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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

G verkauft S einen Silberring. Dabei spiegelt G dem S wahrheitswidrig vor, der Ring sei aus Platin. Er zahlt nicht und reist in die Karibik. G verklagt ihn erfolgreich auf Zahlung. Als S nach Rechtskraft des Urteils zurückkommt, bemerkt er die Täuschung und erklärt sofort die Anfechtung. G will vollstrecken.

Einordnung des Falls

Präklusion / Gestaltungsrechte 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S kann zulässigerweise eine Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) erheben.

Genau, so ist das!

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) lauten: (1) Statthaftigkeit, (2) Zuständigkeit des Gerichts, (3) Rechtsschutzbedürfnis. S richtet sich mit dem materiell-rechtlichen Einwand, der Kaufvertrag und damit auch der Zahlungsanspruch sei durch seine Anfechtung erloschen (§ 142 Abs. 1 BGB), gegen den in dem Urteil titulierten Anspruch. Die Vollstreckungsabwehrklage ist statthaft. G will vollstrecken; die Zwangsvollstreckung „droht“ also, sodass für S auch ein Rechtsschutzbedürfnis besteht.

2. Die Vollstreckungsabwehrklage ist begründet, wenn S die Einwendung tatsächlich zusteht und die Einwendung nicht präkludiert ist.

Ja, in der Tat!

Die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) ist begründet, wenn (1) die Sachbefugnis vorliegt, (2) dem Kläger eine materiell-rechtliche Einwendung gegen den titulierten Anspruch zusteht und (3) diese nicht präkludiert (§ 767 Abs. 2 ZPO) ist. S und G sind als Vollstreckungsschuldner bzw. -gläubiger sachbefugt. S irrt sich über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Rings, sodass ein Anfechtungsgrund vorliegt (§ 119 Abs. 2 BGB). Er hat die Anfechtung auch fristgerecht erklärt (§§ 121 Abs. 1, 143 Abs. 1 BGB). Die Anfechtung ist wirksam, der Zahlungsanspruch erloschen. Die Einwendung steht S zu. Fraglich ist, ob sie präkludiert (§ 767 Abs. 2 ZPO) ist.

3. S ist mit der Einwendung der Anfechtung präkludiert (§ 767 Abs. 2 ZPO).

Ja!

Einwendungen sind ausgeschlossen (§ 767 Abs. 2 ZPO), wenn die Tatsachen, auf denen sie beruhen, schon zum Schluss der mündlichen Verhandlung gegeben waren. Nach ständiger Rechtsprechung kommt es bei Gestaltungsrechten (Anfechtung, Aufrechnung, Rücktritt) darauf an, wann diese ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Schuldners entstanden sind, nicht wann der Schuldner sie ausgeübt hat oder ausüben konnte. Zum Schluss der mündlichen Verhandlung hatte S bereits ein Anfechtungsrecht. Obwohl S erst später seinen Irrtum und damit das Bestehen des Anfechtungsgrunds erkannte und die Anfechtung erklärte, ist die Einrede der Anfechtung präkludiert (§ 767 Abs. 2 ZPO) und damit die Klage unbegründet.Jüngst hat der BGH entschieden, dass auch beim verbraucherschützenden Widerruf der Entstehungszeitpunkt maßgeblich sei (BGH,03.03.2020 – XI ZR 486/17).

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Isabell

Isabell

28.6.2020, 13:13:59

Den Sachverhalt finde ich unglücklich. Da S gar nicht da war, wird es keine mündliche Verhandlung gegeben haben, sondern ein Versäumnisurteil.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

28.6.2020, 13:37:29

Vorsicht! Im Zivilprozess muss der Beklagte nicht persönlich anwesend sein. Er kann sich vor dem AG nach 79 II ZPO und muss sich vor dem LG nach 78 I ZPO durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Wenn der da ist und verhandelt, kann kein VU gegen den Beklagten ergehen!

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

28.6.2020, 13:40:22

Vgl. auch die 80, 81, 85 ZPO. (Prozessvertretung)

Isabell

Isabell

6.12.2020, 12:14:50

Das stimmt. Aber von einer anwaltlichen Vertretung steht nichts im Sachverhalt. Nur weil es grds. zulässig ist, dass nur der Anwalt anwesend ist, jetzt anzunehmen, dass der in der Karibik verweilende Beklagte dann auch von einem solchen vertreten wird, finde ich ohne irgendeinen Anhaltspunkt dafür nicht nachvollziehbar. Das liefe bei mir unter "Sachverhaltsquetsche".

BBE

bibu knows best

18.8.2022, 11:42:10

Also das bedeutet, selbst bei unverschuldetem nicht bemerken, tritt Präklusion ein?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

19.8.2022, 18:30:36

Hallo bibu knows best, genauso ist es. Präklusion dient der Rechtssicherheit und zieht bildlich gesprochen die letzte Linie, aber der dann Schluss ist. Für Gestaltungsrechte kommt es da "nur" darauf an, ab wann diese vorgelegen haben. Der Gestaltungsgrund und nicht die Rechtsfolge der Gestaltung gibt dem Schuldner den materiellen Einwand. Es ist also der Entstehungszeitpunkt. Darüber hinaus kann Kenntnis und Verschulden nicht mehr berücksichtigt werden. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

EVA

evanici

9.9.2023, 15:12:27

Dummer Kommentar... Aber es hätte meinem Verständnis geholfen, wenn ich gewusst hätte, dass Silber grundsätzlich mehr wert ist als Platin :D.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

15.9.2023, 18:24:22

Achtung, ich glaube Du hast es hier nochmal vertauscht. Platin ist deutlich wertvoller als Silber :-) Beste Grüße, Lukas

LAWFU

lawfulthings

26.6.2024, 13:09:30

Was kann S denn nun machen? Immerhin wurde er ja getäuscht

SAR84

sar84

8.7.2024, 15:08:47

Da müsste nun doch die Klage nach

826 BGB

statthaft sein, oder?


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