Gutgläubiger Geheißerwerb
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Jurastudium und Referendariat.
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
H produziert Hemden. Schneider S hat schon mehrfach Hemdengeschäfte für H vermittelt. S schließt mit K einen Kaufvertrag in eigenem Namen über die Lieferung von Hemden und einigt sich über den Eigentumsübergang. Wie mit S abgesprochen, holt sich K die Hemden bei H ab. K verkauft die Hemden weiter.
Einordnung des Falls
Gutgläubiger Geheißerwerb
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. H hat gegen K einen Zahlungsanspruch aus Kaufvertrag (§ 433 Abs. 2 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
2. H hat sein Eigentum an den Hemden dadurch verloren, dass K diese nach § 929 S. 1 BGB erworben hat.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. K hat das Eigentum aber im im Wege des gutgläubigen Geheißerwerbs erworben (§§ 929 S. 1, 932 Abs. 1 S. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
4. Steht H gegen K wegen der Veräußerung der Hemden ein Schadensersatzanspruch aus EBV zu (§§ 990 Abs. 1, 989 BGB)?
Nein!
5. Hemdenfabrikbetreiber H hat gegen Hemdenkäufer K einen Anspruch aus Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
6. K hat die Hemden an Dritte veräußert. Hemdenfabrikbetreiber H hat gegen Hemdenkäufer K einen Anspruch auf Herausgabe des Erlangten aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB.
Nein, das trifft nicht zu!
7. Hemdenfabrikbetreiber H hat gegen Hemdenkäufer K einen Anspruch aus Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).
Nein!
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Luisa
27.8.2022, 15:17:21
Die Frage „Ein Schadensersatzanspruch aus 989, 990 scheidet aus“ wurde hier glaube ich fälschlich mit „Stimmt nicht“ beantwortet
Daniel
31.8.2022, 22:42:05
Das sehe ich auch so. Außerdem noch eine Frage: Eine mögliche dingliche Einigung zwischen H und K wird hier gar nicht näher thematisiert. Diese scheitert daran, dass sich K gar nicht H dinglich einigen wollte?
Daniel
31.8.2022, 22:46:01
Und der Fall ist zwar auch so schon Recht umfangreich für Jurafuchs-Verhältnisse, aber ich finde zur Abrundung könnte man (eventuell auch als nächster Fall) die Ansprüche prüfen, die H in dieser Konstellation gegen S hat
![Nora Mommsen](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__1g4ube287wphue6xpdn8yy675.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Nora Mommsen
2.9.2022, 10:58:07
Hallo Luisa und Daniel, vielen Dank. Die Antwort wird jetzt wieder in der richtigen Variante angezeigt. Eine dingliche Einigung scheitert aus den gleichen Gründen aus denen auch ein vertraglicher Anspruch zwischen H und K ausscheidet. H selber hat keine Verabredung mit K getroffen und S hat nicht stellvertretend für ihn gehandelt, da er nicht im Namen des H gehandelt hat. Die dingliche Einigung unterliegt auch den Regeln der Stellvertretung gem. §§ 164 ff. BGB. Wir überlegen mal, wie wir weitere Ansprüche noch einbauen oder ergänzen können. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
![Im🍑nderabilie](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__gop749k4ooitnciwojg7r09g1.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Im🍑nderabilie
3.10.2022, 14:18:05
Irgendwie kommt hier die Frage nach dem Schadensersatzanspruch etwas aus dem Nichts, wenn vorher kein echtes Problem dargestellt wurde, welches ein Schadensersatzanspruch begründen würde, oder kommt mir das nur so vor?
![Panthenola](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar_65519.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Panthenola
6.10.2022, 10:01:52
Finde auch, dass der Fall nicht so ganz klar wird aus dem Sachverhalt.
![Lukas_Mengestu](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__x133cq1so0il85q8i03wkixhy.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Lukas_Mengestu
6.10.2022, 10:28:38
Vielen Dank für den Hinweis! Wir haben die abstrakte Einleitung nun rausgenommen, sodass es klarer wird, dass das schadensbegründende Ereignis allenfalls der Weiterverkauf der Hemden ist (und damit korrespondierend ein eventueller Eigentumsverlust des H). Da H aber bereits zuvor sein Eigentum an K verloren hat, fehlt es hier schon an einer
Vindikationslage. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Dominic
9.8.2023, 12:34:21
Bei der Frage, ob H sein Eigentum an den Hemden dadurch verloren hat, dass K diese nach § 929 S. 1 BGB erworben hat, wird in der Subsumtion nur gesagt, dass eine dingliche Einigung vorliegt. Vielleicht sollte man noch erläutern, dass diese Einigung zwischen S und K erfolgte und nicht zwischen H und K, bzw. warum zwischen H und K keine Einigung in Betracht kommt. Da der Sachverhalt nicht so viele Informationen gibt, könnte man denken, dass der H denkt, er handele aufgrund eines eigenen Kaufvertrages o.ä. und dass er selbst übereignen will (vgl. den Koks-Fall). Zwischen H und K scheidet aber eine Einigung aus, da K davon ausgeht, sich bereits mit S geeinigt zu haben und deshalb die Willenserklärung des H von einem objektiven Empfänger in der Situation des K nicht als Angebot zur Schließung eines auf Eigentumsübergang gerichteten (dinglichen) Vertrags verstanden wird.
evanici
14.9.2023, 18:18:02
Ich glaube, die Aufgabe könnte abgerundet werden mit Ansprüchen gegen S :)
![ajboby90](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__odjyunroetnlwvuigaiha.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
ajboby90
13.12.2023, 14:04:36
Welche kämen da in Betracht? H kann ja nicht drauf sitzen bleiben.
