Bei Mittäterschaft 4
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A und B planen einen Bankraub. Dabei stellt A die Materialien zur Verfügung und plant das Vorgehen. B soll die Tat dann ausführen als Mann fürs „Grobe“. Dabei sollen die beiden in dauerhaftem Funkkontakt stehen. A und B sprechen ab, dass B die Tat am 21.12. begeht. B will gerade bewaffnet in die Bank stürmen, als er gegen die verschlossene Tür läuft, da mittlerweile der 25.12. ist und B das abgesprochene Datum verschlafen hat.
Einordnung des Falls
Bei Mittäterschaft 4
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Versuch eines Raubes (§ 249 Abs. 1 StGB) ist strafbar.
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Ja!
2. A und B haben „Tatentschluss“ bezüglich eines Raubes.
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Genau, so ist das!
3. A und B haben auch „Tatentschluss“ bezüglich der mittäterschaftlichen Begehung.
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Ja, in der Tat!
4. B hat durch das Losstürmen „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“.
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Ja!
5. Nach der Rechtsprechung wird der Versuchsbeginn durch einen der Täter den Mittätern grundsätzlich zugerechnet.
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Genau, so ist das!
6. Da B sich nicht an das abgesprochene Datum gehalten hat, scheidet eine Zurechnung bei A aus.
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7. Nach der Einzellösungstheorie hat A unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt, wenn man auf die Vorstellung des einzelnen Mittäters abstellt.
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Jurafuchsu
22.2.2021, 09:20:32
Wieso hat A hier unmittelbar angesetzt aber in vorherigen Fall nicht?

Vulpes
22.2.2021, 11:07:34
Im ersten Fall hat T den Sicherheitsmann weder genötigt, noch zur Wegnahme angesetzt, sondern lediglich auf ihn gewartet. Das Jetzt-gehts-los hätte ich hier erst bejaht, wenn er den Sicherhejtsmann sieht und sich entscheidet aktiv zu werden. In diesem Fall ist er drauf und dran gewesen bewaffnet in die Bank einzudringen und die dort Beschäftigten auszurauben. Er hat sich subjektiv also schon entschieden und objektiv zur Verwirklichung angesetzt, als er durch die Tür rennen wollte. Wäre die Tür offen gewesen hätte er unmittelbar mit der Nötigung begonnen und die Wegnahme vollzogen. Ich hoffe ich konnte dir weiterhelfen 😊
gelöscht
27.3.2021, 19:37:44
Hallo Jurafuchsu, entschuldige bitte das Missverständnis. Ich bin da wohl von einem falschen "vorherigen Fall" ausgegangen. In den Fällen in denen ein Täter nur im Vorbereitungsstadium tätig wird, kann ein Versuch jedoch erst dann bejaht werden, wenn einer der tatnahen Täter unmittelbar ansetzt, da sonst der Versuchsbeginn zu weit nach vorne gezogen würde. Dies ist aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zwingend. Daher ist davon auszugehen, dass die Vertreter dieser Ansicht ein unmittelbares Ansetzen aus allgemein anerkannten Erwägungen ebenso ablehnen würden. Ich hoffe diese Antwort hilft Dir weiter. 🙂 Sie ist so auch so ähnlich im letzten Hinweis der - vorherigen - Aufgabe enthalten. Viele Grüße Adrian, für das Jurafuchs-Team
Martymcfly
24.3.2021, 19:14:48
Sorry, aber das versteh ich nicht. Wieso hat A nach der Einzeltheorie unmittelbar angesetzt? Mit welcher Handlung? Die Vorbereitungshandlung ist doch für das unmittelbare ansetzen nicht relevant. Als B unmittelbar ansetzt wird A dann doch die Vorbereitungshandlung relevant, oder wie? Dieses Ergebnis sollte dann klar gegen die Anwendung der Einzeltheorie sprechen, oder?
gelöscht
29.3.2021, 19:05:23
Hallo Martymcfly, danke für Deine Frage. 🙂 Nach herrschender Meinung ist eine Mitwirkungshandlung im Vorbereitungsstadium ausreichend, wenn diese eine wesentliche Funktion innehat. Hier geht die ganze Planung auf die Kappe vom A, mithin hat er das Minus bei der Aufführung ausgeglichen. Der Hinweis hat diese Informationen aber nicht enthalten, deswegen haben wir den Fall überarbeitet. Viele Grüße Adrian, für das Jurafuchs-Team

Im🍑nderabilie
14.6.2022, 19:13:24
Das finde ich aber auch komisch, die Vorbereitungshandlungen ein paar Fälle zuvor waren doch identisch? Und da wurde ein unmittelbares Ansetzen auch abgelehnt und nicht auf das Plus im Vorbereitungsstadium hingewiesen..

