Öffentliches Recht

VwGO

Widerspruchsverfahren

Ablauf / Wirkungen des Widerspruchsverfahrens: Ausgangsbehörde hilft ab

Ablauf / Wirkungen des Widerspruchsverfahrens: Ausgangsbehörde hilft ab

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Gemeinde G in NRW erlässt als zuständige Baubehörde gegen Prinzessin P eine Verfügung, ihr Schloss abzureißen (§ 82 Abs. 1 S. 1 BauO NRW). Das Schloss ist jedoch baurechtsmäßig, die Abrissverfügung ist rechtswidrig. P ist empört und erhebt Widerspruch bei G.

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Einordnung des Falls

Ablauf / Wirkungen des Widerspruchsverfahrens: Ausgangsbehörde hilft ab

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. G ist für den Widerspruch der P zuständig.

Ja, in der Tat!

Über den Widerspruch entscheidet zunächst die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat (= Ausgangsbehörde) (§§ 70 Abs. 1 S. 1, 72 VwGO). Die Ausgangsbehörde soll im Widerspruchsverfahren die Gelegenheit bekommen, sich noch einmal mit der Sache zu befassen. Damit dient das Widerspruchsverfahren der Selbstkontrolle der Verwaltung. G hat die Abrissverfügung erlassen und ist damit die Ausgangsbehörde. Daher ist sie zunächst für den Widerspruch zuständig.
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2. Nachdem P den zulässigen Widerspruch bei G eingelegt hat, wird G die Abrissverfügung auf Recht- und Zweckmäßigkeit überprüfen.

Ja!

Prüfungsmaßstab der Behörde ist die Recht- und Zweckmäßigkeit des erlassenen, mit dem Widerspruch angegriffenen Verwaltungsakts (§ 68 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Zweckmäßigkeitsprüfung entfällt bei gebundenen Entscheidungen, da die Behörde hier keine Entscheidungsfreiheit hat. Ist der Verwaltungsakt rechtswidrig und/oder zweckwidrig und der Widerspruchsführer in seinen Rechten betroffen, ist der Widerspruch begründet und die Ausgangsbehörde hilft dem Widerspruch ab (§ 72 VwGO), also hebt den angegriffenen Verwaltungsakt auf. Hilft sie dem Widerspruch nicht ab, so entscheidet i.d.R. die nächsthöhere Behörde über den Widerspruch (§ 73 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 VwGO). Die Entscheidung über den Erlass einer Abrissverfügung gemäß § 82 Abs. 1 S. 1 BauO NRW ist eine Ermessensentscheidung. G wird den erlassenen Verwaltungsakt auf seine Recht- und Zweckmäßigkeit überprüfen.

3. G erkennt, dass die Abrissverfügung rechtswidrig und P dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Lehnt sie Ps Widerspruch ab?

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Ausgangsbehörde hilft dem Widerspruch ab, wenn sie den Widerspruch für zulässig und begründet hält. Sie erlässt dann einen Abhilfebescheid (§ 72 VwGO). Deshalb heißt dieser erste Schritt des Widerspruchsverfahrens auch Abhilfeverfahren. Mit der Abhilfeentscheidung wird das Widerspruchsverfahren beendet. Der Ausgangsbescheid wird aufgehoben und verliert damit seine Wirksamkeit (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Der zulässige Widerspruch der P ist schon deshalb begründet, weil die Abrissverfügung rechtswidrig ist. P ist als Adressatin der rechtswidrigen Abrissverfügung auch in ihren Rechten verletzt. G wird dem Widerspruch abhelfen und die Abrissverfügung aufheben. Entgegen dem Wortlaut des § 72 VwGO prüft die Ausgangsbehörde nicht nur die Begründetheit des Widerspruchs, sondern auch ihre Zulässigkeit.
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