Zivilrecht
Sachenrecht
Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen
Geheißperson auf Veräußererseite
Geheißperson auf Veräußererseite
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V und K schließen einen Kaufvertrag über eine Couch. V hat die Couch nicht vorrätig. Um Zeit zu sparen, lässt er seinen Lieferanten L direkt an K liefern.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Geheißperson auf Veräußererseite
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V hat durch die Bestellung bei L und die direkte Lieferung an K Besitz an der Couch erlangt.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. V hat K die Sache „übergeben“ (§ 929 S. 1 BGB).
Ja!
3. K hat Eigentum nach § 929 S. 1 BGB erlangt.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
iustus
28.11.2020, 10:21:57
Hat hier dann ein Durchgangserwerb bei V stattgefunden?
Jonas Gansfort
7.1.2021, 20:38:01
In der Regel schon, da V ja sonst als Nichtberechtigter verfügt hätte.
Lukas_Mengestu
9.11.2021, 16:38:01
Hallo ihr beiden, in der Tat bekommt der Zwischenhändler beim hier vorliegenden "
Geheißerwerb" für eine juristische Sekunde das Eigentum. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
jomolino
14.3.2022, 15:43:10
Vielleicht könntet ihr dazu eine Frage ergänzen, würde das Verständnis zum Geheisserwerb vertiefen. :)
Dominic
30.7.2023, 11:05:44
Übergabe setzt doch Besitzerwerb beim Erwerber voraus. (+ Besitzverlust des Veräußerers + Veranlassung des Veräußerers) Wie kann V Eigentümer geworden sein, wenn er nie Besitzer war? Wird beim
Geheißerwerbauf diese Voraussetzung verzichtet?
Lukas_Mengestu
31.7.2023, 17:10:09
Hallo Dominic, die
Übereignungnach § 929 S. 1 BGB unterscheidet sich von der
Übereignungnach §§ 929 S. 1, 930 BGB dadurch, dass der Veräußernde infolge der
Übereignungkeinerlei Besitz mehr an der Sache hat. "Besitzverlust" ist insoweit etwas missverständlich, da es indiziert, dass der Veräußernder zuvor eine Besitzposition innehaben muss. Dies ist indes nicht zwingend, wie der
Geheißerwerbzeigt. Maßgeblich ist allein, dass der Veräußernde nach der Übergabe keine Besitzposition innehat. Ob er davor eine Besitzposition innehatte, ist insoweit unerheblich. Es genügt nach hM, dass der Erwerber auf Veranlassung des Veräußerers den Besitz erlangt hat (
Besitzverschaffungsmacht). Für die Übergabe kommt es also entweder auf den vollständigen Untergang des Besitzes oder der
Besitzverschaffungsmachtauf Seiten des Veräußerers an. Näher dazu auch: MüKoBGB/Oechsler, 9. Aufl. 2023, BGB § 929 Rn. 55. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Dominic
31.7.2023, 17:30:17
Hallo Lukas, danke für deine Nachricht. Ich habe mich aber auf den "Zwischenerwerber" bezogen. Deine Antwort ist eher auf den Enderwerber gerichtet, wenn ich das richtig verstehe. Der Mann in der Mitte, also hier V muss ja von seinem Veräußerer die Sache "übergeben" bekommen (Übergabe nur i.S.v. § 929 S. 1). Aber das setzt ja nunmal einen Besitzerwerb voraus.