Nora Mommsen
8.7.2022, 12:43:21
Hallo imponderabilie, der Unterschied liegt in den unterschiedlichen Theorien. Hier wurde das unmittelbare Ansetzen durch die Vorbereitungshandlung im Rahmen der Einzellösung bejaht. Die Gesamtlösung sieht dies nicht als ausreichend an und stellt auf die Tatbeiträge der Mittäter ab. Dieser Fall sollte die Unterschiede zwischen den Ansichten aufzeigen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Julia
1.7.2022, 19:49:32
Ich verstehe leider nicht warum A hier, obwohl er nur im Vorbereitungsstadium teilnahm, unmittelbar angesetzt haben soll. Auch wenn man auf jeden Mittäter einzeln guckt, dann -wie in den Fällen vorher auch richtig gesagt, nur hier irgendwie nicht- kann wegen den Rechtsstaatsgesichtspunkt nicht eine Vorverlagerung des unmittelbaren Ansetzens in den Vorbereitungsstadium zulässig sein. Weshalb es dann auch auf das unmittelbare Ansetzen des Tatnäheren ankommt (ähnlich wie bei der Gesamtlösung). Tatnäher ist hier B, jedoch war sein unmittelbares Ansetzen am falschen Tag und nicht mehr vom Tatplan gedeckt, sodass eigentlich doch auch nach dieser Lösung A nicht unmittelbar angesetzt hat? Für mich macht die letzte Frage, besonders die Subsumtion/Antwort leider keinen Sinn, weil es wird doch nach dem unmittelbaren Ansetzen gefragt und nicht, ob Mittäterschaft auch grundsätzlich möglich ist, wenn einer nur im Vorbereitungsstadium den Beitrag leistet.

Nora Mommsen
8.7.2022, 12:51:11
Hallo Julia, der relevante Unterschied ist in den verschiedenen Theorien zu finden. Der BGH folgt der Gesamtlösung. Diese wird in den vorherigen Fällen aufgegriffen. Danach kann ein Handeln im Vorbereitungsstadium nicht zum unmittelbaren Ansetzen führen, sondern nur das unmittelbare Ansetzen zur Tathandlung. Dieses kann aber unter Mittätern zugerechnet werden, auch wenn einer nur im Vorbereitungsstadium tätig geworden ist, sofern der Beitrag eine wesentliche Funktion erfüllt hat. Nach der Einzellösung, die in diesem Fall dargestellt wird, ist jeder Mittäter getrennt zu betrachten. Jeder muss selbst die Schwelle zum § 22 StGB überschreiten. Da die Frage des Versuchsbeginns bei Mittätern umstritten ist, und die Ansichten wie von dir aufgezeigt zu unterschiedlichen Lösungen führen, macht es Sinn sich damit auseinanderzusetzen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Pepe & Partner
18.5.2023, 12:25:24
Ich muss mich leider meinen Vorrednerinnen und Vorrednern anschließen: Der Fall ist, so wie er hier beschrieben wird, zu dünn, um die letzte Antwort der Einzellösung logisch begründen zu können. Bitte konkretisiert den SV dahingehend, weil es, so wie es dort steht, ambivalent gerade zu den vorherigen Fällen erscheint. Besten Dank!

Carl Wagner
19.5.2023, 19:31:48
Vielen Dank für deine Anmerkung Pepe & Partner! Tatsächlich ist es hier ein Streit im Streit. Zunächst gilt grundsätzlich, dass Vorbereitungshandlungen kein unmittelbares Ansetzen zur (Straf-)"Tat" sind. Insoweit kann ich nachvollziehen, dass A ja nur "Vorbereitung" gemacht hat und deswegen nach der Einzellösungstheorie "gar nicht selbst unmittelbar angesetzt hat". Das würde so stimmen, wenn man der strengen Tatherrschaftslehre folgt. Auf dieser basiert auch originär von Roxin entwickelt die Einzellösung (vgl. Quellennachweise bei Peters/Bildner, JuS 2020, 731, Fn. 21). Die Einzellösung wurde dann aber auch in anderen Varianten vertreten. Insbesonderen wenn man der weiten Tatherrschaftslehre (hM) folgt, muss man dann konsequent in seiner Klausur die Einzellösung an die weite THL anpassen. Da du bereits unter "Tatentschluss" dich inzident für die weite oder strenge THL entscheiden musstest, musst du dann beim unmittelbaren Ansetzen, dieses Verständnis zugrunde legen. Ich hoffe, dass löst für dich die Problematik. Viele Grüße - Carl für das Jurafuchs-Team