Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB: Luxusaufwendungen


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Studentin S lebt von BAföG. Regelmäßig kauft sie Sachen, um sie teurer weiterzuverkaufen, so auch mit einer Spielekonsole. Von dem Erlös geht sie in ein schickes Restaurant, was sie sich sonst nicht leisten könnte. Verkäufer V ficht den Kaufvertrag über die Konsole wirksam an.

Einordnung des Falls

Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB: Luxusaufwendungen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V hat gegen S einen Anspruch aus Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).

Genau, so ist das!

S hat die Konsole durch Leistung erlangt. Der Rechtsgrund dafür ist aufgrund der Anfechtung später weggefallen. S hat also etwas durch Leistung und ohne Rechtsgrund erlangt. Der Anspruch besteht.

2. In Fällen der Unmöglichkeit der Herausgabe des Bereicherungsgegenstands ist grundsätzlich Wertersatz zu leisten (§ 818 Abs. 2 BGB).

Ja, in der Tat!

Kann das Erlangte, die Nutzungen oder das Surrogat nicht (mehr) so, wie es erlangt worden sind, herausgegeben werden, ist nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Voraussetzung ist, dass das Erlangte wegen seiner Beschaffenheit oder aus einem anderen Grunde nicht (mehr) herausgegeben werden kann. Die Wertersatzpflicht steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Einwendung der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) nicht greift.

3. Der Bereicherungsschuldner kann sich grundsätzlich nicht auf die Einwendung der Entreicherung berufen, soweit er Aufwendungen erspart hat.

Ja!

§ 818 Abs. 3 BGB greift nur, wenn (1) der Schuldner nicht mehr bereichert ist und (2) der Schuldner schutzwürdig ist (vgl. §§ 818 Abs. 4, 819 BGB). Selbst wenn das ursprünglich Erlangte weggefallen ist, ist die Bereicherung noch vorhanden, wenn der Schuldner Aufwendungen erspart hat, die er sonst hätte tätigen müssen. Dann ist der Schuldner in Höhe der ersparten Aufwendungen bereichert. Nicht bereichert ist der Schuldner bei sog. Luxusaufwendungen. Hierbei handelt es sich um Ausgaben, die der Schuldner ohne die Verwertung des Bereicherungsgegenstands nicht getätigt hätte.

4. S ist noch bereichert, da sie sich eigene Aufwendungen erspart hat (§ 818 Abs. 2 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Schuldner ist immer noch bereichert, soweit er sich eigene Aufwendungen erspart hat. Allerdings sind Luxusaufwendungen keine ersparten Aufwendungen. Denn das Geld hätte der Schuldner ohne die Bereicherung nicht aufgewandt. Studentin S hätte das Geld für das Restaurant nicht selbst aufgewandt. Das hätte sie sich mit dem ihr zur Verfügung stehenden Geld nicht leisten können. Gemessen an dem normalen Verlauf der Dinge ohne Bereicherung hätte sich S also keine Aufwendungen erspart. Es handelt sich um Luxusaufwendungen. S ist nicht mehr bereichert (§ 818 Abs. 3 BGB). Sie hat keinen Wertersatz zu leisten.

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Helena

Helena

1.2.2022, 14:58:44

Vielen Dank für dieses Kapitel! Der Umfang des Bereicherungsanspruchs ist sehr kompliziert, deshalb bin ich froh, dass es jetzt ein Kapitel Pop gibt. Es wäre toll, wenn noch ein paar mehr Fälle hinzu kommen könnten.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.2.2022, 16:24:53

Das freut uns, Helena. Wir werden den Bereich gerne noch weiter ausbauen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

ANY

ANY

27.5.2022, 13:45:51

Nicht „wenn er sich eigene Aufwendungen erspart hat“ sondern „soweit“. Demnach müssten doch auch hier ca. 2,50 Euro herausverlangt werden können?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

21.6.2022, 15:34:09

Hallo ANY, danke dir für den Hinweis. Die Formulierung haben wir präzisiert. Der Sachverhalt gibt keine weiteren Informationen über die Höhe der ersparten Aufwendungen, sodass wir in den Antworten auch nicht weiter darauf eingehen. Daher immer im Kopf behalten, das in der Klausur gilt: Der Sachverhalt ist heilig. Vielleicht wäre S ja auch gar nicht essen gegangen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

WH

Why

19.2.2024, 19:09:29

Hat der V also keinerlei Ansprüche gegen S und geht "leer" aus?

LS2024

LS2024

19.5.2024, 11:33:20

Das Frage ich mich auch. Ich antworte mal so wie es meinem Verständnis entspricht. Falls das nicht richtig ist, freue ich mich aber natürlich über eine Richtigstellung: Nein, nach der Saldotheorie wären beide Ansprüche zu verrechnen bevor die

Entreicherung

berücksichtigt wird. Wenn die Konsole 400 € wert war und der Käufer 400 € gezahlt hat, dann wäre also der Saldo null. V könnte dann also weder die Konsole herausverlangen, noch könnte K den Kaufpreis zurückverlangen. Nach der eingeschränkten Zweigkondiktionentheorie ist auf die Wertung der §§ 346 f. BGB abzustellen. Da die §§ 346 f. keine

Entreicherung

für gezahlte Geldbeträge kennen, wäre demnach dem Bereicherungsschuldner (hier der V) die Berufung auf die

Entreicherung

verwehrt. Auch danach müsste K also die Konsole zurückgeben und würde dafür von V 400 € zurückbekommen.


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