Wertersatz bei Verschlechterung nach Ausübung des Rücktrittsrechts
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Studentin S kauft bei Thalia (T) den neuen Grüneberg. Beim Lernen fällt ihr nach einer Woche auf, dass die Kommentierung des Kaufrechts komplett fehlt. Nach Ablauf der Nachfrist erklärt S per E-Mail wirksam den Rücktritt. Als sie anschließend weiter lernt, verschüttet die stets fahrlässig handelnde S fahrlässig Rotwein über den Grüneberg.
Einordnung des Falls
Wertersatz bei Verschlechterung nach Ausübung des Rücktrittsrechts
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. S kann von T Rückzahlung des Kaufpreises verlangen (§ 346 Abs. 1 BGB).
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Genau, so ist das!
2. T kann von S Wertersatz verlangen, weil der Grüneberg jetzt Weinflecken hat, sich also verschlechtert hat (§ 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Hs. 1 BGB).
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Nein, das trifft nicht zu!
3. T hat folglich keine Ansprüche gegen S hinsichtlich der Beschädigung des Grünebergs nach Erklärung des Rücktritts.
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Nein!
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TeamRahad 🧞
12.4.2021, 09:12:13
Bzgl der Anspruchshöhe T gegen S kann man sich bei der Differenzhypothese mE schon fragen, ob ein unvollständiger Palandt überhaupt einen Wert hat, der noch (durch Rotweinflecken) vermindert werden kann 😄

Lukas_Mengestu
12.4.2021, 09:34:06
Ach, die Rotweinflecken werten ihn vielleicht sogar eher auf und machen ihn zu einem Unikat. Und das Kaufrecht ist eh stark überbewertet 😂

Im🍑nderabilie
12.12.2022, 14:03:38
Wäre es hier falsch, noch auf § 241 II hinzuweisen? :)
Fuller at H(e)art
11.2.2023, 22:26:18
Die Verneinung eines Wertersatzanspruchs aus 346 II 1 Nr.3 überzeugt m.E. nicht. Ob 346 III 1 Nr.3 ab Kenntnis und damit erst Recht ab Rücktritt noch Anwendung findet, ist mindestens begründungsbedürftig/strittig. Dass vorliegend ein Schadensersatzanspruch aufgrund Verletzung einer Pflicht aus dem Rückgewährschuldverhältnis gegeben ist, entbindet nicht von einer Auseinandersetzung.

CR7
11.4.2023, 09:45:08
@[Lukas Mengestu](136780) was sagst du dazu?
Lay
16.8.2023, 13:52:36
Da gehe ich mit. Reduziert nicht die h.M. § 346 III 1 Nr.3 teleologisch dahin, dass die Vorschrift ab der Rücktrittserklärung nicht mehr greift, da der Schuldner dann nicht mehr schutzwürdig ist? Schließlich kann er jedenfalls ab dem Zeitpunkt des Rücktritts nicht mehr darauf vertrauen, die Sache zu behalten. Er sollte sie also auch nicht mehr wie seine eigene behandeln dürfen.
David.
17.8.2023, 13:03:43
Sehe ich auch so
Rubinho
25.8.2023, 08:21:04
Also wir haben so einen Fall im Rep gemacht. Nach der h.M. gilt hier das 3 Phasen Modell des § 346 Abs. 3 Nr. 3 BGB, d.h. In Phase 1 (zwischen Vertragsschluss und Kenntnis des gesetzl. Rücktrittsrechts findet § 346 Abs. 3 Nr. 3 unzweifelhaft Anwendung; zwischen Kenntnis des gesetzl. Rücktrittsrechts und dem Rücktritt greift § 346 Abs. 3 Nr. 3 wohl auch (sehr strittig); nach dem Rücktritt findet § 346 Abs. 3 Nr. 3 keine Anwendung (teleologische Reduktion)). Hier wären wir ja in Phase 3 (Verschlechterung nach Rücktritt). Demnach sollte T ein Wertersatzanspruch gem. § 346 Abs. 2 Nr. 3 zustehen, da dieser gerade nicht nach § 346 Abs. 3 Nr. 3 entfällt.

Denislav Tersiski
6.11.2023, 10:23:51
In Grünenerg 346 Rd. 18 steht, dass wir auch im Rahmen des Schadensersatzanspruchs die Haftungsprivilegierung des III 1 Nr. 3 anwenden müssen (mit der Folge, dass ein ein Schadensersatzanspruch hier ausscheiden müsste). Warum wird das hier nicht getan? Weil das Buch erst nach Abgabe der Rucktrittserklärung beschädigt wurde?