Dingliches Besitzrechte

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Zirkusmanagerin Z ist knapp bei Kasse. Um den Zirkus weiter betreiben zu können, bestellt sie zugunsten des Händlers H ein Pfandrecht an ihrem goldenen Fabergé-Ei (§ 1205 BGB). Kurz darauf verkauft und übereignet sie das Ei an den Sammler S. Z und S vereinbaren dabei, dass S den Herausgabeanspruch der Z gegen H erhalten soll. S fordert von H die Herausgabe (§ 985 BGB).

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Einordnung des Falls

Dingliches Besitzrechte

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S hat das Eigentum an dem Fabergé-Ei von Z nach § 929 S. 1 BGB erlangt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Übertragung des Eigentums an einer Sache nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) eine dingliche Einigung zwischen Veräußerer und Erwerber, (2) die Übergabe der Sache, (3) das Einigsein bei Übergabe und (4) die Berechtigung des Veräußerers.Zwar liegt eine dingliche Einigung zwischen S und Z vor. Z hat das Ei im Zuge der Pfandrechtsbestellung aber an H übergeben. Z konnte das Ei daher nicht mehr an S übergeben. Voraussetzung für die Bestellung eines Faustpfandrechts ist die Veschaffung des unmittelbaren Besitzes zugunsten des Pfandgläubigers (§ 1205 Abs. 1 S. 1 BGB).
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2. S hat das Eigentum an dem Fabergé-Ei von Z nach §§ 929 S. 1, 931 BGB erlangt.

Ja, in der Tat!

Die Übergabe nach § 929 S. 1 BGB kann auch dadurch ersetzt werden, dass der Eigentümer dem Erwerber den Herausgabeanspruch abtritt, der nach Erlöschen des Pfandrechts entsteht (§§ 931, 1223 Abs. 1 BGB). Mit der Veräußerung hat Z den Herausgabeanspruch an S abgetreten. Die Belastung mit einem Pfandrecht steht der Berechtigung zur Veräußerung nicht entgegen. S hat von Z den Anspruch auf Herausgabe und damit das Eigentum am Ei erlangt (§§ 929 S. 1, 931, 1223 Abs. 1 BGB).

3. H hatte gegenüber Z ein Besitzrecht.

Ja!

Das Pfandrecht räumt dem Inhaber ein Recht zum Besitz ein, das so lange besteht, bis das Pfandrecht erlischt. Dies geschieht insbesondere mit Erlöschen der Forderung (§ 1252 BGB), mit der freiwilligen Rückgabe des Pfandes (§ 1253 BGB) oder bei Zusammenfallen von Pfandrecht und Eigentum (§ 1256 Abs. 1 BGB). Da Z keine Forderung des H getilgt und H das Ei nicht zurückgegeben hat, bestand somit ein Besitzrecht (§ 986 Abs. 1 S. 1 BGB).

4. H kann auch S das Besitzrecht entgegenhalten.

Genau, so ist das!

Das Mobiliarpfandrecht gehört zu den dinglichen Besitzrechten, die gegenüber jedermann (absolut) wirken. Damit muss sich auch S das Recht zum Besitz des H entgegenhalten lassen. S kann aber durch Tilgung der Forderung des H gegenüber Z das Pfandrecht erlöschen lassen, die Forderung geht dann auf ihn über (§§ 1249, 268 Abs. 3 S. 1, 1256 BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Edward Hopper

Edward Hopper

20.12.2022, 22:44:24

Sehe ich das richtig, dass S hier wegen 936 abs 3 nicht lastenfrei erwerben kann? (gutgl vorausgesetzt)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

21.12.2022, 11:08:11

Hallo Edward, im vorliegenden Fall dürfte der Rückgriff auf § 936 Abs. 3 BGB schon deshalb nicht notwendig sein, da S hier ja weiß, dass der abgetretene

Herausgabeanspruch

aus einem Pfandrecht resultiert. Aber in der Tat wäre das Pfandrecht hier über S selbst vor einem gutgläubigen lastenfreien Erwerb geschützt. Dem liegt der allgemeine Rechtsgedanke zugrunde, dass „ein mit Sachbesitz verbundenes Sachenrecht [...] dem guten Glauben eines entfernter besitzenden Erwerbers, nicht zu weichen [braucht]." (MüKoBGB/Oechsler, 8. Aufl. 2020, BGB § 936 Rn. 14) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

MAT

Matschegenga

17.3.2023, 10:32:56

Es fällt mir schwer, aus dem Sachverhalt eine Einigung zwischen Z und S über eine Abtretung des

Herausgabeanspruch

s am Ei (Rechtskauf iSv § 453 BGB) zu lesen. Da steht nur, dass Z dem S das Ei verkauft. Das lässt eher auf eine Einigung über einen Kaufvertrag iSv

§ 433 BGB

schließen. Z wäre demnach zur Besitzübergabe und Verschaffung des Eigentums verpflichtet, und nicht zur Abtretung des

HErausgabeanspruch

s. Wäre es nicht sinnvoll, das mit Blick auf die Frage, ob Z dem S den

Herausgabeanspruch

abgetreten hat, klarer zu fassen?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

20.3.2023, 15:24:59

Hallo Matschegenga, es handelt sich nicht um einen Rechtskauf. S hat nicht nur eine Forderung erworben, sondern das Eigentum am Ei. Allerdings gibt es unterschiedliche

Übereignung

statbestände - so kann die Übergabe i.S.d. § 929 S. 1 auch durch Abtretung eines

Herausgabeanspruch

s ersetzt werden. Dies ändert nichts an dem Charakter des Kaufvertrags, sondern lediglich die Modalitäten des

Verfügungsgeschäft

s werden geändert. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

27.4.2023, 21:02:23

@[

Nora Mommsen

](178057) Ich finde auch, dass im Sachverhalt erwähnt werden sollte, dass Z dem S ihren

Herausgabeanspruch

t abtritt. Zum Eigentumserwerbstatbestand wird ja kein Wort gesagt, weshalb hierüber keine Aussage getroffen werden kann…?

Amelie

Amelie

5.5.2023, 08:30:04

Oder ist das

konkludent

möglich?

DO

Dominic

31.7.2023, 16:49:31

Ich bin auch darüber gestolpert. Wenn der Sachverhalt keinerlei Hinweise gibt, wäre es doch zu viel Interpretation, wenn man die Abtretung eines

Herausgabeanspruch

s annehmen würde.

AY

aylin.

25.12.2023, 16:35:34

Ich hab sogar die Übergabe nach § 1205 abgelehnt, da dies nicht erwähnt wurde.


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