Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2021
Ersatzfähigkeit von Finanzierungskosten bei Diesel-Fällen
Ersatzfähigkeit von Finanzierungskosten bei Diesel-Fällen
10. Februar 2025
22 Kommentare
4,7 ★ (25.738 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K kauft von T für €18.000 einen gebrauchten VW Bulli. Dieser ist vom „Dieselskandal“ betroffen und hat eine Restlaufleistung von 200.000km. Den Kaufpreis finanziert K über ein Darlehen bei der X-Bank in gleicher Höhe, das sie nebst Zinsen in Höhe von €3.000 vollständig zurückzahlt.
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Einordnung des Falls
Ersatzfähigkeit von Finanzierungskosten bei Diesel-Fällen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der VW Bulli ist sachmangelhaft. Deshalb könnte K ein Recht zum Rücktritt von ihrem Kaufvertrag mit T haben (§ 437 Nr. 2 Alt. 1 BGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. VW hat K gegenüber sittenwidrig gehandelt (§§ 826, 31 BGB). Deshalb könnten K auch gegen VW Ansprüche zustehen, obwohl sie den Bulli bei T gekauft hat.
Ja, in der Tat!
3. Der Kaufvertrag ist ein Vermögensschaden der K. Hat VW vorsätzlich gehandelt, kann K von VW deshalb Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen (§ 826 BGB).
Ja!
4. Im Rahmen des Anspruchs aus § 826 BGB muss VW auch die Finanzierungskosten von €3.000 dem Grunde nach ersetzen (§ 249 Abs. 1 BGB).
Genau, so ist das!
5. Sind die Finanzierungskosten auch dann ein kausaler Schaden, wenn nicht ausgeschlossen ist, dass K ein Darlehen in gleicher Höhe für einen Alternativkauf aufgenommen hätte?
Ja, in der Tat!
6. Hat K durch die Finanzierung einen Liquiditätsvorteil erlangt, der vom Ersatz der Finanzierungskosten abzuziehen ist (Vorteilsausgleichung)?
Nein!
7. K hat den Bulli bereits 200.000km gefahren. Mindert sich dadurch ihr Schadensersatzanspruch - auch in Bezug auf die Finanzierungskosten - auf Null (Vorteilsausgleichung)?
Nein, das ist nicht der Fall!
8. K hat den Bulli bereits 220.000km gefahren. Mindert sich dadurch ihr Schadensersatzanspruch über den Kaufpreis hinaus auf unter €3.000 (Vorteilsausgleichung)?
Ja, in der Tat!
9. VW muss nur Zug um Zug gegen Herausgabe des Bulli Ersatz leisten.
Ja!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

medoLaw
23.2.2022, 08:25:41
Bei der Frage bei der hypothetischen Kausalität finde ich irreführend, weil die Frage danach fragt, ob "nicht ausgeschlossen ist" (Möglichkeit der anderweitigen Verwendung) ausreicht, aber dann in der Antwort vom sicheren Beweisen (definitiv andere Verwendung) die Rede ist

Lukas_Mengestu
25.2.2022, 15:20:43
Hallo medoLaw, das ist in der Tat etwas tricky. Wir haben die Frage insoweit etwas präzisiert. Der Kniff an der Frage ist aber gerade, dass hier nach unterschiedlichen Maßstäben gefragt wird. Die bloße Möglichkeit, dass der Schaden auch so eingetreten werde, genügt eben nicht aus, um ihn entfallen zu lassen. Vielmehr muss sicher bewiesen werden, dass die gleichen Finanzierungskosten K auch bei einem Alternativkauf entstanden wären. Da diese Anforderungen von VW nicht erfüllt wurden, lag ein kausaler Schaden vor. Beste Grüße, Lukas - für das
Jurafuchs-Team

kithorx
18.2.2023, 23:48:20
Müsste es im Sachverhalt nicht heißen, dass der Wagen eine "Total"laufleistung von 200.000km hat, statt Restlaufleistung? Die Restlaufleistung beträgt doch hier quasi -20.000km, weil mehr als 200.000km gefahren, oder verstehe ich das falsch?
Timurso
19.2.2023, 16:37:47
Die Angabe im Sachverhalt stellt auf den Zeitpunkt bei Kauf ab. Nachdem der Wagen, wie später in der Frage angegeben, 220.000 km gefahren wurde, beträgt die Restlaufleistung tatsächlich -20.000 km

kithorx
19.2.2023, 17:05:39
@[Timurso](197555) so ergibt es Sinn, ja! Die Angabe in der Lektion versteht man in meinen Augen aber anders. Vielleicht kann das Team das klarer formulieren :)

