Geheißperson auf Veräußererseite

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V und K schließen einen Kaufvertrag über eine Couch. V hat die Couch nicht vorrätig. Um Zeit zu sparen, lässt er seinen Lieferanten L direkt an K liefern.

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Einordnung des Falls

Geheißperson auf Veräußererseite

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V hat durch die Bestellung bei L und die direkte Lieferung an K Besitz an der Couch erlangt.

Nein, das trifft nicht zu!

V selbst hatte die Couch nie in Besitz. L ist auch nicht Besitzdiener (§ 855 BGB) des V, da es an dem für die Besitzdienerschaft typischen Weisungs- und Unterordnungsverhältnis fehlt. Zwischen L und V besteht auch kein Besitzmittlungsverhältnis (§ 868 BGB), aufgrund dessen K mittelbaren Besitz innehätte. Der Lieferant hat keinen Fremdbesitzwillen.
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2. V hat K die Sache „übergeben“ (§ 929 S. 1 BGB).

Ja!

Die Übergabe nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Vollständige Besitzaufgabe des Veräußerers und (2) Besitzerwerb auf Erwerberseite (3) auf Veranlassung des Veräußerers.V hatte selbst nie Besitz an der Couch. Die Übergabe kann jedoch auch durch Einschaltung einer Person erfolgen, die weder Besitzdiener noch Besitzmittler ist. Diese nennt man Geheißperson. Indem V den L anweist, an K zu liefern, dokumentiert sich die tatsächliche Besitzverschaffungsmacht des V. Das Innehaben der Besitzverschaffungsmacht ist dem Innehaben einer Besitzposition gleichgestellt. L hat K auf Weisung des V Besitz an der Couch verschafft. L ist dabei Geheißperson auf Veräußererseite.

3. K hat Eigentum nach § 929 S. 1 BGB erlangt.

Genau, so ist das!

Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein, (4) Berechtigung des Veräußerers. V und K haben sich über den Eigentumsübergang geeinigt. Auch die Übergabe ist erfolgt. K und V waren auch im Zeitpunkt der Übergabe über den Eigentumsübergang einig. V war auch verfügungsbefugt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

IUS

iustus

28.11.2020, 10:21:57

Hat hier dann ein Durchgangserwerb bei V stattgefunden?

Jonas Gansfort

Jonas Gansfort

7.1.2021, 20:38:01

In der Regel schon, da V ja sonst als Nichtberechtigter verfügt hätte.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

9.11.2021, 16:38:01

Hallo ihr beiden, in der Tat bekommt der Zwischenhändler beim hier vorliegenden "

Geheißerwerb

" für eine juristische Sekunde das Eigentum. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

JO

jomolino

14.3.2022, 15:43:10

Vielleicht könntet ihr dazu eine Frage ergänzen, würde das Verständnis zum Geheisserwerb vertiefen. :)

DO

Dominic

30.7.2023, 11:05:44

Übergabe setzt doch Besitzerwerb beim Erwerber voraus. (+ Besitzverlust des Veräußerers + Veranlassung des Veräußerers) Wie kann V Eigentümer geworden sein, wenn er nie Besitzer war? Wird beim

Geheißerwerb

auf diese Voraussetzung verzichtet?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

31.7.2023, 17:10:09

Hallo Dominic, die

Übereignung

nach § 929 S. 1 BGB unterscheidet sich von der

Übereignung

nach §§ 929 S. 1, 930 BGB dadurch, dass der Veräußernde infolge der

Übereignung

keinerlei Besitz mehr an der Sache hat. "Besitzverlust" ist insoweit etwas missverständlich, da es indiziert, dass der Veräußernder zuvor eine Besitzposition innehaben muss. Dies ist indes nicht zwingend, wie der

Geheißerwerb

zeigt. Maßgeblich ist allein, dass der Veräußernde nach der Übergabe keine Besitzposition innehat. Ob er davor eine Besitzposition innehatte, ist insoweit unerheblich. Es genügt nach hM, dass der Erwerber auf Veranlassung des Veräußerers den Besitz erlangt hat (

Besitzverschaffungsmacht

). Für die Übergabe kommt es also entweder auf den vollständigen Untergang des Besitzes oder der

Besitzverschaffungsmacht

auf Seiten des Veräußerers an. Näher dazu auch: MüKoBGB/Oechsler, 9. Aufl. 2023, BGB § 929 Rn. 55. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

DO

Dominic

31.7.2023, 17:30:17

Hallo Lukas, danke für deine Nachricht. Ich habe mich aber auf den "Zwischenerwerber" bezogen. Deine Antwort ist eher auf den Enderwerber gerichtet, wenn ich das richtig verstehe. Der Mann in der Mitte, also hier V muss ja von seinem Veräußerer die Sache "übergeben" bekommen (Übergabe nur i.S.v. § 929 S. 1). Aber das setzt ja nunmal einen Besitzerwerb voraus.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

