Strafrecht
BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.
Diebstahl (§ 242 StGB)
„Beweglichkeit“ von Liebesschlössern (§ 242 StGB)
„Beweglichkeit“ von Liebesschlössern (§ 242 StGB)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A und B brechen mehrere Streben eines Brückengeländers auf und entfernen mehrere, von Paaren dort angebrachte "Liebesschlösser", um sie an einen Schrotthändler zu verkaufen.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
„Beweglichkeit“ von Liebesschlössern (§ 242 StGB)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Liebesschlösser sind "bewegliche Sachen" (§ 242 Abs. 1 StGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Schlösser sind für A und B "fremd" (§ 242 Abs. 1 StGB).
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Niklas
25.5.2021, 18:10:34
Befinden sich die Schlösser nicht im Eigentum des Brückeninhabers? Bsp.: Stadt Hamburg?
Tigerwitsch
25.5.2021, 19:59:51
Man muss zwischen Eigentum und
Gewahrsamdifferenzieren. Insofern handelt es sich um unterschiedliche Prüfungspunkte. Die Liebesschlösser befanden sich (weiter) im Eigentum der jeweiligen Pärchen. Sie sind daher fremd. Der Eigentümer der Brücke hat
Gewahrsaman den Schlössern. Somit haben die Täter den
Gewahrsamgebrochen und neuen begründet, als sie die Schlösser entwendeten. Im Einzelnen: Die Liebesschlösser sind fremd, da sie nicht im Alleineigentum der A und B standen. Sie waren insbesondere nicht herrenlos. Die Schlösser stehen im Eigentum derjenigen, die sie an der Brücke angeschlossen haben. Bewegliche Sachen werden nach
§ 959 BGBherrenlos, wenn der Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, den Besitz der Sache aufgibt. Erforderlich dazu ist neben der
tatsächlichen Besitzaufgabe der rechtsgeschäftliche Wille auch das Eigentum aufzugeben. Das ist bei den "Liebesschlössern" nicht der Fall. Diese werden dem Brauch nach am Brückengeländer angebracht um als Symbol für ewige Liebe für immer dort hängen zu bleiben. Diejenigen, die Liebesschlösser an das Brückengeländer anbringen, wollen diese gerade nicht dauerhaft loswerden. Mit anderen Worten: Beim Prüfungspunkt „fremde bewegliche Sache“ (+) Das AG Köln führt weiter aus, die Schlösser seien auch nicht
gewahrsamslos. (Das ist wichtig, für den Prüfungspunkt „Wegnahme“). Nach Ansicht des Gerichts ergibt sich aus der Duldung der Schlösser an der Brücke in Kenntnis ihrer Existenz der
Gewahrsamdes jeweiligen Brücken-Eigentümers (zB der Stadt).
Michael
14.10.2021, 00:33:35
Die Schlösser sind doch schon aus dem Grund nicht herrenlos, weil die Paare zumindest gelockerten
Gewahrsaman der Sache - den Schlössern - haben, oder nicht?
Lukas_Mengestu
14.10.2021, 08:07:56
Hallo Michael, vielen Dank für Deine Nachfrage! Bei den Vermögensdelikten musst Du allerdings etwas aufpassen, dass die Terminologie nicht durcheinander geht. Die Begriffe Eigentum und
Gewahrsamsind sorgsam voneinander zu unterscheiden. Bei der Frage der Herrenlosigkeit geht es um die Frage, ob der Gegenstand einen Eigentümer hat, nicht ob jemand
Gewahrsamdarüber hat. In dem hier beschriebenen Beispiel bleiben die Paare Eigentümer, ihren
Gewahrsamhaben sie bei lebensnaher Betrachtung allerdings aufgegeben. Diesen übt nun der Brücken-Eigentümer aus. Schau Dir hierzu gerne auch noch einmal Tigerwitchs Kommentar im parallelen Thread an :). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Dogu
17.12.2023, 09:51:52
Ich finde Negativdefinitionen erschweren das Lernen und sind strenggenommen auch keine richtige Definition. Wäre eine gleichbedeutende einfachere positive Definition nicht einfach: Die Sache ist fremd, wenn sie zumindest im Miteigentum eines Anderen steht? Das wäre kürzer und einfacher zu merken.
Lukas_Mengestu
18.12.2023, 14:28:26
Hallo Dogu, vielen Dank für Dein Feedback! In der
Tatkannst Du die Fremdheit auch positiv bestimmen, also entweder wie von Dir gewählt oder auch in der folgenden Variante: "Fremd ist die Sache, wenn zumindest auch ein anderer als der Täter Eigentum an ihr besitzt." (zB MüKoStGB/Schmitz, 4. Aufl. 2021, StGB § 242 Rn. 31) Wir haben das auch noch einmal als Hinweis bei der Definition des Begriffes hinterlegt. Im Ergebnis ist dies sicher Geschmacksache. Wenn Dir die positive Formulierung leichter fällt, kannst Du die selbstverständlich benutzen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
HGWrepresent
22.4.2024, 18:04:19
Ich habe das zu Grunde gelegte Urteil nicht gelesen, aber wie macht sich der Vertreter der Stadt oder die Straßenmeisterei strafbar, wenn sie die Schlösser entfernen wollen? Die Rechtsprechung ist aus der Perspektive betrachtet… unpraktisch… Was meinen Andere?
Lord Denning
24.4.2024, 18:29:42
Da eine
teleologische Reduktion nur zum Vorteil eines potenziellen Angeklagten geschehen würde, ließe sich vielleicht daran denken?
Janalito
26.9.2024, 14:48:25
Müsste das dann nicht schon an dem Merkmal "
Gewahrsamsbruch" scheitern? Zwar ist die Stadt nicht Eigentümer der Schlösser, jedoch ist die Stadt diejenige, die
Gewahrsaman den Schlössern hat, oder? (s. andere Frage zur selben Aufgabe, wo darauf hingewiesen wird, dass bei den Schlössern zwischen Eigentum und
Gewahrsamunterschieden werden muss. Ersteres liegt noch bei denjenigen, die die Schlösser angebracht haben)
Tinki
26.9.2024, 15:36:23
Ich denke @[Janalito](265955) hat Recht. Auch an der
Zueignungsabsicht, genauer der Aneignungskomponente dürfte es fehlen, oder? Die Stadt will die Schlösser ja nicht in ihr Vermögen einverleiben, sondern entfernt sie nur, um sie dann wegzuschmeißen würde ich sagen. Entsprechendes gilt dann auch für die Unterschlagung meiner Meinung nach.