Subsidiarität ggü Anfechtungsklage
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Jurastundentin Lawra (L) bekommt einen Bescheid von der Uni G, der sie dazu auffordert, die fälligen Studiengebühren zu bezahlen. L hat die Gebühren zum Zeitpunkt des Erlasses schon überwiesen. Sie will gerichtlich feststellen lassen, dass sie die Gebühren nicht noch einmal bezahlen muss.
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Einordnung des Falls
Subsidiarität ggü Anfechtungsklage
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Pflicht, Gebühren an G zu bezahlen, begründet grundsätzlich ein Rechtsverhältnis zwischen L und G. Man könnte daher zunächst an die Statthaftigkeit der Feststellungsklage denken.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Feststellungsklage ist gegenüber anderen verwaltungsrechtlichen Klagen vorrangig statthaft.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. L kann den Gebührenbescheid anfechten. Statthaft ist die Anfechtungsklage.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
MK-
16.1.2023, 18:33:31
Ist der Gebührenbescheid nicht durch die Zahlung erledigt und somit nichtig? Dann wäre die Anfechtungsklage schon deshalb nicht statthaft, weil es an einem wirksamen VA mangelt und die
Nichtigkeitsfeststellungsklage(43 I Var. 3 VwGO) statthaft, oder?
Johannes Nebe
10.9.2023, 12:49:40
Ob die erste Frage mit "Ja" zu beantworten ist, ist ein bisschen fraglich. Die
Feststellungsklagewäre nur statthaft, wenn sich die Klage tatsächlich auf die Feststellung des Rechtsverhältnisses beziehen würde. Das ist in der Frage aber nicht so formuliert und auch im Sachverhalt so nicht angelegt. Auch die Subsumtion geht am Sachverhalt vorbei, denn L stellt das Rechtsverhältnis an sich gar nicht in Frage.
Nilson2503
16.9.2023, 11:47:21
Grundsätzlich bleibt der Gebührenbescheide als Rechtsgrund für die gezahlte Gebühr bestehen und erledigt sich quasi nicht. LG
DeliktusMaximus
29.10.2023, 01:17:58
L will feststellen lassen, dass sie die Gebühren bereits bezahlt hat und stellt nicht den Gebührenbescheid als Ganzes im Frage. Das wirkt auf mich, als würde man mit Kanonen auf Spatzen schießen, wenn man in diesem Sachverhalt eine Anfechtungsklage bejaht.
ahimes
6.11.2023, 16:03:16
Dito. Genau dasselbe habe ich auch gedacht. Die AK entspricht eigentlich gar nicht Ihrem Klagebeg
ehren. Wirkt sehr gekünstelt, die Lösung.
Linne_Karlotta_
3.7.2024, 14:22:36
Hallo in die Runde, danke für die Rückfragen! Es geht uns in diesem Fall darum, die
Subsidiarität der Feststellungsklagenach § 43 Abs. 2 VwGO zu erläutern. Auch wenn L „feststellen lassen will“, dass sie die Gebühren nicht bezahlen muss, so richtet sich ihr Beg
ehren doch letztlich darauf, die durch den Verwaltungsakt festgelegten Gebühren nicht bezahlen zu müssen. Dies würde ein Verwaltungsgericht wohl i.R.d. Auslegung des Klagebeg
ehrens wohl auch so annehmen. Um die Gebühren nicht nochmal bezahlen zu müssen, muss L den Gebührenbescheid anfechten (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO). Da eine Anfechtung des Gebührenbescheids rechtsschutzintensiver ist, als allein festzustellen, dass L die Gebühren bereits gezahlt hat, ist hier die Anfechtungsklage statthaft. Genau dafür gibt es die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO. Auch die Rechtsklarheit spricht dafür: Denn so lange der Gebührenbescheid in der Welt ist, wirkt es so, als wäre L verpflichtet, diese Gebühren zu zahlen bzw. diese könnten ggf. sogar vollstreckt werden, wenn der Bescheid bestandskräftig wird. Viele Grüße - Linne, für das Jurafuchs-Team
Faby
29.9.2024, 12:11:14
Wenn der Gebührenbescheid erfolgreich angefochten wird, dann könnte sie doch aber auch danach die gezahlten Gebühren zurück verlangen und hätte dann gar keine Gebühren gezahlt, oder? Das kann doch auch nicht richtig sein 🤔