Fälliger, einredefreier Anspruch
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T geht irrig davon aus, dass O ihm €100 schuldet. Er geht gerichtlich gegen O vor. Als die Klageabweisung droht, fälscht T Beweismittel. O wird auf Grundlage dessen zur Zahlung verurteilt.
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Einordnung des Falls
Fälliger, einredefreier Anspruch
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die von T erstrebte Bereicherung war rechtswidrig.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Hat sich T nach § 263 StGB strafbar gemacht.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jakob G.
26.7.2022, 16:44:57
Im vorliegenden Fall wäre T dennoch strafbar aus Urkundenfälschung, § 267 StGB. Jedenfalls aus Var. 3.
Lukas_Mengestu
27.7.2022, 15:43:32
Hallo Jakob G, der Sachverhalt hat das gefälschte Beweismittel nicht näher spezifiziert. Sofern es sich dabei aber um eine Urkunde (=eine (1) zum Beweis geeignete, (2) verkörperte Gedankenerklärung, die (3) ihren Aussteller erkennen lässt) handelt (zB einen Darlehensvertrag), dann wäre sowohl die Herstellung als auch der Gebrauch dieser unechten Urkunde nach § 267 Abs. 1 Var. 1, 3 StGB strafbar. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Nick
23.9.2022, 12:00:46
Da T weiß, das Klageabweisung droht, hätte er doch wissen können, dass er keinen Anspruch hat. Damit müsste doch zumindest bedingter
Vorsatzin Bezug auf die Rechtswidrigkeit der Bereicherung vorliegen? Wäre es denn ansonsten durchgegangen? Ist der Richter dann Getäuschter und das Urteil die Verfügung?
Lukas_Mengestu
17.11.2022, 17:33:46
Hallo Nick, der Fall ist zugegebenermaßen etwas konstruiert. Aber allein der Umstand, dass die Klageabweisung droht, heißt nicht automatisch, dass der Anspruch nicht besteht. Vielmehr trifft den Kläger im Zivilprozess die Beweislast für die für ihn günstigen Umstände. D.h. es kann durchaus sein, dass er einen Anspruch hat, aber diesen nicht beweisen kann (zB bei einem mündlich geschlossenen Vertrags). Und ja, im Übrigen wären die Voraussetzungen vorgelegen. Da mit der Entscheidung des Gerichts der obsiegenden Partei die rechtliche Möglichkeit des Zugriffs auf das Vermögen des Opfers eingeräumt wird, spielt es keine Rolle, dass mit der Entscheidung ggf die materielle Rechtslage nicht verändert wird. Der geschaffene Titel (=das Urteil) stellt bereits eine schädigende Vermögensverfügung dar. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Blotgrim
22.4.2023, 16:03:56
Wie würde es mit der
Stoffgleichheitaussehen? Es wird ja das Gericht getäuscht, das verfügt ja aber nicht sondern der Beklagte
Lukas_Mengestu
25.4.2023, 12:40:53
Hallo Blotgrim, hier musst Du ein wenig aufpassen. Eine Identität muss zwischen dem Getäuschten, Irrenden und Verfügenden bestehen. Der Verfügende muss aber nicht zwingend den Schaden erleiden. Für die Annahme der
Stoffgleichheitist Voraussetzung, dass der Täter den Vorteil unmittelbar aus dem Vermögen des Geschädigten in der Weise anstrebt, dass der Vorteil die Kehrseite des Schadens ist. Durch die Verurteilung erlangt T einen (vorläufig) vollstreckbaren Titel gegen O über €100. Os Vermögen erleidet dagegen in dieser Höhe eine Verminderung. Somit besteht ein stoffgleicher Schaden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team