegen eine Einstellung der transgeschlechtlichen Arzthelferin sprechen würde.

Notorious P.M.S.
20.2.2025, 09:33:34
Und ein diffuses Unwohlsein oder einen Generalverdacht wegen potentieller sexueller Misshandlung würde ich hier nicht als ausreichende Rechtfertigung sehen, wenn die konkrete Arzthelferin fachliche Expertise hat und nicht strafrechtlich auffällig war. Ich will hier dich damit gar nicht von meiner Meinung überzeugen, sondern vor allem sagen, dass man hier ein bisschen sauberer zwischen rechtlichem und biologischem Geschlecht unterscheiden muss und dann mit einer sauberen Trennung auch zu rechtlich haltbareren Argumenten kommt, um hier eine Ungleichbehandlung ggf. zu rechtfertigen und im Ergebnis dazu zu kommen, dass die Gynäkologin hier die Arzthelferin nicht einstellen musste! Lg :)
Nico
22.3.2025, 08:37:43
Das TSG wurde durch das Selbstbestimmungsgesetz ersetzt :)