Strafrecht

BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.

Diebstahl (§ 242 StGB)

„Beweglichkeit“ von Liebesschlössern (§ 242 StGB)

„Beweglichkeit“ von Liebesschlössern (§ 242 StGB)

25. November 2024

4,8(20.786 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A und B brechen mehrere Streben eines Brückengeländers auf und entfernen mehrere, von Paaren dort angebrachte "Liebesschlösser", um sie an einen Schrotthändler zu verkaufen.

Diesen Fall lösen 92,8 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

„Beweglichkeit“ von Liebesschlössern (§ 242 StGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Liebesschlösser sind "bewegliche Sachen" (§ 242 Abs. 1 StGB).

Ja!

Eine Sache ist jeder körperliche Gegenstand im Sinne des § 90 BGB, unabhängig von seinem Aggregatzustand. Eine Sache ist beweglich, wenn sie tatsächlich fortgeschafft werden kann. Es genügt, wenn die Sache dazu erst beweglich gemacht wird. Indem A und B die Schlösser von dem Gitterzaun entfernt haben, haben sie sie beweglich gemacht.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Die Schlösser sind für A und B "fremd" (§ 242 Abs. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Eine Sache ist für den Täter fremd, wenn sie weder in dessen Alleineigentum steht, noch herrenlos ist. Die Fremdheit der Sache bestimmt sich ausschließlich nach den Regeln des BGB. Die Liebes-Paare könnten ihr Eigentum an den Schlössern aufgegeben haben, indem sie diese an der Brücke befestigten. Eine bewegliche Sache wird herrenlos, wenn der Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, den Besitz der Sache aufgibt (§ 959 BGB, Dereliktion).AG Köln: Die Liebesschlösser seien aus einem Brauch angebracht, um als Symbol für ewige Liebe dauerhaft dort zu hängen. Die Paare wollten das Eigentum nicht aufgeben, da ihnen das rechtliche Schicksal der Schlösser nicht gleichgültig war. Die Schlösser waren nicht herrenlos. Sie waren für A und B fremd.Du kannst die Fremdheit auch positiv definieren: „Fremd ist die Sache, wenn zumindest auch ein anderer als der Täter Eigentum an ihr besitzt.“ Es muss also mindestens Miteigentum eines anderen vorliegen.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

NI

Niklas

25.5.2021, 18:10:34

Befinden sich die Schlösser nicht im Eigentum des Brückeninhabers? Bsp.: Stadt Hamburg?

Tigerwitsch

Tigerwitsch

25.5.2021, 19:59:51

Man muss zwischen Eigentum und Gewahrsam differenzieren. Insofern handelt es sich um unterschiedliche Prüfungspunkte. Die Liebesschlösser befanden sich (weiter) im Eigentum der jeweiligen Pärchen. Sie sind daher fremd. Der Eigentümer der Brücke hat Gewahrsam an den Schlössern. Somit haben die Täter den Gewahrsam gebrochen und neuen begründet, als sie die Schlösser entwendeten. Im Einzelnen: Die Liebesschlösser sind fremd, da sie nicht im Alleineigentum der A und B standen. Sie waren insbesondere nicht herrenlos. Die Schlösser stehen im Eigentum derjenigen, die sie an der Brücke angeschlossen haben. Bewegliche Sachen werden nach §

959 BGB

herrenlos, wenn der Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, den Besitz der Sache aufgibt. Erforderlich dazu ist neben der tatsächlichen Besitzaufgabe der rechtsgeschäftliche Wille auch das Eigentum aufzugeben. Das ist bei den "Liebesschlössern" nicht der Fall. Diese werden dem Brauch nach am Brückengeländer angebracht um als Symbol für ewige Liebe für immer dort hängen zu bleiben. Diejenigen, die Liebesschlösser an das Brückengeländer anbringen, wollen diese gerade nicht dauerhaft loswerden. Mit anderen Worten: Beim Prüfungspunkt „fremde bewegliche Sache“ (+) Das AG Köln führt weiter aus, die Schlösser seien auch nicht gewahrsamslos. (Das ist wichtig, für den Prüfungspunkt „Wegnahme“). Nach Ansicht des Gerichts ergibt sich aus der

Duldung

der Schlösser an der Brücke in Kenntnis ihrer Existenz der Gewahrsam des jeweiligen Brücken-Eigentümers (zB der Stadt).

