Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2021
Ersatzfähigkeit von Finanzierungskosten bei Diesel-Fällen
Ersatzfähigkeit von Finanzierungskosten bei Diesel-Fällen
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K kauft von T für €18.000 einen gebrauchten VW Bulli. Dieser ist vom „Dieselskandal“ betroffen und hat eine Restlaufleistung von 200.000km. Den Kaufpreis finanziert K über ein Darlehen bei der X-Bank in gleicher Höhe, das sie nebst Zinsen in Höhe von €3.000 vollständig zurückzahlt.
Diesen Fall lösen 77,4 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Ersatzfähigkeit von Finanzierungskosten bei Diesel-Fällen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der VW Bulli ist sachmangelhaft. Deshalb könnte K ein Recht zum Rücktritt von ihrem Kaufvertrag mit T haben (§ 437 Nr. 2 Alt. 1 BGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. VW hat K gegenüber sittenwidrig gehandelt (§§ 826, 31 BGB). Deshalb könnten K auch gegen VW Ansprüche zustehen, obwohl sie den Bulli bei T gekauft hat.
Ja, in der Tat!
3. Der Kaufvertrag ist ein Vermögensschaden der K. Hat VW vorsätzlich gehandelt, kann K von VW deshalb Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen (§ 826 BGB).
Ja!
4. Im Rahmen des Anspruchs aus § 826 BGB muss VW auch die Finanzierungskosten von €3.000 dem Grunde nach ersetzen (§ 249 Abs. 1 BGB).
Genau, so ist das!
5. Sind die Finanzierungskosten auch dann ein kausaler Schaden, wenn nicht ausgeschlossen ist, dass K ein Darlehen in gleicher Höhe für einen Alternativkauf aufgenommen hätte?
Ja, in der Tat!
6. Hat K durch die Finanzierung einen Liquiditätsvorteil erlangt, der vom Ersatz der Finanzierungskosten abzuziehen ist (Vorteilsausgleichung)?
Nein!
7. K hat den Bulli bereits 200.000km gefahren. Mindert sich dadurch ihr Schadensersatzanspruch - auch in Bezug auf die Finanzierungskosten - auf Null (Vorteilsausgleichung)?
Nein, das ist nicht der Fall!
8. K hat den Bulli bereits 220.000km gefahren. Mindert sich dadurch ihr Schadensersatzanspruch über den Kaufpreis hinaus auf unter €3.000 (Vorteilsausgleichung)?
Ja, in der Tat!
9. VW muss nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Bulli Ersatz leisten.
Ja!
Fundstellen
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
medoLaw
23.2.2022, 08:25:41
Bei der Frage bei der hypothetischen Kausalität finde ich irreführend, weil die Frage danach fragt, ob "nicht ausgeschlossen ist" (Möglichkeit der anderweitigen Verwendung) ausreicht, aber dann in der Antwort vom sicheren Beweisen (definitiv andere Verwendung) die Rede ist
Lukas_Mengestu
25.2.2022, 15:20:43
Hallo medoLaw, das ist in der
Tatetwas tricky. Wir haben die Frage insoweit etwas präzisiert. Der Kniff an der Frage ist aber gerade, dass hier nach unterschiedlichen Maßstäben gefragt wird. Die bloße Möglichkeit, dass der Schaden auch so eingetreten werde, genügt eben nicht aus, um ihn entfallen zu lassen. Vielmehr muss sicher bewiesen werden, dass die gleichen Finanzierungskosten K auch bei einem Alternativkauf entstanden wären. Da diese Anforderungen von VW nicht erfüllt wurden, lag ein kausaler Schaden vor. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
kithorx
18.2.2023, 23:48:20
Müsste es im Sachverhalt nicht heißen, dass der Wagen eine "Total"laufleistung von 200.000km hat, s
tatt Restlaufleistung? Die Restlaufleistung beträgt doch hier quasi -20.000km, weil mehr als 200.000km gefahren, oder verstehe ich das falsch?
Timurso
19.2.2023, 16:37:47
Die Angabe im Sachverhalt stellt auf den Zeitpunkt bei Kauf ab. Nachdem der Wagen, wie später in der Frage angegeben, 220.000 km gefahren wurde, beträgt die Restlaufleistung
tatsächlich -20.000 km
kithorx
19.2.2023, 17:05:39
@[Timurso](197555) so ergibt es Sinn, ja! Die Angabe in der Lektion versteht man in meinen Augen aber anders. Vielleicht kann das Team das klarer formulieren :)
Lukas_Mengestu
21.2.2023, 10:38:17
Hallo ihr beiden, vielen Dank für eure Anmerkungen. Wir haben nun im Sachverhalt noch präzisiert, dass es sich in dem zugrunde liegenden Urteil um ein Gebrauchtfahrzeug gehandelt hat, weswegen es zum Zeitpunkt des Kaufes nicht um die Total- sondern nur die Restlaufzeit ging. Sofern es sich um einen Neuwagen gehandelt hätte, hätte man in der
Tatauf die Totallaufleistung abstellen müssen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
CR7
11.4.2023, 08:54:06
Gute Aufarbeitung, ich habe aber zwei Anmerkungen: Zum einen wird mitten in der Aufgabe auf eine weitere Aufgabe verwiesen, was für mich absolut keinen Sinn macht, weil ich ja die Aufgabe fertig machen will und ggf. danach die verlinkte Aufgabe aufrufen will. Dazu müsste ich aber dann wieder die eben gelöste Aufgabe aufrufen und bis zu dieser Frage die Antworten „wegdrücken“. Besser wäre es daher, die Aufgaben am Ende der letzten Frage nochmal zu verlinken, so dass man da anknüpfen kann. Zweitens finde ich die dargestellten Voraussetzungen in dieser Aufgabe zu der Vorteilsanrechnung nicht gut. Gestartet wird mit (1) der Rechtsfolge der Vorteilsanrechnung (Anspruchsminderung), und erst (2) und (3) geben die Voraussetzungen wieder. Das ist unüblich. Die Darstellungsweise finde ich auch nicht gut, ich würde es hier lieber als Nummerierung untereinander machen ans
tatt mitten im Satz. Nehmt es mir nicht böse, soll nur ein kleines Feedback sein!
IsiRider
24.2.2024, 09:20:50
Die Relativität von Schuldverhältnissen findet hier keinerlei Berücksichtigung, warum? Mir fehlt die Differenzierung von schuldrechtlicher und dinglicher Ebene.