NyelaPheles
14.1.2024, 22:27:48
Das fände ich auch sehr interessant.
![Selma🌻](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__vkmiiqonztyylmpepwohh.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Selma🌻
21.2.2024, 22:41:35
816 käme in Betracht oder? S hat ja als Nichtberechtigter über die Hemden des H verfügt und die Verfügung war dem H gegenüber wirksam.
![ajboby90](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__odjyunroetnlwvuigaiha.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
ajboby90
20.4.2024, 11:45:29
Ist das eine Verfügung durch S ?
Petrus
12.10.2023, 08:54:37
Bei dem Verneinen der Nichtleistungskondiktion könnte man noch kurz daraufhinweisen, dass selbst wenn man den Vorrang der Leistungsbeziehungen verneinen würde eine solche ausscheidet. K hat Eigentum und Besitz an den Hemden nämlich nicht unmittelbar auf Kosten des H erlangt, weil auch insoweit ein
Geheißerwerbvorlag und S zunächst (für eine juristische Sekunde) Eigentum erlangt hat. Es lag ein Fall des doppelten
Geheißerwerbs vor (K als
Geheißpersondes S und dann H als
Geheißpersondes S).
![ajboby90](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__odjyunroetnlwvuigaiha.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
ajboby90
23.11.2023, 00:55:46
Ich war überrascht dass überhaupt Ansprüche H gegen K abgefragt wurden. Denn H hätte doch die Hemden nicht übergeben müssen, wenn er dafür nichts bekommt. Deshalb ging ich davon aus dass S und H im Hintergrund eine Abmachung haben und H auch etwas erhalten hat.
![Nora Mommsen](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__1g4ube287wphue6xpdn8yy675.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Nora Mommsen
24.11.2023, 13:23:09
Hallo ajboby90, grundsätzlich kann man ja erstmal Ansprüche zwischen allen Beteiligten prüfen. Die andere Frage ist, ob ein Anspruch tatsächlich besteht. Vorliegend hat H die Hemden an K übergeben. Es ist also naheliegend, dass dieser auch eine Gegenleistung erhalten möchte. Der Fall des Schein
geheißerwerbs ist kompliziert, wie man auch hier erkennen kann. Beim
Geheißerwerbist es so, dass oftmals schon mehrfach in der Vergangenheit eine Übergabe für einen Dritten bzw. aus Sicht des Verkäufers durch einen Dritten Hersteller o.ä. erfolgt ist. Dadurch entsteht ein Rechtsschein, wenn die tatsächlichen Rechtsverhältnisse sich ändern. Es ist also fraglich, wie und von wem der Übergebende, in diesem Fall der Hersteller, seine Gegenleistung/Schadensersatzansprüche geltend machen kann. Dieses Problem sollte bekannt sein für die Klausuren! Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
hannabuma
11.2.2024, 16:40:41
Vielleicht könnte man im Sachverhalt darauf hinweisen, dass zwischen S und H keinerlei Absprache bezüglich des Verkaufs an K erfolgte. Das hätte zumindest bei mir ein wenig die Verwirrung reduziert.
![Paulah](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__ihwwpdflqbaactumwyzyt.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Paulah
7.5.2024, 09:39:40
Hallo zusammen, gerade habe ich mir mühsam gemerkt, dass §
932 BGBnur den guten Glauben an die Eigentümerstellung, aber nicht den an die Verfügungsberechtigung schützt. Nun steht hier, an die Stelle des Besitzes als Rechtsschein trete die Besitzverschaffungsmacht des Verfügenden mittels
Geheißperson. Das wäre dann aber doch guter Glaube an die Verfügungsberechtigung. Wie löse ich den Knoten? Viele Grüße von Paula
![Maximilian Puschmann](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__wkmyvlfevvwmdtwpbyrid.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Maximilian Puschmann
7.5.2024, 10:34:35
Hallo Paula, richtig ist, dass der §
932 BGBgrds. nur den guten Glauben an die Eigentümerstellung schützt, jedoch nicht den Erwerber, der lediglich an die Verfügungsbefugnis des Veräußerers glaubt. Es sind also Fälle gemeint, wo der Erwerber denkt: „Der Verkäufer ist zwar nicht der Eigentümer, aber er wird bestimmt die Befugnis haben, mir das trotzdem zu verkaufen.“ Hier könnte sich der Erwerber nicht auf § 932 berufen, da er gerade nicht an die Eigentümerstellung glaubt. Beim gutgläubigen
Geheißerwerbglaubt der Erwerber jedoch an die Eigentümerstellung des Verkäufers auf Grund des Rechtsscheintatbestands durch die Besitzverschaffungsmacht des Verfügenden. Grundsätzlich ist der Besitz einer beweglichen Sache der Rechtsscheintatbestand für die Eigentümerstellung (siehe § 1006 I BGB), jedoch hat die Rechtsprechung beim gutgläubigen
Geheißerwerbentwickelt, dass der gutgläubige Erwerb auch an die Besitzverschaffungsmacht anknüpfen kann. Dies ist natürlich strittig und einen guten Überblick über den Streitstand findest Du in MüKoBGB/Oechsler, 9. Aufl. 2023, BGB § 932 Rn. 17. Beste Grüße, Max – für das Jurafuchs-Team
![Paulah](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__ihwwpdflqbaactumwyzyt.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Paulah
7.5.2024, 11:14:25
Danke, Maximilian! Jetzt ist der Groschen gefallen.
FalkTG
11.7.2024, 11:39:03
Hallo, wie bereits mehrfach angemerkt: Dass H davon ausging selbst einen Kaufvertrag mit K zu haben muss in den Sachverhalt. Man entnimmt dies sonst nur aus dem Bild/Kontext.