31.7.2023, 18:22:46

Hallo Dominic, danke fürs Nachhaken! Bezüglich dem Zwischenerwerber gilt letztlich nichts anderes, auch hier liegt ein

Geheißerwerb

vor (im Ergebnis handelt es sich hier also um einen doppelten

Geheißerwerb

). Bei der Verfügung V-K (§ 929 S. 1 BGB) agiert der Lieferant L wie schon gesagt als

Geheißperson

des Veräußerers auf. Bei der Verfügung des Lieferanten an V wiederum wird K als

Geheißperson

auf Empfängerseite eingesetzt, d.h. V erlangt durch die Lieferung an K für eine juristische Sekunde das Eigentum übertragen (§ 929 S. 1 BGB) und überträgt es dann unmittelbar an K weiter (ebenfalls § 929 S. 1 BGB). Ich hoffe, jetzt ist es etwas klarer (vertiefend hierzu auch MüKoBGB/Oechsler, 9. Aufl. 2023, BGB § 929 Rn. 68). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

7.9.2023, 15:29:20

Hallo ihr beiden. Ich habe mir dieselbe Frage gestellt. Sieht das dann folgendermaßen aus?: A. V § 929 S. 1 BGB an K? - I. Vollständige Besitzaufgabe bei V (+), obwohl nie faktischer Besitz bei ihm vorlag. Das geht aber, weil er

Besitzverschaffungsmacht

durch Weisung an L hatte. Diese Macht wird einer Besitzposition gleichgestellt, sodass am Ende V kein Besitz mehr hatte und darauf kommt es schlussendlich an. II. K hat Besitz erlangt und III. auch auf Veranlassung des V, sodass im Ergebnis: V § 929 S. 1 BGB an K (+). So viel zum ersten Erwerb. Der zweite wäre dann so: B. L § 929 S. 1 BGB an V? - I. Vollständige Besitzaufgabe bei L durch faktische Übergabe an K (+). II. Besitzerwerb auf Erwerberseite grds. (-), weil ja K den Besitz erlangt und nicht der V. Dadurch, dass der V den K als

Geheißperson

auf Erwerbseite eingesetzt hat, wird dieser Besitzerwerb bei V aber trotzdem erfüllt. III. Dies geschah auch auf Veranlassung des L? (Hier habe ich ein Problem, weil der V diesen Erwerb doch veranlasst hat und eben nicht der L oder sehe ich die Veranlassung zu eng?) Ich hoffe, dass ich meinen Gedankengang übersichtlich aufzeigen konnte. Auf die Einigung/ Berechtigung etc. bin ich bewusst nicht eingegangen zwecks Übersichtlichkeit. Liebe Grüße Benny :D

VALA

Vanilla Latte

27.9.2023, 12:33:00

A) Bei L-V prüfen wir die Übergabe 1) Besitzverlust bei L (+) 2) Besitzerwerb bei V (-) aber K als

Geheißperson

, weil weder

Besitzmittler

, noch

Besitzdiener

des V (oder ist der Grund an sich die Vereinbarung L-V?) -> wie begründet man das, wenn K nicht für V besitzt, aber Erwerber in dem Fall müsste ja V sein? 3) "auf Veranlassung des Veräußerers L" L müsste dann die

Besitzverschaffungsmacht

gehabt haben. Ist diese tatsächlich zu beurteilen, dass er dem V bzw dem K als dessen

Geheißperson

die Sachen in Besitz geben konnte? Oder rechtlich, weil er selbst vorher ET und Besitzer war? Jedenfalls (+) B) Bei V-K haben wir bei Übergabe 1) Besitzverlust des V: hatte V nie inne, aber maßgeblich, dass er nach Übergabe keine mehr hat (muss ich hier auch L als

Geheißperson

schon ansprechen???) 2) Besitzerwerb bei K: (+) 3) "auf Veranlassung des Veräußerers V - Besitzverschaffung durch V direkt (-) - aber L als

Geheißperson

des V? -> woraus enstammt dann die BVM des V? Weil er den L angewiesen hat? V war zu dem Zeitpunkt weder Eigentümer, noch Besitzer -> folgt seine BVM aus der Vereinbarung mit L, dass dieser an K liefern muss? Mich persönlich verwirrt dass wir bei "auf Veranlassung" bzw "BVM" in beiden Konstellationen anders anknüpfen. Könnte uns das bitte jemand so kleinschrittig skizzieren, wo man was ansprechen muss usw? Das wäre wirklich super hilfreich 😔