MIC

Michael

14.10.2021, 00:33:35

Die Schlösser sind doch schon aus dem Grund nicht herrenlos, weil die Paare zumindest gelockerten Gewahrsam an der Sache - den Schlössern - haben, oder nicht?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

14.10.2021, 08:07:56

Hallo Michael, vielen Dank für Deine Nachfrage! Bei den Vermögensdelikten musst Du allerdings etwas aufpassen, dass die Terminologie nicht durcheinander geht. Die Begriffe Eigentum und Gewahrsam sind sorgsam voneinander zu unterscheiden. Bei der Frage der Herrenlosigkeit geht es um die Frage, ob der Gegenstand einen Eigentümer hat, nicht ob jemand Gewahrsam darüber hat. In dem hier beschriebenen Beispiel bleiben die Paare Eigentümer, ihren Gewahrsam haben sie bei lebensnaher Betrachtung allerdings aufgegeben. Diesen übt nun der Brücken-Eigentümer aus. Schau Dir hierzu gerne auch noch einmal Tigerwitchs Kommentar im parallelen Thread an :). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Dogu

Dogu

17.12.2023, 09:51:52

Ich finde Negativdefinitionen erschweren das Lernen und sind strenggenommen auch keine richtige Definition. Wäre eine gleichbedeutende einfachere positive Definition nicht einfach: Die Sache ist fremd, wenn sie zumindest im Miteigentum eines Anderen steht? Das wäre kürzer und einfacher zu merken.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

18.12.2023, 14:28:26

Hallo Dogu, vielen Dank für Dein Feedback! In der Tat kannst Du die Fremdheit auch positiv bestimmen, also entweder wie von Dir gewählt oder auch in der folgenden Variante: "Fremd ist die Sache, wenn zumindest auch ein anderer als der Täter Eigentum an ihr besitzt." (zB MüKoStGB/Schmitz, 4. Aufl. 2021, StGB § 242 Rn. 31) Wir haben das auch noch einmal als Hinweis bei der Definition des Begriffes hinterlegt. Im Ergebnis ist dies sicher Geschmacksache. Wenn Dir die positive Formulierung leichter fällt, kannst Du die selbstverständlich benutzen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

HGWrepresent

HGWrepresent

22.4.2024, 18:04:19

Ich habe das zu Grunde gelegte Urteil nicht gelesen, aber wie macht sich der Vertreter der Stadt oder die Straßenmeisterei strafbar, wenn sie die Schlösser entfernen wollen? Die Rechtsprechung ist aus der Perspektive betrachtet… unpraktisch… Was meinen Andere?

Lord Denning

Lord Denning

24.4.2024, 18:29:42

Da eine teleologische Reduktion nur zum Vorteil eines potenziellen Angeklagten geschehen würde, ließe sich vielleicht daran denken?

JANA

Janalito

26.9.2024, 14:48:25

Müsste das dann nicht schon an dem Merkmal "

Gewahrsamsbruch

" scheitern? Zwar ist die Stadt nicht Eigentümer der Schlösser, jedoch ist die Stadt diejenige, die Gewahrsam an den Schlössern hat, oder? (s. andere Frage zur selben Aufgabe, wo darauf hingewiesen wird, dass bei den Schlössern zwischen Eigentum und Gewahrsam unterschieden werden muss. Ersteres liegt noch bei denjenigen, die die Schlösser angebracht haben)

TI

Tinki

26.9.2024, 15:36:23

Ich denke @[Janalito](265955) hat Recht. Auch an der

Zueignungsabsicht

, genauer der Aneignungskomponente dürfte es fehlen, oder? Die Stadt will die Schlösser ja nicht in ihr Vermögen einverleiben, sondern entfernt sie nur, um sie dann wegzuschmeißen würde ich sagen. Entsprechendes gilt dann auch für die Unterschlagung meiner Meinung nach.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen