Dingliches Besitzrechte
26. Januar 2025
22 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Zirkusmanagerin Z ist knapp bei Kasse. Um den Zirkus weiter betreiben zu können, bestellt sie zugunsten des Händlers H ein Pfandrecht an ihrem goldenen Fabergé-Ei (§ 1205 BGB). Kurz darauf verkauft und übereignet sie das Ei an den Sammler S. Z und S vereinbaren dabei, dass S den Herausgabeanspruch der Z gegen H erhalten soll. S fordert von H die Herausgabe (§ 985 BGB).
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Einordnung des Falls
Dingliches Besitzrechte
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. S hat das Eigentum an dem Fabergé-Ei von Z nach § 929 S. 1 BGB erlangt.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. S hat das Eigentum an dem Fabergé-Ei von Z nach §§ 929 S. 1, 931 BGB erlangt.
Ja, in der Tat!
3. H hatte gegenüber Z ein Besitzrecht.
Ja!
4. H kann auch S das Besitzrecht entgegenhalten.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Edward Hopper
20.12.2022, 22:44:24
Sehe ich das richtig, dass S hier wegen 936 abs 3 nicht lastenfrei erwerben kann? (gutgl vorausgesetzt)
Lukas_Mengestu
21.12.2022, 11:08:11
Hallo Edward, im vorliegenden Fall dürfte der Rückgriff auf § 936 Abs. 3 BGB schon deshalb nicht notwendig sein, da S hier ja weiß, dass der abgetretene
Herausgabeanspruchaus einem Pfandrecht resultiert. Aber in der Tat wäre das Pfandrecht hier über S selbst vor einem gutgläubigen lastenfreien Erwerb geschützt. Dem liegt der allgemeine Rechtsgedanke zugrunde, dass „ein mit Sachbesitz verbundenes Sachenrecht [...] dem guten Glauben eines entfernter besitzenden Erwerbers, nicht zu weichen [braucht]." (MüKoBGB/Oechsler, 8. Aufl. 2020, BGB § 936 Rn. 14) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Matschegenga
17.3.2023, 10:32:56
Es fällt mir schwer, aus dem Sachverhalt eine Einigung zwischen Z und S über eine Abtretung des
Herausgabeanspruchs am Ei (Rechtskauf iSv §
453 BGB) zu lesen. Da steht nur, dass Z dem S das Ei verkauft. Das lässt eher auf eine Einigung über einen Kaufvertrag iSv § 433 BGB schließen. Z wäre demnach zur Besitzübergabe und Verschaffung des Eigentums verpflichtet, und nicht zur Abtretung des
HErausgabeanspruchs. Wäre es nicht sinnvoll, das mit Blick auf die Frage, ob Z dem S den
Herausgabeanspruchabgetreten hat, klarer zu fassen?
Nora Mommsen
20.3.2023, 15:24:59
Hallo Matschegenga, es handelt sich nicht um einen Rechtskauf. S hat nicht nur eine Forderung erworben, sondern das Eigentum am Ei. Allerdings gibt es unterschiedliche
Übereignungstatbestände - so kann die Übergabe i.S.d. § 929 S. 1 auch durch Abtretung eines
Herausgabeanspruchs ersetzt werden. Dies ändert nichts an dem Charakter des Kaufvertrags, sondern lediglich die Modalitäten des
Verfügungsgeschäfts werden geändert. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
ehemalige:r Nutzer:in
27.4.2023, 21:02:23
@[Nora Mommsen](178057) Ich finde auch, dass im Sachverhalt erwähnt werden sollte, dass Z dem S ihren
Herausgabeansprucht abtritt. Zum Eigentumserwerbs
tatbestandwird ja kein Wort gesagt, weshalb hierüber keine Aussage getroffen werden kann…?
Amelie
5.5.2023, 08:30:04
Dominic
31.7.2023, 16:49:31
Ich bin auch darüber gestolpert. Wenn der Sachverhalt keinerlei Hinweise gibt, wäre es doch zu viel Interpretation, wenn man die Abtretung eines
Herausgabeanspruchs annehmen würde.
aylin.
25.12.2023, 16:35:34
Ich hab sogar die Übergabe nach § 1205 abgelehnt, da dies nicht erwähnt wurde.
FalkTG
3.12.2024, 11:56:26
Was wäre denn mit einem gutgläubig lastenfreien Erwerb?
Alfestus
4.12.2024, 11:41:29
Ich schätze, dass die Gutgläubigkeit hier nicht vorliegen dürfte. Der S wird ja mitgeteilt, dass Z einen
Herausgabeanspruchhat, diesen per Abtretung erhält und sie das Ei somit nur per
Herausgabeansprucherlangen kann. Zumindest dürfte dies soweit Fragen bei S aufwerfen bei Einhaltung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. :)
Jann Grote
21.12.2024, 11:41:46
Das habe ich mich auch gefragt. Ein solcher scheitert aber an 1. der Gutgläubigkeit und 2. dem § 936 III. In einem vorherigen Beitrag hat ein JuraFuchs Teammitglied bereits eine ähnliche Frage beantwortet: Hallo Edward, im vorliegenden Fall dürfte der Rückgriff auf § 936 Abs. 3 BGB schon deshalb nicht notwendig sein, da S hier ja weiß, dass der abgetretene
Herausgabeanspruchaus einem Pfandrecht resultiert. Aber in der Tat wäre das Pfandrecht hier über S selbst vor einem gutgläubigen lastenfreien Erwerb geschützt. Dem liegt der allgemeine Rechtsgedanke zugrunde, dass „ein mit Sachbesitz verbundenes Sachenrecht [...] dem guten Glauben eines entfernter besitzenden Erwerbers, nicht zu weichen [braucht]." (MüKoBGB/Oechsler, 8. Aufl. 2020, BGB § 936 Rn. 14) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Bastian P.
8.1.2025, 16:59:02
Hi, in einem anderen Beitrag habt ihr gesagt, dass der
Herausgabeanspruchaus §
985 BGBnicht abgetreten werden kann. Würde das nicht in diesem Fall heißen, dass die
Übereignungunwirksam ist? Danke im Voraus
luc1502
8.1.2025, 19:14:58
Hi @[Bastian P.](217587) §
985 BGB„klebt“ gewissermaßen am Eigentum und dieser kann nicht isoliert abgetreten werden. Aber für §929,9
31 BGBgenügt die Abtretung eines anderen (potenziellen)
Herausgabeanspruchs und hier kommt insb. §1223 I BGB in Betracht -> dieser ist ein
Herausgabeanspruch, der abgetreten werden kann. Folglich geht die
Übereignunghier durch. Ich hoffe, es ist etwas klarer geworden. LG
Bastian P.
8.1.2025, 19:18:04
Danke @[luc1502](
95177) für die schnelle Antwort, das hat sehr weitergeholfen. In der Frage wurde explizit der § 985 genannt, weswegen mir die Frage aufkam.