VALA

Vanilla Latte

27.9.2023, 12:34:49

Sorry, dass das so unübersichtlich ist. Mir war nicht bewusst, dass die Absätze verschwinden. :(

EVA

evanici

14.9.2023, 15:44:46

Wieso ist K nicht auch

Geheißperson

auf Erwerberseite im Hinblick auf das hier nicht näher beschriebene Verhältnis L-V? Daran anschließend, wenn er es denn wäre, gäbe es auch Situationen, in denen trotz

Besitzmittlungsverhältnis

/

Besitzdiener

s noch eine

Geheißperson

auf Veräußerer- oder Erwerberseite steht? Eher nicht, oder? Also kurz:

Geheißperson

auf Erwerberseite hier wäre ja K im Verhältnis L-V, auf Veräußererseite wäre es L im Verhältnis V-K. Wäre jetzt L

Besitzmittler

oder

Besitzdiener

des V könnte K ja keine

Geheißperson

im Verhältnis L-V sein, weil K dann direkt von V über L erwerben würde, richtig?

LELEE

Leo Lee

16.9.2023, 18:24:35

Hallo evanici, in der Tat ist K auch

Geheißperson

auf Erwerberseite (also nimmt dann für den V i.R.d. § 929 1 BGB den Besitz wahr). Zu deiner zweiten Frage: Weil die

Geheißperson

eine Durchbrechung des Grds. des

Typenzwang

s ist, kommt sie immer als „letztes“ zur Geltung. D.h., wir gucken erstmal, ob vielleicht ein

Besitzmittler

oder

Besitzdiener

vorliegt. Wenn dies nicht der Fall ist, können wir auf das Konstrukt der

Geheißperson

rekurrieren. Insofern könnte man sich merken, dass die

Geheißperson

„subsidiär“ gegenüber anderen explizit geregelten Hilfspersonen ist. Hierzu kann ich dir die Lektüre von MüKo-BGB, 9. Auflage Oechsler § 929 rn. 68 sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

VALA

Vanilla Latte

27.9.2023, 14:15:17

An welcher Stelle spricht man im Rahmen des Geheisserwerbs bei der Übergabe die

Besitzverschaffungsmacht

an? Könnt ihr das mal bitte aufschlüsseln, wie die Prüfung dann aussehen würde? 1) Besitzverlust des Veräußerers 2)Besitzerwerb beim Erwerber 3) auf Veranlassung des Veräußerers. Und an welchen Stellen spreche ich die

Geheißperson

jeweils an (in den verschiedenen Konstellationen: GP auf Veräußererseite, auf Erwerberseite und kombiniert)?

LELEE

Leo Lee

30.9.2023, 16:26:18

Hallo Vanilla Latte, den

Geheißerwerb

würde man bei

Übereignung

gem. § 929 1  Übergabe ansprechen. Hier würde sich je nach Konstellation nochmal der Prüfungsort sich verändern: I. Wenn die GP sich auf Veräußererseite befindet, dann beim Besitzverlust des Veräußerers (denn der Veräußerer hatte nie die Sache in der Hand). II. Wenn die GP sich auf Erwerberseite befindet, natürlich bei Besitzerwerb durch Erwerber (weil der Erwerber hier wiederum die Sache nie in den Händen hält). III. Wenn auf beiden Seiten eine GP eingesetzt wird, dann sowohl bei Besitzverlust des Veräußerers als auch bei Besitzerwerb durch den Erwerber :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

LAURA

Laura

20.10.2023, 16:37:08

Liebes Jura Fuchs Team, ich fände es gut, wenn die Fragen in der Aufgabe ein wenig präziser gestellt wären, um die Besonderheiten des

Geheißerwerb

s mehr hervorzuheben und das Prüfungsschema mehr zu verdeutlichen.

LELEE

Leo Lee

21.10.2023, 12:52:03

Hallo Laura, vielen Dank für den Vorschlag! Magst du uns kurz mitteilen, welchen Teil der Aufgabe du als unzulänglich empfindest? :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

LAURA

Laura

21.10.2023, 23:46:01

Bei den Fragen stand ja immer nur zur Auswahl ob eine Übergabe nach §929 S. 1 stattgefunden hat und in der Lösung wurde dann der

Geheißerwerb

erklärt. Um diesen besser zu verdeutlichen könnte man die Fragen kleinschrittiger auf den Erwerbsvorgang präzisieren wie zb. ob der Veräußerer unmittelbaren Besitz hatte oder ob es der Erwerber nur durch tatsächliche Übergabe des Veräußerers Eigentum erlangen kann oder ob der Veräußerer irgendeine Besitzposition (die

Besitzverschaffungsmacht

) innehatte.


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