Öffentliches Recht
Verwaltungsrecht AT
Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten
Rücknahme eines begünstigenden VAs: Verwirkung der Rücknahmebefugnis
Rücknahme eines begünstigenden VAs: Verwirkung der Rücknahmebefugnis
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Stadt S bewilligt G Wirtschaftshilfen (€ 20.000). 40 Jahre später bemerkt S, dass G keinen Anspruch auf die Zahlungen hatte. S nimmt die Bewilligung innerhalb eines Jahres zurück. G wusste nichts von seiner fehlenden Berechtigung und hat das Geld bereits ausgegeben.
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Einordnung des Falls
Rücknahme eines begünstigenden VAs: Verwirkung der Rücknahmebefugnis
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. S hat die Rücknahmefrist des § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG eingehalten.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Rücknahme unterliegt den allgemeinen Verjährungsfristen. S' Rücknahmebefugnis ist verjährt.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Weil S's den Verwaltungsakt bereits vor 40 Jahren erlassen hat und G nicht mehr mit der Rücknahme rechnen musste, kommt eine Verwirkung der Rücknahmebefugnis in Betracht.
Ja!
4. Bereits die schlichte Untätigkeit der Behörde seit 40 Jahren begründet vorliegend die Verwirkung der Rücknahmebefugnis.
Nein, das ist nicht der Fall!
5. In der Praxis nimmt die Rechtsprechung das Vorliegen der Verwirkung selten an. Im vorliegenden Fall kann sie aber gut begründet werden.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
ri
8.3.2022, 01:55:54
Merkhilfe Verwirkung: Zeit ist um - vertraut mir! Zeit = Zeitmoment Um = Umstandsmomet Vertraut mir = Vertrauensschutz
M0NAC0
20.6.2022, 12:28:28
Selbst die Verwirrung ist verwirrt
Respektive
30.3.2023, 20:35:24
Warum nutzt man den Umstand mit den 40 Jahren (und die weiteren Gründe) nicht einfach, um in der Prüfung von § 48 Abs. 2 VwVfG zu dem Ergebnis zu kommen, dass das öffentliche Interesse an der Rücknahme den Vertrauensschutz nicht überwiegt?
Benedikt
16.8.2023, 13:30:16
Frage mich das auch. Meine Vermutung ist, dass durch die Frist in § 48 IV abschließend festgelegt ist, wann der Vertrauensschutz das öffentliche Interesse überwiegt. Was den vorliegenden Fall angeht verstehe ich nicht, wieso nicht unabhängig von der abgelaufenen Zeit ein Rücknahmeverbot nach § 48 II S. 2 angenommen wird, da der G das Geld ausgegeben hat.
Patrick4219
2.2.2024, 13:54:16
Ein Rücknahme Verbot liegt nicht vor, da bei § 48 II S.2 VwVfG auf den Rechtsgedanken der zivilrechtlichen
Entreicherungabgestellt wird. Eine
Entreicherungliegt daher nur vor, wenn das Erlangen etwas (Subvention) nicht mehr im Vermögen der G vorhanden ist. Dies ist insbesondere bei
Luxusaufwendungen, also solchen Aufwendungen, die man ohne die Subvention nicht getätigt hätte der Fall. Hierzu gibt der SV jedoch keine Auskunft, sodass eine
Entreicherungnicht angenommen werden kann.
Strukturjonas
28.4.2024, 15:05:10
Ich habe mich das gleiche gefragt. Eine
Entreicherungist ja nicht mal zwingend notwendig für ein Rücknahmeverbot, man könnte doch auch allgemein über § 48 II S. 1 BVwVfG gehen und sagen, dass das Vertrauen in den Bestand des Verwaltungsaktes überwiegt?
Felix_99
13.9.2023, 18:53:02
Wie würde der Lösungsweg bei Kenntnis der Nicht vorhandenen Berechtigung aussehen ?
Patrick4219
2.2.2024, 13:49:32
In diesem Fall könnte sich der G nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen und die Verwirkung würde ausscheiden. Die Rücknahme wäre daher weiterhin auch nach 40 Jahren möglich.
bayilm
24.4.2024, 10:48:03
An welcher Stelle würde ich denn sowas am ehesten in der Klausur ansprechen. Mich hat die Ausführung aus der letzten Aufgabe mit der Verjährung etwas verwirrt. Dort hieß es, dass die Verjährung dazu führen würde, dass keine Rücknahmebefugnis mehr besteht und denklogisch dies schon vor der Frage nach der Einhaltung der Frist geprüft werden muss. Heißt das dann auch, dass ich eine mögliche Verwirkung auch schon vor einem möglichen Fristablauf in der Klausur prüfen müsste?