Öffentliches Recht
Baurecht: Bauplanungsrecht
Grundlagen des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts
Abwandlung 4: bauliche Anlage, da dauerhaft ortsfest genutzt
Abwandlung 4: bauliche Anlage, da dauerhaft ortsfest genutzt
25. Januar 2025
18 Kommentare
4,8 ★ (18.483 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Faulpelz F hatte nie die Energie aufgebracht, sich um ein Haus auf seinem Grundstück zu kümmern. Ihm kommt die geniale Idee, dass er auch einen Wohnwagen dort aufstellen und einfach dauerhaft darin wohnen kann. Nachbarin N findet das so nicht in Ordnung.
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Einordnung des Falls
Abwandlung 4: bauliche Anlage, da dauerhaft ortsfest genutzt
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ob ein Vorhaben Gegenstand eines Baugenehmigungsverfahrens wird und einer Baugenehmigung bedarf, hängt zunächst davon ab, ob es sich um eine bauliche Anlage handelt.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der dauerhaft aufgestellte Wohnwagen des F ist eine bauliche Anlage. Der Anwendungsbereich des Baurechts ist eröffnet - mit der Folge, dass V möglicherweise eine Baugenehmigung benötigt.
Genau, so ist das!
3. Auch solche Anlagen, die nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt sind, überwiegend ortsfest benutzt zu werden, sind bauliche Anlagen i.S.d. Bauordnungsrechts.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Isabell
28.7.2021, 08:45:01
Hätte man hier nicht bereits die Definition einer baulichen Anlage anpassen müssen? Als aller erstes wird ja die Verbundenheit mit dem Erdboden genannt. Dass ist bei einem Wohnwagen ja nicht so eindeutig und in der Subsumtion wird das mit keinem Wort erwähnt. Das finde ich unglücklich und hätte in der Prüfung damit meine Bedenken.
Victor
31.7.2021, 08:40:53
In wie fern meinst du denn die Definition anpassen? Und zu allererst wird doch auch der
Prüfungsmaßstaberwähnt. Zudem wird m.M. nach schon auf die Dauerhaftigkeit und die feste Verbundenheit mit dem Boden eingegangen.
jomolino
2.8.2021, 16:40:27
Die Frage habe ich mir auch gestellt. Wo liegt denn bei einem Wohnwagen die feste Verbundenheit mit dem Boden? Das sind sie doch von Natur aus gerade nicht…
Isabell
2.8.2021, 17:21:26
Außer bei Dauercamping. Da wird der Anhänger oft umgrenzt. Wobei auch das nicht unbedingt fest mit dem Boden verbunden sein muss.
Wendelin Neubert
3.12.2021, 18:36:46
Hallo ihr lieben, danke für eure Fragen und die Diskussion. Bauliche Anlagen im Sinne des Bauordnungsrechts sind nach den Bauordnungen auch solche Anlagen, die nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt sind, ortsfest benutzt zu werden (z.B. § 2 Abs. 1 S. 2 LBO BW; § 2 Abs. 1 Halbs 2 BauO Bln; § 2 Abs. 1 S. 2 BauO NRW). Der Grund dafür: Aus Perspektiv des Bauordnungsrechts macht es keinen Unterschied, ob eine Anlage fest mit dem Boden verbunden ist oder nicht, solange sie jedenfalls faktisch ortsfest ist. Das war auch bislang in der Aufgabe so dargestellt, aber wir haben noch eine Antwort als Zwischenschritt eingezogen, um diesen Aspekt klarer nachvollziehbar zu machen. Hoffe das hilft! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team
Moritz Ehler
7.12.2021, 18:00:08
Können auch die Normen des hessischen Baurechts genannt werden?