Lukas_Mengestu
31.7.2023, 18:22:46
Hallo Dominic, danke fürs Nachhaken! Bezüglich dem Zwischenerwerber gilt letztlich nichts anderes, auch hier liegt ein
Geheißerwerbvor (im Ergebnis handelt es sich hier also um einen doppelten
Geheißerwerb). Bei der Verfügung V-K (§ 929 S. 1 BGB) agiert der Lieferant L wie schon gesagt als
Geheißpersondes Veräußerers auf. Bei der Verfügung des Lieferanten an V wiederum wird K als
Geheißpersonauf Empfängerseite eingesetzt, d.h. V erlangt durch die Lieferung an K für eine juristische Sekunde das Eigentum übertragen (§ 929 S. 1 BGB) und überträgt es dann unmittelbar an K weiter (ebenfalls § 929 S. 1 BGB). Ich hoffe, jetzt ist es etwas klarer (vertiefend hierzu auch MüKoBGB/Oechsler, 9. Aufl. 2023, BGB § 929 Rn. 68). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
ehemalige:r Nutzer:in
7.9.2023, 15:29:20
Hallo ihr beiden. Ich habe mir dieselbe Frage gestellt. Sieht das dann folgendermaßen aus?: A. V § 929 S. 1 BGB an K? - I. Vollständige Besitzaufgabe bei V (+), obwohl nie faktischer Besitz bei ihm vorlag. Das geht aber, weil er
Besitzverschaffungsmachtdurch Weisung an L hatte. Diese Macht wird einer Besitzposition gleichgestellt, sodass am Ende V kein Besitz mehr hatte und darauf kommt es schlussendlich an. II. K hat Besitz erlangt und III. auch auf Veranlassung des V, sodass im Ergebnis: V § 929 S. 1 BGB an K (+). So viel zum ersten Erwerb. Der zweite wäre dann so: B. L § 929 S. 1 BGB an V? - I. Vollständige Besitzaufgabe bei L durch faktische Übergabe an K (+). II. Besitzerwerb auf Erwerberseite grds. (-), weil ja K den Besitz erlangt und nicht der V. Dadurch, dass der V den K als
Geheißpersonauf Erwerbseite eingesetzt hat, wird dieser Besitzerwerb bei V aber trotzdem erfüllt. III. Dies geschah auch auf Veranlassung des L? (Hier habe ich ein Problem, weil der V diesen Erwerb doch veranlasst hat und eben nicht der L oder sehe ich die Veranlassung zu eng?) Ich hoffe, dass ich meinen Gedankengang übersichtlich aufzeigen konnte. Auf die Einigung/ Berechtigung etc. bin ich bewusst nicht eingegangen zwecks Übersichtlichkeit. Liebe Grüße Benny :D
Vanilla Latte
27.9.2023, 12:33:00
A) Bei L-V prüfen wir die Übergabe 1) Besitzverlust bei L (+) 2) Besitzerwerb bei V (-) aber K als
Geheißperson, weil weder
Besitzmittler, noch
Besitzdienerdes V (oder ist der Grund an sich die Vereinbarung L-V?) -> wie begründet man das, wenn K nicht für V besitzt, aber Erwerber in dem Fall müsste ja V sein? 3) "auf Veranlassung des Veräußerers L" L müsste dann die
Besitzverschaffungsmachtgehabt haben. Ist diese tatsächlich zu beurteilen, dass er dem V bzw dem K als dessen
Geheißpersondie Sachen in Besitz geben konnte? Oder rechtlich, weil er selbst vorher ET und Besitzer war? Jedenfalls (+) B) Bei V-K haben wir bei Übergabe 1) Besitzverlust des V: hatte V nie inne, aber maßgeblich, dass er nach Übergabe keine mehr hat (muss ich hier auch L als
Geheißpersonschon ansprechen???) 2) Besitzerwerb bei K: (+) 3) "auf Veranlassung des Veräußerers V - Besitzverschaffung durch V direkt (-) - aber L als
Geheißpersondes V? -> woraus enstammt dann die BVM des V? Weil er den L angewiesen hat? V war zu dem Zeitpunkt weder Eigentümer, noch Besitzer -> folgt seine BVM aus der Vereinbarung mit L, dass dieser an K liefern muss? Mich persönlich verwirrt dass wir bei "auf Veranlassung" bzw "BVM" in beiden Konstellationen anders anknüpfen. Könnte uns das bitte jemand so kleinschrittig skizzieren, wo man was ansprechen muss usw? Das wäre wirklich super hilfreich 😔
Vanilla Latte
27.9.2023, 12:34:49
Sorry, dass das so unübersichtlich ist. Mir war nicht bewusst, dass die Absätze verschwinden. :(
evanici
14.9.2023, 15:44:46
Wieso ist K nicht auch
Geheißpersonauf Erwerberseite im Hinblick auf das hier nicht näher beschriebene Verhältnis L-V? Daran anschließend, wenn er es denn wäre, gäbe es auch Situationen, in denen trotz
Besitzmittlungsverhältnis/
Besitzdieners noch eine
Geheißpersonauf Veräußerer- oder Erwerberseite steht? Eher nicht, oder? Also kurz:
Geheißpersonauf Erwerberseite hier wäre ja K im Verhältnis L-V, auf Veräußererseite wäre es L im Verhältnis V-K. Wäre jetzt L
Besitzmittleroder
Besitzdienerdes V könnte K ja keine
Geheißpersonim Verhältnis L-V sein, weil K dann direkt von V über L erwerben würde, richtig?
