Beseitigungsanspruch

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Kaufmann K konnte Prokuristin P nicht aufhalten: Sie hat die E-Mail mit der unwahren Tatsachenbehauptung an die Kunden des K versendet.

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Einordnung des Falls

Beseitigungsanspruch

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K kann jetzt nur noch im Wege des Schadensersatzanspruchs (§ 824 Abs. 1 BGB) gegen P vorgehen.

Nein, das ist nicht der Fall!

§ 824 Abs. 1 BGB gewährt dem von der unwahren Tatsachenbehauptung Betroffenen Ersatz für sämtliche dadurch adäquat kausal verursachten Vermögensschäden. Ist aber durch die unwahre Tatsachenbehauptung ein Zustand dauernder bzw. sich erneuernder Rufbeeinträchtigung geschaffen worden, kommt auch ein Beseitigungsanspruch (§§ 1004 Abs. 1 S. 1, 824 Abs. 1 BGB analog) in Betracht. Letzterer ist im Gegensatz zum Schadensersatzanspruch verschuldensunabhängig. Der Beseitigungsanspruch dient daher dazu, dass fortdauernde widerrechtliche Beeinträchtigungen ohne Rücksicht auf die Schuldfrage beseitigt werden. K könnte neben dem Schadensersatzanspruch (§ 824 Abs. 1 BGB) auch ein Beseitigungsanspruch (§§ 1004 Abs. 1 S. 1, 824 Abs. 1 BGB analog) zustehen.
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2. Der Beseitigungsanspruch (§§ 1004 Abs. 1 S. 1, 823ff. BGB analog) setzt die Gefahr erneuter Beeinträchtigungen voraus.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Beseitigungsanspruch (§§ 1004 Abs. 1 S. 1, 823ff. BGB analog) setzt voraus (1) eine eingetretene Verletzung der durch §§ 823ff. BGB geschützten Rechte und Rechtsgüter, (2) eine fortdauernde Beeinträchtigung, (3) Rechtswidrigkeit des Zustands (keine Duldungspflicht (§ 1004 Abs. 2 BGB)) und (4) die Störereigenschaft des Anspruchsgegners. Er verlangt also im Gegensatz zum Unterlassungsanspruch keine Begehungsgefahr, sondern eine bereits eingetretene, fortdauernde Beeinträchtigung. Diese Beeinträchtigung liegt hier in der andauernden Rufbeeinträchtigung des K.

3. Weil die Rufbeeinträchtigung unmöglich beseitigt werden kann, passt die Rechtsfolge des Beseitigungsanspruchs (§§ 1004 Abs. 1 S. 1, 824 Abs. 1 BGB analog) hier nicht.

Nein!

Rechtsfolge des Beseitigungsanspruchs (§§ 1004 Abs. 1 S. 1, 824 Abs. 1 BGB analog) ist die Beseitigung der fortdauernden Beeinträchtigung. Bei einer Rufbeeinträchtigung erfolgt dies in der Regel durch eine Berichtigung der angegriffenen Behauptung. So kann – abgestuft nach den Umständen des Einzelfalls – vom Urheber der falschen Behauptung deren (1) Widerruf oder (2) eine Distanzierung oder (3) eine Richtigstellung verlangt werden. Hier dürfte ein Widerruf in Betracht kommen, weil es sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung handelt (weder Kündigung noch finanzielle Notlage). Beachte: Ein Widerruf einer Meinungsäußerung ist - im Gegensatz zur unwahren Tatsachenbehauptung - mit Rücksicht auf Art. 5 GG unzulässig und kann nicht auf § 1004 BGB gestützt werden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

frausummer

frausummer

9.2.2021, 13:23:37

Die Erklärung der letzten beiden Sätze der letzten Frage verwirren mich. Kann ich einen Widerruf nun auf

1004 BGB

stützen oder wegen Art. 5 GG nicht? Falls nicht, unter welchen Umständen wäre denn dann ein Widerruf möglich?