Wendelin Neubert
7.12.2021, 18:54:20
Hallo Moritz Ehler, danke für deine Frage. Wir fügen bei diesen Fällen eine Auswahl der einschlägigen Normen der Landesbauordnungen ein und wechseln unter den Bauordnungen durch. Sorry, dass hier die Hessische Bauordnung (HBO) zu kurz gekommen ist. Die relevante Vorschrift ist § 2 Abs. 2 S. 2 Var. 3 HBO. Wir haben sie auch in die Aufgabe aufgenommen. Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team
wasabi
17.4.2023, 08:45:47
Was sind denn Bauprodukte? Dass der Campingwagen aus Bauprodukten bestehen soll klingt für mich im ersten Moment nicht sehr schlüssig.
se.si.sc
17.4.2023, 10:44:58
Eine Definition des Begriffs "Bauprodukte" findet sich idR in den jweiligen Landesbauordnungen, in NRW zB § 2 XI BauO NRW, in Hessen in § 2 XIII HBO, die unter anderem auf eine einschlägige EU-VO verweisen. Du darfst dich hier jedenfalls nicht zu sehr auf den Begriff des "Baus" versteifen, der sich zunächst nach "in irgendeiner Form mit dem Boden fest verbundenem
Gebäude" anhört. Da die jeweiligen LandesBauO aber sagen, dass unter den Begriff der baulichen Anlage eben auch Anlagen fallen, die überwiegend ortsfest genutzt werden (wie zB der Wohnwagen in unserem Fall), muss man den Begriff der Bauprodukte dementsprechend modifizieren und darunter im Wohnwagenfall alles das verstehen, was (am Beispiel von § 2 XI Nr 1 BauO NRW, Art 2 I VO 305/2011 (EU)) hergestellt wird, um dauerhaft IN DEN WOHNWAGEN oder Teile davon eingebaut zu werden - und das kann ziemlich viel sein, sofern nicht von vornherein feststeht, dass es zeitnah wieder ausgebaut werden soll.
Rozaa
9.8.2023, 18:15:59
Sachsen: § 2 Abs. I S. 2 SächsBO.
Zin Ti
1.9.2023, 13:06:31
Bayern: Art. 2 Abs. 1 S. 3 BayBO
DeliktusMaximus
25.1.2024, 00:33:21
Wie ermittelt das Gericht, ob der Wohnwagen "überwiegend ortsfest" genutzt wird?
Nora Mommsen
28.1.2024, 18:39:45
Hallo DeliktusMaximus, danke für deine Frage. Ohne zu tief ins Detail einsteigen zu wollen, sollte man die unterschiedlichen Faktoren bedenken die bei der Einordnung als ortsfest eine Rolle spielen. Anhand dessen kann man sich überlegen, wie dazu Beweis erhoben werden kann. Dabei ist nicht nur die Zweckbestimmung des Wohnwagens, sondern auch die Grundstückssituation zu berücksichtigen und zwar dergestalt, daß auf die Beziehung zwischen dem Grundstück und dem Wohnwagen abgestellt wird. Es kommt nach dem OVG Lüneburg darauf an, ob Art und Standort seiner Aufstellung und nach den zu seiner Benutzung geschaffenen Einrichtungen einem unbefangenen Betrachter den Eindruck vermittelt, daß er dem Wagen an dieser Stelle nicht gewissermaßen nur zufällig begegnet, sondern – anders ausgedrückt – der Wagen als Ersatz für ein
Gebäudedient. Ein Indiz für eine hinreichende Verfestigung des Aufstellungsverhältnisses ist auch die Eigentümerstellung des Ausstellers hinsichtlich des zur Aufstellung dienenden Grundstückes. (vgl. hierzu auch OVG Lüneburg, Urt. v. 13. 9. 1963, DÖV 1964, S.390). Vertiefend dazu: VerwRspr 1971, 556 ff. Anhand der Literaturhinweise merkst du auch schon, dass es kein brandaktuelles Thema ist. Beweis erheben könnte man z.B. durch In
augenscheinnahmedes Platzes, der Anhörung von Beteiligten und Zeugen. Dies geht natürlich auch bereits im Verwaltungsverfahren, nicht erst vor Gericht. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
DeliktusMaximus
28.1.2024, 19:28:42
Hallo Nora, herzlichen Dank für die ausführliche Antwort!