Lukas_Mengestu
21.2.2023, 10:38:17
Hallo ihr beiden, vielen Dank für eure Anmerkungen. Wir haben nun im Sachverhalt noch präzisiert, dass es sich in dem zugrunde liegenden Urteil um ein Gebraucht
fahrzeuggehandelt hat, weswegen es zum Zeitpunkt des Kaufes nicht um die Total- sondern nur die Restlaufzeit ging. Sofern es sich um einen Neuwagen gehandelt hätte, hätte man in der Tat auf die Totallaufleistung abstellen müssen. Beste Grüße, Lukas - für das
Jurafuchs-Team
Doli
29.12.2024, 12:45:29
Also zieht man bei der Berechnung des Gebrauchsvorteiles die Restlaufleistung zum Kaufzeitpunkt, nicht zum Schadensersatzzeitpunkt heran, richtig?

Tim Gottschalk
3.2.2025, 20:32:33
@[Doli](158861) Genau! Nur so macht die Berechnung Sinn. Man möchte so praktisch den Anteil des Kaufpreises ermitteln, der auf die gefahrene Strecke entfallen würde, unter der Annahme, dass sich der Kaufpreis gleichmäßig auf die insgesamt mit dem Auto fahrbaren Kilometer verteilt. Viele Grüße, Tim - für das
Jurafuchs-Team @[Wendelin Neubert](409)

CR7
11.4.2023, 08:54:06
Gute Aufarbeitung, ich habe aber zwei Anmerkungen: Zum einen wird mitten in der Aufgabe auf eine weitere Aufgabe verwiesen, was für mich absolut keinen Sinn macht, weil ich ja die Aufgabe fertig machen will und ggf. danach die verlinkte Aufgabe aufrufen will. Dazu müsste ich aber dann wieder die eben gelöste Aufgabe aufrufen und bis zu dieser Frage die Antworten „wegdrücken“. Besser wäre es daher, die Aufgaben am Ende der letzten Frage nochmal zu verlinken, so dass man da anknüpfen kann. Zweitens finde ich die dargestellten Voraussetzungen in dieser Aufgabe zu der Vorteilsanrechnung nicht gut. Gestartet wird mit (1) der Rechtsfolge der Vorteilsanrechnung (Anspruchsminderung), und erst (2) und (3) geben die Voraussetzungen wieder. Das ist unüblich. Die Darstellungsweise finde ich auch nicht gut, ich würde es hier lieber als Nummerierung untereinander machen anstatt mitten im Satz. Nehmt es mir nicht böse, soll nur ein kleines Feedback sein!
jenny24
2.1.2025, 09:22:57
Die Rechtsfolge oder Ergebnis wird im Urteilsstil immer vorangestellt. Auch im GAStil , denn dort fragt man im Obersatz danach.
IsiRider
24.2.2024, 09:20:50
Die Relativität von
Schuldverhältnissen findet hier keinerlei Berücksichtigung, warum? Mir fehlt die Differenzierung von
schuldrechtlicher und dinglicher Ebene.

Tim Gottschalk
3.2.2025, 19:51:54
Hallo @[IsiRider](24300), inwiefern sollte die Relativität von
Schuldverhältnissen und/oder die Differenzierung von
schuldrechtlicher und dinglicher Ebene deiner Meinung nach hier Berücksichtigung finden? Meinst du dahingehend, dass unterschieden werden muss zwischen dem Vertragsschluss von K mit X und der Zahlung der Zinsen selbst? Bzw. dass die Verpflichtung von K gegenüber X grundsätzlich keine Wirkung gegenüber VW hat? Beides würde ich wie bei einem Deckungskauf lösen. Die Verpflichtung gegenüber dem Dritten gehört zum Schaden, weil sich die K dazu herausgefordert fühlen durfte. Und der Schaden entsteht wohl bereits durch den Abschluss es Vertrags mit X und nicht erst durch die Zahlung der Zinsen, da K die Verpflichtung zur Zahlung und damit den Schaden ja auch hätte, wenn der Vertrag bereits vor Zahlung der letzten Rate rückabgewickelt worden wäre. Wenn du etwas anderes meintest, sag gerne noch einmal Bescheid. Viele Grüße, Tim - für das
Jurafuchs-Team @[Wendelin Neubert](409)