GI

GingerCharme

9.2.2021, 14:24:37

Der Widerruf einer Meinung, ist wegen Artikel 5 kritisch. Vorliegend behauptet die P aber eine Tatsache, ob sie gekündigt wurde und ob ihr Arbeitgeber finanziell problembehaftet ist, ist dem Beweis zugänglich und nicht durch subjektive Stellungnahme oder Dafürhalten geprägt. Damit liegt mMn eine zweifache unwahre Tatsachenbehauptung vor, weshalb Artikel 5 hier mangels Meinung nicht entgegensteht.

Hannah B.

Hannah B.

23.1.2022, 15:42:21

Hallo, @[frausummer](134011) und @[GingerCharme](118525)! Vielen Dank für eure Hinweise. Wir haben die letzte Erklärung daraufhin überarbeitet. Liebe Grüße Hannah - für das Jurafuchs-Team

EVA

evanici

12.9.2023, 11:08:27

Ich fände es hilfreich, wenn ihr die Schemata dort, wo sie "gleich" sind, auch so darstellen würdet... Zwar schreibt ihr, in welchen Punkten sich S. 1 und S. 2 unterscheiden, aber es ist zunächst verwirrend, wenn in S. 2 z.B. der Prüfungspunkt "Keine

Duldung

spflicht" genannt wird, in S. 1 jedoch "Rechtswidrigkeit des Zustands"... Gleiches gilt für den Störer-Prüfungspunkt... Für mich persönlich fände ich es hilfreich, wenn man dann farblich hervorgehoben sehen würde, welche Punkte im Schema genau anders sind, aber das ist natürlich Geschmacksache :)

EVA

evanici

12.9.2023, 11:16:11

Wie sieht es weiterhin mit § 1004 S. 1/S. 2 in Verbindung mit Rahmenrechten aus? Wäre die bei § 823 I pur im Rahmen der Rechtswidrigkeit zu thematisierende Güterabwägung dann bereits beim Prüfungspunkt "eingetretene/drohende Verletzung der durch §§ 823 ff. geschützten

Rechtsgüter

" zu thematisieren? Oder erst im Rahmen des Punktes keine

Duldung

spflicht?

Jonas22

Jonas22

3.5.2024, 09:25:51

Wie muss ich das mit diesen ganzen anerkannten analogen Anwendungen in der Klausur handhaben? Muss ich da etwas zur vergleichbaren Interessenlage und planwidrigen Regelungslücke schreiben? Vor allem bei der planwidrigen Regelungslücke fällt mir das in der Klausur extrem schwer, weil ich im Zweifel nie weiß, was der Gesetzgeber wollte.

GO

gova

28.5.2024, 20:29:43

In Fällen habe ich es bisher so gesehen, dass als erster „Prüfungspunkt“ vor der eigentlichen Prüfung angemerkt wurde, dass sich der Anwendungsbereich des § 1004 I 1, 2 BGB nach ganz h.M. auch auf die weiteren

Rechtsgüter

des § 823 I erstreckt, sodass die richtige Rechtsgrundlage z.B. § 823 I i.V.m. § 1004 I 2 analog ist. Eine tiefergehende Prüfung dessen würde ich m.E., angesichts des Konsens, nicht führen.

Paulah

Paulah

29.7.2024, 10:34:43

Der Sachverhalt steht beim ersten Durchlauf im Zusammenhang mit dem Sachverhalt davor. Es wird hier vorausgesetzt, dass man die Informationen aus dem ersten Sachverhalt parat hat. Wenn man durch einen unterschiedlichen Wiederholungsmodus den Fall einzeln vorgelegt bekommt, fehlen Informationen.

Dogu

Dogu

6.8.2024, 13:28:55

Ja, das Problem hatte ich gerade bei der Spaced-Repetition. Jurafuchs sollte daher auf solche Sachverhaltsverweisungen verzichten.

Paulah

Paulah

26.10.2024, 10:47:37

s. o. und meinen anderen Thread Viele Grüße von Paula


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