Leo Lee
16.9.2023, 18:24:35
Hallo evanici, in der Tat ist K auch
Geheißpersonauf Erwerberseite (also nimmt dann für den V i.R.d. § 929 1 BGB den Besitz wahr). Zu deiner zweiten Frage: Weil die
Geheißpersoneine Durchbrechung des Grds. des
Typenzwangs ist, kommt sie immer als „letztes“ zur Geltung. D.h., wir gucken erstmal, ob vielleicht ein
Besitzmittleroder
Besitzdienervorliegt. Wenn dies nicht der Fall ist, können wir auf das Konstrukt der
Geheißpersonrekurrieren. Insofern könnte man sich merken, dass die
Geheißperson„subsidiär“ gegenüber anderen explizit geregelten Hilfspersonen ist. Hierzu kann ich dir die Lektüre von MüKo-BGB, 9. Auflage Oechsler § 929 rn. 68 sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Vanilla Latte
27.9.2023, 14:15:17
An welcher Stelle spricht man im Rahmen des Geheisserwerbs bei der Übergabe die
Besitzverschaffungsmachtan? Könnt ihr das mal bitte aufschlüsseln, wie die Prüfung dann aussehen würde? 1) Besitzverlust des Veräußerers 2)Besitzerwerb beim Erwerber 3) auf Veranlassung des Veräußerers. Und an welchen Stellen spreche ich die
Geheißpersonjeweils an (in den verschiedenen Konstellationen: GP auf Veräußererseite, auf Erwerberseite und kombiniert)?
Leo Lee
30.9.2023, 16:26:18
Hallo Vanilla Latte, den
Geheißerwerbwürde man bei
Übereignunggem. § 929 1 Übergabe ansprechen. Hier würde sich je nach Konstellation nochmal der Prüfungsort sich verändern: I. Wenn die GP sich auf Veräußererseite befindet, dann beim Besitzverlust des Veräußerers (denn der Veräußerer hatte nie die Sache in der Hand). II. Wenn die GP sich auf Erwerberseite befindet, natürlich bei Besitzerwerb durch Erwerber (weil der Erwerber hier wiederum die Sache nie in den Händen hält). III. Wenn auf beiden Seiten eine GP eingesetzt wird, dann sowohl bei Besitzverlust des Veräußerers als auch bei Besitzerwerb durch den Erwerber :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Laura
20.10.2023, 16:37:08
Liebes Jura Fuchs Team, ich fände es gut, wenn die Fragen in der Aufgabe ein wenig präziser gestellt wären, um die Besonderheiten des
Geheißerwerbs mehr hervorzuheben und das Prüfungsschema mehr zu verdeutlichen.
Leo Lee
21.10.2023, 12:52:03
Hallo Laura, vielen Dank für den Vorschlag! Magst du uns kurz mitteilen, welchen Teil der Aufgabe du als unzulänglich empfindest? :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Laura
21.10.2023, 23:46:01
Bei den Fragen stand ja immer nur zur Auswahl ob eine Übergabe nach §929 S. 1 stattgefunden hat und in der Lösung wurde dann der
Geheißerwerberklärt. Um diesen besser zu verdeutlichen könnte man die Fragen kleinschrittiger auf den Erwerbsvorgang präzisieren wie zb. ob der Veräußerer unmittelbaren Besitz hatte oder ob es der Erwerber nur durch tatsächliche Übergabe des Veräußerers Eigentum erlangen kann oder ob der Veräußerer irgendeine Besitzposition (die
Besitzverschaffungsmacht) innehatte.