Zivilrecht

Bereicherungsrecht

Bereicherungsausgleich im Mehrpersonenverhältnis

Bestimmung des Leistungsverhältnisses bei irrtümlicher Leistung

Bestimmung des Leistungsverhältnisses bei irrtümlicher Leistung

12. Dezember 2024

4,7(10.842 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
Tags
Klassisches Klausurproblem

E vereinbart mit Architektin A die Errichtung eines Wohnhauses zu einem Festpreis. A tritt gegenüber dem Bauunternehmer U als Vertreter des E auf. Nach Fertigstellung der Bauleistungen durch U verlangt U von E Zahlung des vereinbarten Preises. E meint, er habe mit U nichts zu tun.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Bestimmung des Leistungsverhältnisses bei irrtümlicher Leistung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. U hat einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung gegen E (§ 631 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Zwischen U und E ist unmittelbar keine Einigung zustande gekommen. Es kommt alleinfalls ein Vertragsschluss im Wege der Stellvertretung (§ 164 Abs. 1 BGB) in Betracht. Voraussetzung dessen ist (1) eine eigene Willenserklärung, (2) das Handeln des Vertreters im Namen des Vertretenen und (3) die Vertretungsmacht des Vertreters. A hat eine eigene Willenserklärung im Namen des E abgegeben. Allerdings hat A keine Vertretungsmacht. Anhaltspunkte für eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht liegen nicht vor. E hat den schwebend unwirksamen Vertrag nicht genehmigt (§ 177 Abs. 1 BGB). Vertragliche Zahlungsansprüche scheidet somit aus.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. U könnte ein Anspruch gegen E aus Leistungskondiktion zustehen (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Voraussetzung eines Anspruchs aus Leistungskondiktion ist, dass der Bereicherungsgläubiger (1) etwas (2) durch Leistung des Bereicherungsschuldners (3) ohne Rechtsgrund erlangt hat. Etwas im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist jede Verbesserung der Vermögenslage.E hat hier Besitz an den Baumaterialen erlangt.Das Eigentum erwirbt E hier kraft Gesetzes durch Verbindung mit dem Grundstück (§§ 946, 94 Abs. 1, 95 Abs. 1 S. 2 BGB.)

3. E hat den Besitz der Materialien durch Leistung des U erlangt.

Nein!

Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Nach der herrschenden Lehre vom Empfängerhorizont ist der Leistende in Mehrpersonenverhältnissen grundsätzlich aus Sicht des objektiven Zuwendungsempfängers zu bestimmen. Für eine Leistung des U an E spricht, dass U eine Verbindlichkeit gegenüber E erfüllen wollte. Denn er ging von einem mit E geschlossenen Vertrag aus. Aus Sicht des E stellt sich Us Handeln objektiv aber als Leistung des A dar, mit dem er den entsprechenden Vertrag geschlossen hat.Ungeachtet Us tatsächlichem Willen stellt sich sein Handeln objektiv damit als Leistung an A dar, der wiederum hierdurch seine Leistungspflicht an E erbringt.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BASA

Barbara Salesch

10.2.2023, 14:01:54

Ich verstehe nicht ganz wieso sich hier das Handeln des U objektiv als Leistung des A darstellen soll? Wenn ich ein Haus errichten lasse und einen Vertrag mit einem Architekten geschlossen habe, dann weiß ich ja auch, dass die Leute die auf meiner Baustelle rumlaufen nicht alles Mitarbeiter des A sind, sondern eben eigenständigen Unternehmen angehören

Nora Mommsen

Nora Mommsen

11.2.2023, 12:41:05

Hallo Barbara Salesch, danke für deine Frage. Aus Sicht des E ist es die vertragliche Pflicht des A das Haus zu errichten. Die Errichtungsbeiträge stellen sich für ihn daher als Leistung des A dar. Dies gilt unabhängig davon, dass klar ist dass A das Haus nicht komplett eigenhändig errichtet sondern ggfs. auch Subunternehmer beauftragt. Diese Handeln aus Sicht des E dazu die von A geschuldete Leistung zu erbringen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

DIAA

Diaa

7.9.2023, 19:42:30

Wenn dies der Fall ist,dann verstehe ich gerade nicht, wieso eine Vertretung abgelehnt wird?

MenschlicherBriefkasten

MenschlicherBriefkasten

4.10.2023, 17:27:18

Ich ebenfalls. Da ist der Sachverhalt unklar. Es steht ja drin, dass A als Vertreter auftritt.

LS2024

LS2024

14.4.2024, 13:00:52

Aber es besteht ja keine Vertretungsmacht. Damit ist eine Vertretung abzulehnen. Wo ist das Problem?

CR7

CR7

4.7.2024, 22:12:42

E hat A beauftragt, ein schlüsselfertiges Wohnhaus nach den Wünschen des E zu errichten (§ 6

31 BGB

). Wie A das anstellt, ist jetzt nunmehr seine Sache. Seine vertraglichen Pflichten stehen ja fest. A kann daher unter Zuhilfenahme des Bauunternehmen seine vertragliche Pflicht erfüllen. E hat daher zwar

etwas erlangt

, aber aus seiner Sicht nicht von U.

Kind als Schaden

Kind als Schaden

26.11.2024, 13:35:45

so wie @[CR7](145419) es sieht, wird man es wohl zu sehen haben. Ich kann aber auch die Leute verstehen, die aufgrund der knappen Sachverhaltsdarstellungen eine wirksame Stellvertretung für möglich halten. Dass ein Architekt ein Haus nicht "mit den eigenen Händen" bauen kann, ist logisch, daher KÖNNTE man auch andenken, dass in der Erteilung des Auftrags an den Architekten gleichsam auch die Erteilung einer Generalvollmacht für das Heranziehen Dritter Bauunternehmer liegt. Wiegesagt i.E. wird man wohl sagen müssen, dass dem nicht so ist und die Beziehung zu den Bauunternehmern eher in den Pflichtenkreis des A fällt und A sich einem eigenen Leistungsverhältnis betreffend der Hilfe Dritter bedient.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen